Das Chemnitzer Weltecho bot mit den einheizenden Konzerten von Dÿse und Navel mehr als nur eine willkommene Abwechslung zu dieser kühlen Januarnacht.

Der gemütliche Veranstaltungsort füllte sich zunächst recht gemächlich und das Publikum reagierte während der ersten Takte der Vorband Navel noch ein wenig frostig. Dem wiederholten Wintereinbruch draußen wussten die Schweizer aber souverän mit einer Setlist aus verschwitzten, staubigen und grollenden Rocksongs zu begegnen, während sie sich dazwischen reichlich wortkarg gaben. Damit boten sie einen auffälligen Kontrast zu den Noiserock-Labertaschen Dÿse.

In Deutschland bisher eher selten live zu bestaunen, präsentieren sich Navel dieses Mal in bester Spiellaune. Das erste Stück “It’s The Road That Makes The Song” vom neuen Album “Neo Noir” beginnt zunächst getragen und fängt mit seiner vorgetragenen Melancholie den Flair eines einsamen Road Trips ein – passend dazu auch die stilecht-verwaschene Projektion einer weiten Landschaft auf der Leinwand im Hintergrund.

Auch der zweite Song “Blues On My Side” hält, was er verspricht – die bluesigen Klänge entfesselten das Publikum so langsam aber sicher aus seiner Steifheit. Ein Highlight des ca. 50-minütigen Konzerts war definitiv “Acid Queen”, dass das Publikum mit seinen tonnenschweren Riff zum Bangen brachte. Überschwänglicher Einsatz von Stroboskoplichtern, die den Zuschauern zusätzlich um die Ohren gepfeffert wurden, inklusive.

Das Konzert zeigte, dass die bandeigene Umschreibung Neo-Grunge für Navel zu kurz greift – so fordert eine energetische Mischung aus hartem Rock, grollendem Stoner und schmissigen Blues das Publikum zur Bewegung auf und bedient sich dabei den Melodien der Rock-Urgesteine wie Led Zeppelin, aber nicht ohne das die Jungs eigene Ideen einfließen lassen und mit Leib und Seele dabei sind.

Warmgeworden ist das Publikum nach diesem Gig allemal. Lässig die Bühne betretend legten Dÿse im Anschluss daran wieder einmal ein Set aufs Parkett, das sich gewaschen hat. Bei dem Chemnitz/Jena-Gespann kann man hier schon von einem souveränen Heimspiel reden. Dargeboten wurden sowohl Songs ihres selbstbetitelten Debüts, als auch neuere Songs wie der Publikumsliebling “Zebramann” oder das kongenial-verschrobene “Treppe” vom aktuellen Album “Lieder sind Brüder der Revolution”.

Völlig konträr zu den aggressiven Songs präsentierten sich Dÿse zwischen ihren Stücken stets in bester Redelaune und sind sich für keine selbstironische Blödelei zu schade. Wenn es einen Pokal für den Schlagzeuger gäbe, der den größten und amüsantesten Quatsch erzählt – Yari würde ganz stark am Thron von Ärzte-Trommler Bela B. kratzen. Dem Publikum gaben die beiden Herren so ein bisschen Zeit zu verschnaufen, bevor es nur wenig später abermals vom Takt der Songs quer durch den Raum geblasen wird.

Diese gestalten sich abermals typisch komplex und druckvoll. Dabei beweisen Dÿse neben mittlerweile etlichen weiteren Zweiergespannen, dass man lediglich eines Schlagzeugs und einer Klampfe benötigt, um eine Menschenmasse komplett zu zerschroten. Wer nach diesem Abend nicht schweißgebadet Heim geht und am nächsten Tag Nackenschmerzen hat, hat das Konzert wohl nicht miterlebt.

Nach einer Spielzeit von unter einer Stunde verließen Dÿse bereits die Bühne. Somit haben sie selbst nicht viel länger als Navel gespielt. Während der Geist noch im Endorphinrausch nach “Zugabe” ruft, bedankt sich der ausgelaugte Körper schon heimlich für das Ende eines schweißtreibenden, unterhaltsamen und abwechslungsreichen Abends.

Text und Fotos: Danilo Rößger