Kurz aber heftig. Das waren Death From Above 1979.

Um ihre Entstehung ranken sich diverse Legenden. Ein schöner Beweis, dass dieser Kram eigentlich überhaupt nicht wichtig ist. Ihre selbstgeschürte: die Kanadier Jesse F. Keeler (Bass/Synthesizer) und Sebastian Grainger (Gesang/Schlagzeug) begnen sich im Gefängnis, werden Freunde und ziehen zum wohnen in eine Leichenhalle in Toronto, wo die Idee zur Band Death From Above entsteht. Und diese Mär passt am schönsten zu den beiden Wirrköpfen.
Vernünftigere Journalistenrecherche glaubt an das Kennenlernen während eines Sonic Youth-Konzertes oder dass man schon zuvor in einer rüden Underground-Punkband namens Femme Fatal zusammen gespielt hat und später dann als Duo eigene Wege ging. So um das Jahr 2000.

Wie auch immer. Ein bis zur Unkenntlichkeit verzerrter Bass, ein Schlagzeug und diverse Effektgeräte – mehr brauchen die beiden Kanadier nicht um für ordentlich Furore in der Musikwelt zu sorgen und mit einem krachenden Arschtritt dem Rock ein wenig neue Energie zu schenken. Zunächst noch ohne die Jahreszahl beschwört der Tod von Oben 2002 die Menschen mit der ‘Heads Up’-EP. Hardrock-Riffs zum headbangen (nur mit Bass!) und ein unwiderstehliches, sexy Rhythmusgefühl, selten hat eine Band so gekonnt Härte mit Tanzbarkeit gepaart.

Nun der unschöne Bio-teil. Das New Yorker Label Vice Records entdeckt das Rock-Monster aus Toronto vor allen Anderen, die sich hinterher mächtig schwarz ärgern. Eigentlich hätte ihnen nichts besseres widerfahren können, die Stückzahlen erhöhen sich, der Bekanntheitsgrad auch. Nur leider bekommt auch der bis dahin recht umgängliche James Murphy, seines Zeichens Mastermind des LCD Soundsystems und Gründer und Chef des Labels Death From Above, sowie, mit Timothy Goldsworthy, des Producer-Teams mit selbigen Namen, Wind von der Band. The Rapture, Radio 4 und viele andere angesagte Acts irgendwo zwischen Rock und Elektro erscheinen bei dem New Yorker Label DFA Records. Murphy zettelt einen kindischen Rechtsstreit mit der noch viel zu kleinen Band an, diese fügt notgedrungen Graingers Geburtsjahr dem Namen bei. In einem Statement auf ihrer Homepage rechnen sie öffentlich mit Murphy ab: “Fuck DFA Records. Fuck James Murphy. Wir erklären ihnen den Jihad. Den heiligen Krieg, der in ihrem Tod und ihrer Zerstücklung enden wird. James Murphy ist ein selbstsüchtiges Stück Scheiße, das in Flammen brennen wird, die dem Rock And Roll Jihad gewidmet sind. Wenn ich die Möglichkeiten hätte, würde ich mit einem Flugzeug in seinen Schädel fliegen.”

Die Verbreitung durch diesen Gossip und die brachialen Live-Gigs ermöglichen das Budget für eine vernünftige Albumaufnahme. Den Schalk im Nacken und das richtige Gespür im Herzen nehmen Keeler und Grainger 2004 ‘You’re A Woman, I’m A Machine’ auf. Locker, nebenbei, ohne Ambition und Attitüde legen sie zum Debüt eines der besten Rockalben des noch jungen Jahrhunderts hin.
Kerrang! und NME steigern sich in neue Lustgefilde. 2005 erscheint das Werk auch in Deutschland. ‘Romantic Rights’ und ‘Blood On Our Hands’ laufen in jeder Indie-Spelunke, gerade weil beide Singles eigentlich zu hart hierfür sind und doch so tanzbar.
Die Band ist zu Recht in aller Munde, in den Vereinigten Staaten tourt man in der Wahnsinnskonstellation Nine Inch Nails, Queens Of The Stone Age, Death From Above 1979 und überhaupt hat dieses eine Album den Rock endlich wieder ein wenig erneuert und vorangebracht.

Aber dann: Keeler und Grainger haben viel zu schnell alles erreicht, was sie nach eigenem Bekunden mit der Band erreichen wollten, haben zudem offensichtlich kein Bock auf den Hype, aber vor allem: sind sich in zwei Jahren Touralltag entwachsen und fremd geworden.
Am 3. August 2006 gibt Keeler über eine Nachricht auf ihrer offiziellen Website bekannt, dass die Band nicht mehr weiter bestehen wird. Der Schritt sei seit über einem Jahr geplant aber noch geheim gehalten worden. Der Death From Above 1979-Bassist geht andere Wege und ist mit dem Elektronik-Projekt MSTRKRFT weiter als Musiker aktiv.
Gold hat das Album in ihrer Heimat erhalten und Spuren überall auf der Welt hinterlassen. James Murphy braucht sich keine sorgen mehr um Namensverwechslungen zu machen, Jesse F. Keeler hat mehr Interesse daran heiße, schwitzende Körper auf der Tanzfläche mittels Beats aus der Dose zu bewegen und zu sehen und Sebastian Grainger hat scheinbar symphatischerweise etwas gegen übertriebenen Medienrummel und ist in der Versenkung verschwunden. Der Tod von Oben brach heftig über uns herein. Nun ist er fort.

Mauricio Quinones