Die doch immer wieder begleitende Angst vor Irrfahrten auf dem Weg zu Festivals lässt sich in der mecklenburgischen Seenplatte leicht verdrängen: Den falschen Weg wählen kann man eigentlich gar nicht. Zwar ist das Immergut Festival so gut wie überhaupt nicht ausgeschrieben, da man aber sowieso nur eine einzige Straße zur Wahl hat, wird einen diese schon zum Ziel bringen – und so war es dann auch. Bei 25 Grad Celsius und auf der Haut kribbelnder Sonne schlugen sich unsere Lager fast wie von selbst auf. Anders als “entspannt” konnte man die Stimmung gar nicht beschreiben und selbst vom letzten Zipfel des Zeltplatzes flitzte man nur kurze zehn Minuten bis zum Festivalgelände.

Sonne satt in Mecklenburg-Vorpommern.

Bei unserer Ankunft schwirrten gerade noch die letzten melancholischen Klänge von Francis International Airport in der Luft. Die vorabendliche Sonnenuntergangsstimmung verpassten wir im Anschluss mit Freude vor der Zeltbühne, auf welcher der Norweger Einar Stray in Begleitung etlicher klassischer Instrumente die Stücke seines Debütalbums vortrug. Der zuwider seiner Herkunft sehr isländisch klingende Künstler spannte den melancholischen Bogen der Vorgänger Francis International Airport weiter und deckte eine Stimmungsspannbreite von traurig über träumerisch bis hin zum bittersüßen Glückstaumel ab.

The Hidden Cameras, die sich im Anschluss auf der Hauptbühne die Ehre gaben, konnten mit der gesetzten Messlatte leider überhaupt nicht mithalten. Mit Beginn der ersten Töne schwand die soeben aufgebaute Stimmung in eine von Enttäuschung geprägte, von der doch recht etablierten Band hatten wir mehr erwartet. Der Fehler im System war schwer zu finden, die Schieflage jedoch offensichtlich – ein schönes Konzert klingt anders. Zeit für eine kurze Pause vom staubigen Festivalgelände.

The Hidden Cameras. 

Während wir von einem gierigen Mückenschwarm auf dem Zeltplatz zerstochen wurden, rätselten wir gar nicht allzu lange über die plötzlich im Timetable erschienenen, zuvor aber nicht erwähnten Let’s Did It. Schon letztes Jahr haben sich die Organisatoren des Immerguts einen ähnlichen Spaß erlaubt und Bodi Bill unter einem anderen Namen in den Zeitplan geschoben. Dieses Jahr brauchte es keine zehn Minuten um die bayrische Identität von Let’s Did It zu entlarven: Die Sportfreunde Stiller. Die spätere Show des Trios konnte einen in die Zeit von 2005 versetzen, tanzen und singen lassen. Die Meinungen waren jedoch zweigeteilt: Während sich etliche Besucher in alten Zeiten wogen, waren andere enttäuscht von der Überraschung und sahen die beste Zeit der Sportfreunde ganz einfach in der Vergangenheit.

Vor den Sportis fegten aber noch die Dänen WhoMadeWho über die Hauptbühne. Definitv einer der besten Acts des Festivals, buntes Tanzgut, das selbst das lahmste Hinkebein zum Schwingen brachte. Spätestens mit Cover-Klopfern wie Mr. Oizos “Flatbeat” und Benny Benassis “Satisfaction” schwitzte die Großwiesendisko bis auf die Shorts.

Blood Red Shoes. 

Nach Stimmungskanonen wie WhoMadeWho und den Sportfreunde war es für die Blood Red Shoes eher schwierig, das Publikum an ihren doch eher bodenständigen Rock heranzuführen. Songs der ersten Alben bretterte das britische Duo trotzdem wie gewohnt krachgeladen über die Bühne. Für die Tracks ihres aktuellen Albums “In Time To Voices” waren die Immergut-Besucher eher weniger empfänglich, was aber trotz des anderen Konzepts der Platte nicht wirklich zu verstehen war, selbst wenn Laura-Mary Carter und Steven Ansell an diesem Abend nicht an die Partylaune ihrer Vorgänger anknüpfen konnten.

Steven Ansell von Blood Red Shoes.

Tanzwütige sollten am Freitagabend aber dennoch nicht unzufrieden schlaftrunken zurück auf ihre Iso-Matte fallen, dafür sorgten noch Alle Farben, Die Vögel und Totally Enormous Extinct Dinosaurs. Letzterer brachte das Tanzparkett der Zeltbühne so stark zum Beben, dass man sich unter dem ganzen Konfettiregen gar nicht selbst bewegen musste – das erledigte auch die Schwingung des Bodens. Schlingernd auf einem trampolingleichen Untergrund war das Set des Briten Orlando Higginbottom zwar nicht ganz sauber, krachte dennoch mehr als alles andere an diesem Abend und ließ – gemeinsam mit den letzten beiden Acts Alle Farben und Die Vögel – die doch noch eher kalte Nacht durch wildes Tanzen und Rauschen verstreichen.

»Hier gehts zum Immergut-Samstag.

Fotos & Bericht: Elli Eberhardt.