Der Begriff Madrugada steht im Spanischen für den Moment kurz vor Tagesanbruch, an dem die Sonne mit ihren ersten zaghaften Strahlen unheimliche Bilder an den Horizont pinselt, die Natur sich den Schlaf aus den Augen reibt und Menschen anfangen, dass Wasser für den morgendlichen Kaffee zu kochen. In Skandinavien kann dieser Moment auch mal einige Monate dauern. Zusammen klingen würden diese Eindrücke wohl irgendwie melancholisch, weich und elektrisierend. Ungefähr genauso wie Sivert Høyem (Gesang), Robert Burås (Gitarre), Frode Jacobsen (Bass) und Jon Lauvland Pettersen (Drums) alias Madrugada. Die Band aus der norwegischen Provinz Nordland.
An einem Ort, an dem nur Schnee und Wald von dir Kenntnis nehmen, gründete sich Anfang ´93 der Vorläufer Abbey’s Adoption. In der heutigen Besetzung spielen die vier erst ab 1995. Gemeinsam wagt man den Schritt ins Musikerleben. Man begann die Musikmacherei ernst zu nehmen und schrieb die ersten Lieder. Zeit für die Suche nach einer Plattenfirma verschwendete Madrugada nicht. Dennoch kam es im Sommer 1998 zum großen Deal mit Virgin Norway. Als vermeintlicher Underdog unterschrieb man einen Vertrag für vier Alben, was in der Schnelllebigkeit der heutigen Musikindustrie eine äußerste Seltenheit ist.
Nachdem die auf 750 Stück limitierte 1999er EP (Madrugada weigern sich bis heute, sie noch einmal herauszubringen) bereits nach einer Woche ausverkauft war, bescherte die zweite EP “New Depression” der Band 1999 in Norwegen den endgültigen den Durchbruch. Madrugada schoss bis auf Platz sieben der norwegischen Single-Charts und konnte sich dort unglaubliche 14 Wochen halten. Im gleichen Jahr erschien noch das Debütalbum „Industrial Silence“, welches sich allein in der Heimat 50.000 mal verkaufte.
Besondere Anerkennung für ihre Musik erhielten Madrugada 2000, als sie im Frühjahr diesen Jahres den Spellemansprisen, das norwegische Äquivalent zum US-amerikanischen Grammy, gewannen.
2001 folgte das zweite Album „The Nightly Disease“. Aufgenommen in den USA, bleibt sich die Band dennoch treu. Weiterhin bespielen Madrugada keine großen Stadien, nur intime Clubs, geben wenige Interviews und meiden das öffentliche Leben.
2002 wuchert der Sonnenaufgangsblues mit dem dritten Longplayer „Grit“ weiter und gedeiht vorzüglich. Es ist wieder eine Essens aus erdigem Rock’n’Roll und tiefer skandinavischer Melancholie.
2005 erscheint ihr bis dato letztes Studioalbum „The Deep End“. Es ist im Wesentlichen eine Rückbesinnung auf die weichen und zarten Wurzeln der Anfangstage, dennoch vernachlässigen Madrugada nicht den Rock-Faktor. Frontmann Sivert Høyem widmete sich in der etwas längere Pause seinem Nebenprojekt. So veröffentlicht er 2004 sein erstes Soloalbum „Ladies And Gentlemen Of The Opposition“. Ihr viertes Album war wieder eine Ansammlung von großen Chart-Erfolgen. Beispielsweise hielten sie sich allein in Griechenland und Norwegen mehrere Wochen auf der Pole Position der Charts, spielten weltweit ausverkaufte Konzerte und gewannen den Spellemannsprisen in drei Kategorien. Kurz darauf erscheint das Live-Album “Live At Tralfamadore”.
Hans Erdmann
No Comment