In großen Dimensionen dachten sie schon immer und so setzen 30 Seconds To Mars mit ihrem neuen Album „Love Lust Faith + Dreams“ dem Ganzen die Krone auf: Die Vorab-Single „Up In The Air“ schoss die NASA für sie ins Weltall und Jared Leto beantwortet im motor.de-Interview die Frage, ob bereits Rückmeldung von out of space vorliegt.
Die Journalisten in der Lobby des Berliner Luxushotels Soho House am Alexanderplatz sind sich nicht sicher: Wird es wieder ein Graus mit dem Chef von 30 Seconds To Mars zu sprechen, benimmt er sich erneut wie eine Diva oder hat man heute vielleicht Glück und Jared Leto wird seinem guten Ruf innerhalb der Fangemeinde gerecht? So viel vorab – es lief alles wie geschmiert. Zum Glück, denn natürlich spricht man hier nicht mit irgendeinem dahergelaufenen Shootingstar, sondern mit jemand, der bereits in Hollywood als Schauspieler Karriere machte, irgendwann die Musik für sich entdeckte und inzwischen Frontmann einer der größten Alternative-Bands des Planeten ist. Allein das letzte Release „This Is War“ hat bis heute weit über vier Millionen Einheiten abgesetzt und freilich ist der Macher all dessen ein oftmals schwieriger Gesprächspartner, am heutigen Tag aber zu Scherzen aufgelegt.
Zur Begrüßung will man ihm die Hand geben, Leto ballt sofort die Faust und boxt Marke „Bereit zum Kampf“ locker ab. Auf dem Tisch steht Soja-Milch, das Outfit ist legere und die Familie sitzt im Hintergrund. Er sei halt gerne mit Freunden unterwegs, wenn die restlichen Köpfe von 30 Seconds To Mars keine Zeit haben – „Du musst mir nicht sagen worüber wir sprechen, schieß einfach los!“ Holt er ungefragt aus und erkundigt sogleich nach dem Wohlbefinden, ohne jedoch den direkten Blickkontakt zu suchen. An Professionalität fehlt es ihm indes nicht: Das teuerste Musikvideo der Welt haben 30 Seconds To Mars mit „From Yesterday“ aufgenommen, wurden zuletzt von ihrem ehemaligen Label auf die heutzutage abenteuerliche Summe von über 30 Millionen Dollar verklagt, gewannen den Rechtsstreit und holen nun zum ganz großen Bahnhof aus. Die erste Single ihres neuen Albums „Love Lust Faith + Dreams“ wurde von der NASA in den Weltraum geschossen und drauf angesprochen, zeigt sich Jared Leto keineswegs pikiert ob des Größenwahns, sondern sieht darin eine logische Konsequenz der bereits riesengroßen Reichweite seiner Combo.
Im motor.de-Interview beantwortet er uns, warum dieser Promotion-Schritt nötig war, ob es bereits Rückmeldungen aus dem All gibt und was sonst in seinem Kopf vor geht – ohne irgendwelche Starallüren an den Tag zu legen.
motor.de: Im vergangenen Jahr erschien eure Dokumentation „Artifact“, die die Aufnahmen zum letzten Album „This Is War“ begleitet. Zugleich eine Band zeigt, die recht zwiespältig ob des eigenen Status‘ wirkt – warum das Ganze?
Jared Leto: Es war uns eine Pflicht den gesamten Prozess zu dokumentieren und zu zeigen, dass wir keine Musiker sind, die sich nur um irgendwelche Gelder Gedanken macht. Ganz im Gegenteil, als unsere ehemalige Plattenfirma uns tatsächlich auf einen Schadenersatz wegen angeblichem Vertragsbruch in Höhe von 30 Millionen Dollar verklagte, stand bei uns nur die Frage im Raum: Wie schaffen wir es als Band die nächste Platte besser hinzubekommen? Den kreativen Output noch weiter zu erhöhen?
motor.de: Bei jedem eurer Veröffentlichungen gab es Marketing-Aktionen der Superlative: War es im Zuge von „A Beautiful Lie“ das teuerste Musikvideo aller Zeiten, habt ihr nun die NASA gebeten „Up In The Air“ ins Weltall zu befördern.
Jared Leto: Das dürfte für einige überheblich wirken. Für uns war dieser Schritt bei „Up In The Air“ nur konsequent, denn genau darum geht es doch im Song: Die Welt zu verlassen, über den Wolken zu schweben und so kam mir zwangläufig die Idee mit dem All. Ich fand das aufregend, als wir sahen, wie die Single dorthin bugsiert wurde – das hat nichts mit Superlativen im Sinne von Größenwahn zu tun.
motor.de: Gab es denn schon Feedback von dort oben?
Jared Leto: Ja, wir haben Resonanz bekommen.
motor.de: Wer hat denn geantwortet?
Jared Leto: Wenn du als Band solche Möglichkeiten hast bzw. dir deine Fans solche Möglichkeiten erlauben, dann weiß ich nicht was dagegen spricht: Mal ehrlich, ob wir das machen oder nicht ist doch egal, am Ende nützt das alles wenig, wenn niemand die Musik mag. Darauf kommt es an, die Leuten sollen in „Love Lust Faith + Dreams“ genau das sehen, was wir darin sehen.
motor.de: Und was siehst du darin? Nun, wo das Album endgültig im Kasten ist und das Artwork steht, sei die Frage gestattet.
Jared Leto: Es ist ein sehr ehrliches Album, vielleicht sogar unser persönlichstes. Wir haben mit „This Is War“ einige Kämpfe zu bestehen gehabt und diese spiegeln sich auch in den neuen Songs wieder. Enger zusammengerückt sind wir dafür und dieses gestärkte Bandgefüge ist „Love Lust Faith + Dreams“ definitiv anzuhören.
motor.de: Passend dazu gibt es wieder ein sehr stilsicheres erstes Video. Für eine Band des Alternative eher ungewöhnlich, sich so dem Hochglanz hinzugeben, oder?
Jared Leto: Aus meiner Sicht spricht nichts dagegen, wenn du dir beim Image deiner Truppe zwei Mal mehr Gedanken machst. Immerhin bestimmt dies auch deine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.
motor.de: Trotzdem würde es einige vielleicht stören, dass sie in den Schlagzeilen sind nur weil sie sich die Augenbrauen abrasiert haben – wie bei dir letztens passiert. Trotz aller Fashion-Verweise ist ein David Bowie heutzutage zum Beispiel froh darüber, dass vorwiegend über seine Songs und nicht über sein Äußeres gesprochen wird.
Jared Leto: Er gehört zu meinen großen Vorbildern, hat Generationen von Musikern geprägt und natürlich in jungen Jahren gezeigt, dass Fashion und Musik Hand in Hand gehen. Am Ende entscheiden doch die Medien, was sie über dich berichten und wenn so etwas wie mit den Augenbrauen passiert, belustigt mich das mehr als dass es uns stört. (denkt nach) Den Kern macht die Musik aus: Wären 30 Seconds To Mars nur ein Image, hätten wir keine Alben verkauft und würden hier nicht sitzen.
motor.de: Zum letzten Album gab es 309 Konzerte und 30 Seconds To Mars landeten im Guinness Buch der Rekorde in der Kategorie „Longest Concert Tour by a Rock Band“. Sollen es dieses Mal 310 werden?
Jared Leto: Es ging nicht um irgendwelche Konzertrekorde, sondern darum, dass jeder die Möglichkeit bekommt uns Live zusehen. Das möchten wir auch mit dem neuen Album sicherstellen und geben uns ähnlich viel Mühe möglichst vielen Gigs durchzuziehen.
motor.de: Mit Verlaub: Du bist ja kein Teenager mehr – wie hältst du dich dafür fit?
Jared Leto: Eines habe ich in den letzten Jahren gelernt: Trinkst du auf einer Tournee mehr Jack Daniels als Soja-Milch, geht die Sache in die Hose. (lacht)
motor.de: In den sozialen Netzwerken seid ihr passend dazu wieder sehr aktiv geworden – gerade jetzt, wo ein Album rauskommt und eine Tour ansteht, liest du die Kommentare unter den Posts?
Jared Leto: Social Media ist sehr wichtig für uns, neben Konzerten fast die einzige Alternative zu den Leuten Kontakt zu halten. Zudem bietet es dir die Möglichkeit Dinge zu korrigieren, die in die falsche Richtung laufen. Das ist schon toll und Feedback sowieso das wichtigste für uns. Ich glaube die, die 30 Seconds To Mars hören, wissen das.
Text + Interview: Marcus Willfroth
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