Ein neues Musikvideo der Künstlerin M.I.A. erkennt man meist relativ schnell durch seine visuelle Opulenz und seinen offenkundigen politischen Charakter. Das ist der Grund, warum wir kurz zweimal hingucken mussten, als wir heute, nach sage und schreibe 12 Tagen, endlich von ihrem neuen Video für die von Skrillex produzierte Single “Go Off” zu sehen bekamen. Denn was wir da sahen, waren nichts spannenderes als Aufnahmen von sehr vielen Explosionen – nicht etwa im Kriegsgebiet oder in europäischen Abschlagszielen – nein, in einem Steinbruch. Ihre früheren Videos, wie das höchst umstritten “Born Free” von 2010 und “Boarders” im vergangenen Dezember sind enorm bedacht und aufwändig produziert – und ziemlich transparent in ihrer Botschaft. Selbst “rewear it” war zwar verhältnismäßig plump (dank einer dahinterstehenden, großen Modekette), aber mangelnde Plakativität kann man dem Clip weiß Gott nicht vorwerfen.

Vor diesem Hintergrund scheint uns “Go Off” dann besonders geheimnisvoll. Auch, weil es ihr erstes Video ohne menschliche Protagonisten ist. Die Botschaft, die hinter diesem Video steht? Es könnte sich um Umweltfragen drehen, oder um das exponentielle Bevölkerungs- und Städtewachstum oder das totale, diffuse Chaos durch den Terrorismus – eurer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

So oder so, stellt das Video eine groteske Art von Schönheit dar: die Zerstörung ist greifbar, eine Invasion der natürlichen Ordnung – wie ein sich bewegendes, impressionistisches Gemälde, das sich langsam, aber unaufhaltsam in Folge einer fotogen Tragödie dekonstruiert.

Produzent Skrillex verleiht dem Ganzen auf der auditiven Ebene eine zusätzliche Tiefe, einen deutlich dunkleren Unterton, als man bei dem doch recht harmlosen Titel “Go off” erwarten würde. Dieser Unterton manifestiert sich auf tragische Weise mit der Voraussicht, dass Matangi plant, ihre Musikkarriere als M.I.A. nach ihrem am 9. September erscheinenden fünften Album namens “AIM” zu beenden.

Wir hoffen inständig, dass AIM nicht der ihr finaler Abschied aus der Musikbranche sein wir und gucken so lange, bis wir mehr wissen, hoffnungsvoll auf Explosion nach Explosion.

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