Stromae spricht mit seiner Musik eine europaweit verständliche Sprache, der man sich nur schwer entziehen kann – und die direkt auf die Tanzfläche zieht.
„Alors On Danse“ schallt es seit Monaten in weiten Teilen Europas aus Radios und durch Clubs. Ein Song, eine Aufforderung, den Unbill des eigenen Lebens kurzzeitig zu vergessen und sich gehen zu lassen – deshalb konnte er trotz möglicher französischer Sprachbarrieren europaweit zum Hit werden, denn der positive Vibe strahlt auch so kräftig genug.
Urheber des unglaublich eingängigen Stückes ist ein Belgier mit ruandischen Wurzeln: Paul van Haver alias Stromae. Dieser gibt im Gespräch zu, sehr überrascht zu sein, dass er in so vielen Ländern des Kontinents Erfolg hat, obwohl der letzte französischsprachige Nummer-eins-Hit in Deutschland France Galls „Ella, elle l’a“ aus dem Jahr 1988 war.
„Es ist unglaublich toll für mich, diese Sprache außerhalb französischsprachiger Staaten repräsentieren zu können“, gibt sich der 25-Jährige als stolzer Botschafter. Obwohl er sich früh mit Trance und House beschäftigt, geht Stromae seine ersten Schritte im Musikbusiness als Mitglied des HipHop-Duos Suspicion, das er im Alter von 18 zusammen mit dem Rapper J.E.D.I. gründet. Mit dem Stück „Faut t’arrête le rap“ („Du musst mit dem Rap aufhören“) gelingt Suspicion ein kleiner Hit in Belgien. Doch kurz danach verlässt J.E.D.I. die Band. „Er wollte Spaß haben und merkte, dass ich meinen eigenen Weg gehen wollte, bevor es mir selbst bewusst wurde“, blickt der Musiker zurück.
Nach dem Ende von Suspicion schreibt er sich im Institut National de Radioélectricité et Cinématographie ein, wo er seine erste Solo-EP „Juste Un Cerveau, Un Flow, Un Fond Et Un Mic…“ vollendet, die jedoch kaum beachtet wird. 2008 unterzeichnet er einen Vertrag als Komponist bei den französischen Independent-Labels Because Music und Kilomaître, wo er Musik für andere Künstler schreibt und produziert. „Meinen persönlichen Geschmack spiegelte das aber nicht wieder“, erinnert sich Stromae.
Der Durchbruch gelingt ihm im Jahr 2009, als er ein Volontariat bei Radio NRJ in Brüssel absolviert. Dort hörte Moderatorin Julie seinen Song „Alors on danse“ und ist so angetan, dass sie ihn in die Rotation ihrer „Mash Up Show“ aufnimmt. Die Hörer sind begeistert, Stromae darf mit auf die NRJ-Mash-Up-Tour und landet schließlich im September auf dem Spitzenplatz der Charts in Wallonien, dem französischsprachigen Teil Belgiens. Weitere Topplatzierungen in ganz Europa folgten Anfang 2010. Und als ob das nicht genug wäre, muss Stromae während des herrschenden Trubels sein erstes Album „Cheese“ beenden, dessen Veröffentlichung mehrmals verschoben wird. Der 25-Jährige gibt zu, dass er sich, bedingt durch den Erfolg von „Alors On Danse“, für „Cheese“ stark unter Druck fühlte. „Aber ich habe eine gute Entourage, die mir half, eine positive Gemütsverfassung zu behalten – sich auf den Kern zu konzentrieren war die Lösung.“
„Cheese“ führt die Erfolgsformel von „Alors On Danse“ fort: Rap-Parts, die von treibenden Beats und dicken Synthieeffekten unterlegt sind. Stromaes Flow erreicht dabei nicht ganz die Güte von US-Künstlern oder auch eines MC Solaar, doch hält er sich auch nicht für einen reinen Rapper: „Ich sehe mich nicht als HipHopper, sondern als Musiker. Die Leute können denken was sie wollen, aber ich halte mich selbst für einen allumfassenden Künstler.“ Die Anziehungskraft von Stromaes Tracks gehen auch nicht unbedingt von den Rapparts aus, sondern von der Produktion. Diese unterscheidet sich von herkömmlichen HipHop-Beats, indem sie sich nicht an Turntabalism und Sampling, sondern an progressiven und stylishen Elektro-Artists wie der Ed-Banger-Posse um Busy P, DJ Mehdi oder Feadz orientiert. Dadurch funktionieren die Titel auch für des Französischen nicht mächtigen Hörer, da sie sich an den stark tanzbaren, housigen Beats und Effekten orientieren können, denen Stromae mit einem sicheren Händchen für den richtigen Popdreh eine gewisse Unwiderstehlichkeit gibt. Und wenn man dazu noch die Texte versteht, beitet sich sogar ein Extra-Bonus.
(Der “alte”) Stromae – Promoson
Wer noch eines Beweises bedarf, dass Stromaes Rezept sehr gut auch jenseits belgischer Grenzen funktioniert, muss sich nur die ausrastende Menge den Auftritt beim Teenie-Event „The Dome“ ansehen. Seine Zukunftspläne sieht er jedoch nicht ausschließlich im Musikbereich. Vielmehr wolle er sich gerne mehr dem Film widmen. „Ich habe schon beim Video von „Alors On Danse“ Co-Regie geführt. Mir gefällt es auch zu schauspielern, also warum nicht einen Film machen und darin auftreten? Ein Mann hat doch das Recht zu träumen!“ Im Moment lebt Stromae aber erst einmal seinen musikalischen Traum.
Text: Eric Bauer
Bilder: dapastudio.net
VÖ: 25.06.2010
Label: B1* (Universal)
Tracklist:
01. Bienvenue Chez Moi
02. Te Quiero
03. Peace Or Violence
04. Rail De Musique
05. Alors On Danse
06. Summertime
07. Dodo
08. Silence
09. Je Cours
10. House’llelujah
11. Cheese
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