“Eine Mischung aus Take Away-Show und Dokumentation” – Efterklang-Sänger Casper Clausen über das Filmprojekt “An Island”, ungewöhnliche Konzertstätten und die Planung eines eigenen Festivals.

Eine Band auf dem aufsteigenden Ast: Die Rede ist von dem dänischen Quartett Efterklang, das sich für das perfekte Live-Erlebnis gerne auch Gastmusiker einlädt und oftmals als Septett zu sehen ist. So ebenfalls auf der finalen “Magic Chairs-Tour”, auf der sie sich momentan quer durch Europa befinden. Mit im Gepäck haben die sympathischen Skandinavier dabei nicht nur Songs des gleichnamigen, zweiten Albums und des Debüts “Parades”, sondern auch das Ergebnis ihres viertägigen Ausnahmeprojektes, den Film “An Island”. Gemeinsam mit dem Regisseur Vincent Moon begaben sich Efterklang auf ihre kleine Heimatinsel und hielten das dortige wundervolle Treiben akustisch, wie optisch fest. Über die Hintergründes des Streifens, Tourerfahrungen sowie Festivalplanungen sprachen wir mit Sänger Casper Clausen am Rande ihres Konzertes im Leipziger Centraltheater.

motor.de: Als ihr vor ein paar Jahren schonmal hier wart, da habt ihr den Abend von einem singenden Publikum ausklingen lassen. Was ist dir von diesem Moment noch in Erinnerung geblieben?

Casper Clausen: Ja, das war doch im UT Connewitz. Wir haben schon zwei Mal in dem schönen alten Kino gespielt, aber auch schon einmal im Conne Island. Der Moment damals war schon besonders, da es im Einklang mit der wundervollen Räumlichkeit ohne Frage Eindruck hinterließ.

motor.de: Kann das Publikum auf der jetzigen Tour ähnliche Szenarien erwarten?

Casper Clausen: Naja, das muss einfach passieren, es muss sich richtig anfühlen. Manchmal spürt man es, dass es angebracht wäre, jetzt mit dem Publikum zu singen oder ähnliches. Das kann auch die Hemmungen zwichen Band und den Anwesenden nehmen, ein Konzert auflockern. Zum Beispiel können wir heute eher eine Art Theatershow erwarten, da es sich bei der Location ja auch um ein Theater handelt. (lacht) Es ist immer ein wenig anders vor sitzendem Publikum zu spielen. Die Menschen nehmen in ihren gemütlichen Sesseln Platz und konzentrieren sich mehr auf die Musik als bei einem Club-Konzert. Prinzipiell mag ich beides, aber da wir lange nicht in einem Theater gespielt, freu ich mich schon auf den heutigen Abend.

motor.de: Denkst du, dass eure Musik und bestuhlte Ränge gut zusammen passen?

Casper Clausen: Ja, ich denke, dass unsere Musik in die verschiedensten Gegebenheiten passt. Vor allem Songs aus den frühen Tagen der Band machen sich in dieser Atmosphäre gut. Mittlerweile haben wir aber auch die verschiedensten Stile inne, sodass wir in der Lage sind, uns an die jeweiligen Locations anzupassen. Das ist auch auf unserer aktuellen Tour wichtig, da wir zum Beispiel gestern noch in Prag in einem Rock-Club gespielt haben und heute auf einer Theaterbühne stehen werden. So geht das munter weiter: Bremen, Rock-Club. Berlin, Theater.

motor.de: Ihr seit ja schon seit Mitte Februar unterwegs. Was waren denn bisher die Highlights für dich?

Casper Clausen:
(überlegt) Ich denke, wir haben eine bezaubernde Show beim Sage Gateshead in Newcastle gespielt. Dort haben wir eine sehr klassische Atmosphäre mit einer sagenhafte Akustik vorgefunden, aber auch das Konzert in Zürich war unterhaltsam. Das “Stall 6”, wo wir dort gespielt haben, ist ein altes Militär-Pferde-Trainingscenter und man spielt dort, wo früher einmal die Pferde gefressen haben. (lacht) Wirklich ein unglaubliches Gebäude.

motor.de: Bleibt eigentlich während so einer umfangreichen Tour noch Zeit, um an neuen Songs zu arbeiten?


Casper Clausen:
Ganz klar, nein. Natürlich hat man Ideen im Kopf und hier und da auch mal Zeit, um sich selbst Gedanken zu machen oder den Gedankenaustausch mit den anderen zu pflegen. Aber für detailliertes Arbeiten bleibt da keine Zeit. Ich persönlich brauche dafür auch Ruhe und Zeit für mich allein, um effektiv an Songs zu arbeiten.

motor.de: Und was sehen diese Ideen vor?

Casper Clausen:
Unsere Idee im Moment sieht erst einmal eine Pause nach der Tour vor, um die Arbeiten am nächsten Album an einem noch ungewissen Termin zu beginnen. Bis dahin werden alle Ideen gebündelt und ab dem Zeitpunkt wird dann drauflos gearbeitet.

motor.de: Sind auf diese Art und Weise auch die letzten Alben entstanden?

Casper Clausen: Ja, für uns ist sehr wichtig einen Zeitraum festzulegen, an dem dieses oder jenes Projekt beginnt. Meistens wird dann auch nicht an Ideen aus der Vergangenheit gebastelt, sondern etwas für alle komplett Neues entworfen.

motor.de: Ihr habt im vergangenen Monat den Impala-Award für das beste Independent-Album 2010 erhalten: Gratulation. Merkt ihr eigentlich selbst auch, dass das um und mit Efterklang immer mehr wächst?

Casper Clausen: Ich denke, es sind die ganzen kleinen Dinge, die um einen herum passieren, die einen wissen lassen, dass immer mehr Menschen Efterklang kennen. Als erstes lesen sie etwas über dich in der Zeitung und dann sehen sie deine Plakate in der Stadt. Allein das steigert den Bekanntheitsgrad. Uns ist es aber auch wichtig, dass die Leute merken, dass wir uns nicht ausschließlich als Band verstehen, da wir an den verschiedensten Projekten arbeiten, die man aber natürlich auch aufeinander abstimmen kann. So sind sie für den Entwicklungsprozess sehr wertvoll. Die aktuelle Tour ist auch ein guter Indiz für das Wachstum, da es eine Art Finale ist und mehr Menschen kommen als noch im vorigen Jahr.

Efterklang – “Modern Drift”

motor.de: Ein Projekt ist ja gleichzeitig auch der Supportact auf eurer Tour: Der Film „An Island“. Erzähl doch mal ein bisschen davon. Wer hatte die Idee dafür und was waren eure Intentionen für den Streifen?

Casper Clausen: Hauptsächlich wollten wir gemeinsam mit Vincent Moon zusammen arbeiten. Wir haben ihn vor zwei Jahren bei einer Take Away-Show in New York getroffen und daraufhin wollte er mit uns ein größeres Projekt, eine Mischung aus Take Away-Show und Dokumentation, verwirklichen. Die Idee war auch schon seit geraumer Zeit in unseren Köpfen und nach der Veröffentlichung von “Magic Chairs” begannen wir dann gemeinsam zu überlegen, wie wir unsere Gedanken realisieren könnten. Irgendwie kamen wir auf die Idee, auf die Insel zu gehen, auf der wir aufgewachsen sind, da wir dort jegliche Gegegebenheiten vorfanden, die für den Film förderlich sein konnten und uns aufgrund der Ortskenntnis das Arbeiten erleichterte.

motor.de: Seid ihr selbst mit dem Resultat zufrieden oder schweift es von euren Erwartungen ein wenig ab?

Casper Clausen: Um ehrlich zu sein, war es für uns schon sehr schräg zu sehen, was während des ganzen Prozesses passierte: Die Reaktion der Inselbewohner oder auch das Neuentdecken der eigenen Heimat – alles war in dem Moment auch ein wenig surreal. Als wir den Film dann das erste mal sahen, gab es wie bei jedem Projekt auch ein paar Dinge, die wir vielleicht anders erwarteten, aber im Ganzen betrachtet, sind wir sehr zufrieden gewesen. Das war für uns ein neues, tolles Gefühl, so etwas geschaffen zu haben, ebenso wie den Stolz der Inselbewohner bezüglich des Ergebnisses zu erfahren.

motor.de: Ich hab den Film selbst noch nicht gesehen, aber für mich klingt alles auch ein wenig nach Sigur Rós’ “Heimá”. Kann man die beiden Filmen miteinander vergleichen?

Casper Clausen: Ich denke schon, da beide Filme einen ähnlichen Hintergrund haben. Jedoch war unser Film alles andere als davon inspiriert, da wir selbst erst im Nachhinein von „Heimá“ erfahren haben. Ich glaube, dass das auch rüberkommt, wenn man sich beide anschaut. „An Island“ ist abstrakter, es geht dabei nicht nur um den Musik von Efterklang, sondern ebenso um den Klang der Insel. Es gibt da schon einige Unterschied und ehrlich gesagt, denke ich, dass die einzig wirkliche Gemeinsamkeit darin liegt, dass beide Filme auf einer Insel spielen. (lacht)

motor.de: Ihr hattet auch die gute Vertiebsstrategie, jedem Menschen die Möglichkeit zu bieten, den Film in eigener Atmosphäre zu präsentieren. Dieses Private Public Screening haben viele genutzt. Wart ihr selbst auch auf einer der zahlreichen Veranstaltungen vertreten oder habt ihr sonstige Reaktionen der Leute erfahren?

Casper Clausen:
Beides, wir waren unter anderem in Kopenhagen oder auch in Berlin. Das war schon interessant zu sehen, wie die Leute reagieren. Es war einfach wunderschön die Menschen zu beobachten, wie sie unseren Film schauen. Obendrein haben wir ja auch hier auf Tour täglich die Möglichkeit, die Reaktionen einzufangen. Für uns ist die Resonanz einfach überwältigend, ich glaube, im Moment fanden um die 1000 Private Public Screenings statt. Das ist fantastisch und dafür sind wir auch sehr dankbar, denn das ist genau das, was wir wollten: Die Menschen sollten zusammen sein und sich den Film gemeinsam anschauen, denn das ist doch etwas komplett anderes, als sich das allein mit Kopfhörern auf einem Laptop anzugucken.

motor.de: Meine letzte Frage: Wenn ihr ein kleines Festival mit drei bis fünf Bands organisieren würdet, wie würde sich das Line-Up lesen?

Casper Clausen: (nach reiflicher Überlegung kam es zu folgenden Ergebnis:)

Frisk Frugt
Radiohead
Einstürzende Neubauten
Daníel Bjanarson

motor.de: Könnte dich das dazu bewegen, so etwas zu veranstalten?

Casper Clausen: Es ist schon lustig in Bezug auf Dänemark darüber nachzudenken. Ich mag so kleine, gemütliche Festivals, aber bei uns gibt es das eher weniger. Da ist zum Beispiel das “Into The Wild” auf einer kleinen Insel in Holland, das ich sehr mag oder auch in Deutschland gibt es einige kleinere, gute Festivals wie das “Haldern Pop” oder “Immergut”. Wir haben Roskilde. (lacht) Wenn ich so darüber nachdenke: Vielleicht sollte ich wirklich die Bands einladen. (lacht)

Interview: Max Wege
Fotos: Sebastian Brauer