Hightech verpflichtet – MIT spricht mit motor.de über Schubladen, Kraftwerk und Konzerte in Fernost.

MIT meldeten sich letzten Monat mit ihrem zweiten Album zurück. Zwei Jahre sind vergangen, seit sie mit ihrem Debüt „Coda“ im In- und Ausland auf sich aufmerksam machten. Der Plattenvertrag war schnell in der Tasche, und besonders in Großbritannien spielten Tamer, Edi und Felix viel, bis sie sich endlich auch in Deutschland außerhalb von Kennerkreisen einen Namen machen konnten – und das alles neben dem Abitur! Für „Nano Notes“ arbeiteten sie erstmals mit Maler und Poet Emil Schulz zusammen, der in den 70ern und 80ern für Kraftwerk textete und diverse Cover entwarf. Darüber und warum sie trotz hörbarer Kraftwerk-Einflüsse nicht retro sind, erzählen MIT im Interview auf motor.de.

motor.de: Was hat euch bei der Zusammenarbeit mit Emil Schulz gefehlt?

Tamer:
Wir haben Emil schon vor einem Jahr über einen gemeinsamen Freund kennengelernt und waren eigentlich völlig gelähmt von der Tatsache, dass er mit uns zusammenarbeiten will. Wir konnten uns erst gar nicht vorstellen, dass da etwas Konstruktives bei rum kommt. Wir verehren seine Arbeit sehr, sind damit groß geworden und daraus hat sich jetzt eine enge Freundschaft entwickelt und eine kreative Zusammenarbeit. Darüber sind wir sehr froh und glücklich. Es hätte ja auch nicht funktionieren können.

motor.de: Das klingt, als würdet ihr diese Zusammenarbeit auch fortsetzen.

Tamer: Ja.

Felix: Für einige Alben.

Edi: Für immer (lacht).

Tamer: Wenn man jemanden so schätzt, kann es natürlich auch schwierig sein, zusammenzuarbeiten. Aber wir sind künstlerisch auf einer Augenhöhe und können halt über so was reden. Wir unterhalten uns total viel und er hat das Album mit entwickelt.

motor.de: Hat sich denn durch seinen Einfluss auch die Art und Weise, wie ihr an Musik herangeht, verändert?


Tamer:
Eigentlich nicht. Wir konzentrieren uns sehr stark auf die Musik und versuchen, sie zu verdichten, die Essenz rauszufiltern, die uns interessiert und ausmacht. Das wird halt von Album zu Album konkreter.

motor.de: Man versucht ja immer in Schubladen einzuordnen. Eure Musik wurde zB schon als Electroclash oder als New Rave bezeichnet. Seht ihr da selbst eigentlich einen Unterschied zwischen?

Tamer: Ich weiß überhaupt nicht, was das bedeutet. Wir machen einfach moderne, elektronische Musik. Ich glaub Electroclash kam 2000 oder so auf, als sich die Leute für Zoot Woman und diese ganzen Bands interessiert haben, oder Peaches oder so. Ich glaub, das ist eher so ein Modebegriff.

motor.de: In euren Songs liegt ja eine gewisse Energie. Meint ihr, die wäre auch vorhanden, wenn ihr ohne echtes Schlagzeug spielen würdet?


Tamer:
Das ist für uns eigentlich gar keine Frage. Wir spielen mit einem echten Schlagzeug, das war immer so und wird auch immer so bleiben. Ganz am Anfang haben Edi und ich ja nur mit einem Drumcomputer gearbeitet, das war aber eigentlich auch nur aus einer Not heraus, da wir kein Schlagzeug hatten.

motor.de: Und woher nehmt ihr die Inspiration zu euren Texten?

Edi: Bisher war es immer so, dass wir eine konkrete Idee hatten, wie die Texte zur Musik passen.
Tamer: Bestimmte Bilder oder Atmosphären, kann man eigentlich noch eher sagen.
Edi: Genau, und besonders bei der Zusammenarbeit mit Emil, da hatten wir eigentlich schon immer ein konkretes Thema und haben dann versucht, es mit Wörtern abzubilden. Wobei eigentlich das Wort an sich nicht so wichtig war, wie dann im tonalen Zusammenklang.

motor.de: Also sind die Texte nicht ganz unwichtig.

Tamer: Nee, die Texte sind schon wichtig. Und die funktionieren halt auch, wenn man den Inhalt oder die Wörter nicht versteht auf einer instrumentalen Ebene. Wir gehen mit der Stimme sehr musikalisch um, das ist für uns eine weitere musikalische Ebene und deshalb ist sie auch so verhallt, um sich auf das Ganze draufzulegen und zu bündeln. Wir spielen eben auch oft und von Beginn an in Ländern, wo die deutsche Sprache nicht gesprochen wird. Damit gehen wir halt auf diese Art und Weise um.

motor.de: Ihr habt auch schon in Indien und China gespielt. Wie war das?

Tamer:
In China haben wir auf einem Festival gespielt, das umsonst war und wo halt wirklich jeder war, von der Mutter mit dem Kind bis zu den Großeltern. Das Extreme an diesen Konzerten war, dass wir davon ausgehen konnten, dass die Menschen sich noch nie über elektronische Musik Gedanken gemacht haben und auch noch nie gehört haben. Wenn man dann auf der Bühne steht, ist das schon sehr spannend.

motor.de: Habt ihr eine Meinung zu Hurts?

Tamer: Nein, nicht wirklich. Naja, ich finde die Musik schon gut, schon geschmackvoll, aber ich kann als Musiker wenig damit anfangen. Es ist halt purer Retro.

motor.de: Dementsprechend haltet ihr eure Musik also nicht für Retro?

Tamer: Nein, unsere Musik ist modern. Die Einflüsse der elektronischen Musik der 80er zitieren wir ja ganz bewusst und machen uns Gedanken, was in dieser Zeitspanne mit der elektronischen Musik, die ja noch eine sehr junge Kunst ist, passiert ist und in welche Richtung es gehen könnte. Wir nehmen halt eine Position ein und überlegen uns, wo wir uns künstlerisch sehen und ich finde, wenn man moderne Musik machen will, muss man eben auch genau wissen, was es bis dahin schon gab. Sonst funktioniert das nicht. Wir beobachten uns halt auch selber stark und kennen uns auch gut aus. Hurts ist vielleicht gute Musik, aber die habe ich schon 1000 Mal gehört.

Interview: Claudia Jogschies