1.1.11 – so ein Datum gibt es für den normal sterblichen Erdenmenschen nur einmal im Leben. Während manch einer an diesem Tag noch seinen Kopfschmerz und die Brandwunden von der Sylvstersause behandelte, hatten vier Herren aus Köln schon längst 600 Kilometer Autobahn hinter sich gelassen und den Soundcheck beendet. Und auch der kulturell pflichtbewusste Bürger war zur (im Verhältnis der Länge des Vorabends gesehenen) frühen Morgenstunde schon längst auf den Beinen und unterwegs zum Neujahrskonzert ins Leipziger Centratheater.
Erdmöbel vor dem Centraltheater: Mützenexperiment.
Erdmöbel geben sich die Ehre und verkünden stolz, dass sie sich zurückgehalten hätten am Sylvesterabend. Einzig und allein um am 1.1. auf der Bühne stehen zu können. Reife Leistung – das Publikum dankt es ihnen mit Applaus. Die Band sich ebenfalls mit einem tollen Konzert. Trotz sicher anfangs vieler verschlafener Gesichter in den Rängen des Centraltheaters präsentieren sich die Herren Erdmöbel in bester Kondition, zeigen kaum Schwäche und legen ihr feinstes Soundgewand an. Mitgebracht haben sie einen Großteil der neuen “Krokus”-Songs, jedoch geben sie auch viele alte Schönheiten zum Besten. Mit vorzüglicher Präzision, ausgezeichnetem Zusammenspiel und einer wie immer guten Portion Ironie und Humor geleiten sie ihr Publikum sehr charmant ins neue Jahr.
Im Zentrum des Abends und auch etwa in der Mitte des Sets steht selbstverständlich “Erster Erster”. Der Song, der ja an diesem Abend überhaupt an allem Schuld ist.
Erdmöbel – “Erster Erster”
Die Setlist ist eine feine Zusammenstellung und geht in ihrer Gesamtheit runter wie Öl. Alte Songs gliedern sich hervorragend in die “Krokusse” ein und balladeske Töne werden im genau richtigen Moment von energetischen Nummern abgelöst. Der Sound ist klar, alle Instrumente kommen hervorragend und sehr differenziert zur Geltung. Scheinbar hat sich auch der Techniker am Vorabend sehr mit der Feierei zurückgehalten, ein guter Mann. Besonders der Flügel steht der Band und Pianist Wolfgang Proppe an diesem Abend sehr gut zu Gesicht. “In den Schuhen von Audrey Hepburn” oder “Der letzte deutsche Schnee” gehören genauso zum Programm wie natürlich auch “Nah bei dir”, der als letzter Song des ersten Sets gespielt wird. Das Publikum dankt es ihnen mit einem glasklaren Choral, der bis in die Zugabe anhält “aaaaahhh Nah bei dir..”.
Sänger Markus Berges kommt gemeinsam mit Wolfgang Proppe zurück auf die Bühne. Mit dabei haben sie einen Haufen weißer Kistchen. Für einen kurzen Moment steht ein besonderes Theaterinventar im Rampenlicht, denn Berges lässt sich die geplante Aktion vom Feuerwehrmann absegnen, den er zuvor sehr lobend hervorhob. “Rhythmusinstrumente”, jedenfalls als solche genehmigt, wandern nun durch die Reihen. Sehr amüsante Idee, denn die kleinen Streichholzschachteln bereiten dem Publikum nicht nur während “Sunrise” große Freude. Im Anschluss gibt es natürlich auch noch ein zweites Mal “Erster Erster”, der eigentlich erst jetzt dank der eingenommenen Stehposition des Publikums seine volle Wirkung entfacht. Mit einem herzlichen Dankeschön beenden Erdmöbel ein grandioses Neujahrskonzert, das es so im Centraltheater bisher noch nie gegeben hat. Vielleicht wird es ja zur Tradition. Hoffentlich bis zum nächsten Jahr!
Alex Beyer
Fotos: R. Arnold/CT
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