Biografie, Februar 2006 „Manchmal ist der Weg das Ziel.“ Leise und ohne Fingerzeig sagt Frontmann Rea Garvey diesen Satz vor sich hin. Und doch steht eine tiefere Bedeutung hinter seinen Worten. Schließlich sagen sie eine ganze Menge über diese Band: um was es auf ihrem neuen Album “Wish” geht, um die Träume, Ziele und Erfahrungen. Und natürlich auch den Weg, den Reamonn selbst gegangen sind.

Mittlerweile ist es acht Jahre her, dass man zum ersten mal von dieser Band gehört hat, von einem Hit namens “Supergirl” und einer darauf folgenden, beispiellosen Karriere. 2006 machen sich Reamonn nun daran, die nächste Karrierestufe zu erklimmen. Wer kürzlich ihre „geheime“ Warm-Up Show in Frankfurt vor nur 200 auserwählten Fans gesehen hat, erlebte eine Band voller Begeisterung und Energie, die es nicht erwarten kann, ihr neues Material live vorzustellen.

Mehrfach schon wurde die in Deutschland beheimatete Band mit Platin ausgezeichnet, mit jeder Veröffentlichung wurden neue Grenzen überschritten. Aber die Zeichen stehen gut, dass ihr viertes Studioalbum „Wish“ für Reamonn zum Meilenstein auf dem Weg in eine neue kreative Dimension wird.

Der „Weg“, von dem Garvey spricht, ist auch das große Thema in einem Album dessen Songs durch ein übergeordnetes Thema verbunden sind: Der Suche nach den eigenen Zielen und der Erfüllung von Träumen. “They’ve made their Wish…“ und dieser Wunsch ist mit ihrer bislang besten Platte wahr geworden, der ersten, die Reamonn außerhalb von Europa aufgenommen haben, produziert von Greg Fidelmann in Los Angeles.

„Es geht wirklich um diese eine zentrale Aussage,“ betont Frontmann Rea Garvey, wenn er an die fast unglaubliche Anzahl neuer Songs denkt, die die Band vor Beginn der Aufnahmen in der Schublade hatte und wie sich letztendlich die fanden, die auf “Wish” ihren Platz finden sollten. „Wir hatten 62 Stücke als wir im Studio ankamen und reduzierten das auf eine Auswahl von 13.” erinnert er sich. „Ich bin mir nicht sicher, ob es eine bewusste Entscheidung war, diese Songs auszuwählen, weil sie schon durch ein Thema verbunden waren, oder ob wir die ausgewählten Songs erst durch das gemeinsame Thema verbunden haben”.

„Man findet die Aussage auf jedem der Songs in der einen oder anderen Form, – hättest du nur einen Wunsch frei, was würdest du dir wünschen? Das ist ein Gedanke, den wir oft zu schnell vergessen. Wir müssen ihn festhalten.“

“Du bist ein Individuum, du KANNST den Unterschied machen. Du BIST der Unterschied. Diese Aussage ist der Motor, die Antriebskraft des neuen Albums Wish.“

Garvey kann seinen Enthusiasmus über das neue Album nur schwer verbergen – warum sollte er auch. „Es ist natürlich immer so eine Sache, von etwas begeistert zu sein, was man selbst gemacht hat. Das klingt immer selbstgefällig“, gibt er zu. „Aber wir sind mit der Hoffnung in Studio nach L.A. gegangen, etwas Großes zu schaffen. Und groß hat es sich dann auch angefühlt, wie etwas, das eine Menge Leute berühren wird. Uns hat es definitiv berührt. Ich kann es kaum erwarten, zu erfahren, was die Leute über die Musik denken.” Er wird nicht enttäuscht werden.

Wollen wir es mal so formulieren: Wenn Alben Gebäude wären, dann wäre Wish ein schon aus weiter Ferne zu erkennender Wolkenkratzer. Wish entstand in den Sound City Studios in L.A. unter der Regie von Greg Fidelmann, der als Produzent schon Bands wie den Red Hot Chili Peppers, Slipknot und Jet seinen Stempel aufgedrückt hat. Eine Fußnote der besonderen Art: Tatsächlich nahmen Reamonn Wish in genau dem Studio auf, in dem Cash sein letztes Album gemacht hat.

Alle fünf Bandmitglieder empfanden die Umgebung als für ihre bislang kreativste Arbeit sehr förderlich. „Es ist ein Reamonn Album herausgekommen, das im besten Sinne des Wortes international klingt,“ meint Garvey, „es ist kein amerikanisches Album, es ist kein europäisches Album, es ist kein deutsches oder irisches Album, es ist einfach nur ein Reamonn Album. Und das war exakt, was wir uns vorgenommen hatten.“

Es gibt eine einfache Erklärung für Konstanz und Zukunftsträchtigkeit in der Karriere Reamonns: Die berühmte Formel von den unterschiedlichen Teilen eines Ganzen. Hier geht es nicht um den irischen Frontmann und seine vier deutschen Begleitmusiker. Diese fünf sind Freunde und Kollegen. Eine Band, die ihre Songs zusammen schreibt, bleibt auch wirklich zusammen.

„Alle in der Band sind am Songwriting beteiligt,” erklärt Rea. „Jeder kommt mit seinen Ideen, und wirft sie in den Topf. Die Melodien kommen aus unseren Erlebnissen und Erfahrungen und jeder hat andere Erlebnisse und Erfahrungen, was bedeutet, dass du am Ende fünf Leute hast, die völlig unterschiedliche Melodien schreiben”.

„Eine der Stärken der Band ist, dass jeder weiß, wo der Schwerpunkt des Songs ist und das ist genau die Energie, die du auf der Bühne haben möchtest,“ sagt Garvey. „Stelle es dir vor wie ein Gummiband, wie eine Steinschleuder. Du ziehst und wenn du loslässt knallen einem fünf Leute mitten ins Gesicht.”

Als erste Singleauskopplung stellt Promise (You And Me) das Zentralthema des Albums in den Mittelpunkt: das Erfüllen eines Wunsches. „Es ist ein Lied über Einheit, darüber, dass wir gemeinsam stärker sind als einzeln. Als Band touren wir sehr viel, manchmal drei Monate weg am Stück. Ich sage meiner Frau dann immer ‘Wir beide gegen die Welt.’ Und darum geht es auch hier. Es geht um Menschen, die zusammenhalten und es so schaffen. Das ist eine Verpflichtung, die ich gerne eingehe”.

“Promise (You And Me)” ist ein Hit in bester Reamonn Tradition, emotional, melodiös und bewegend – man kann sich bildhaft vorstellen, wie sich die Massen in den Konzerthallen dieses Jahr dazu im Takt wiegt und ein Meer von Feuerzeugen die Menge in ein magisches Licht taucht.

Starship, ein weiteres Highlight auf Wish, ist ein Stück an dem die Band eine ganze Weile arbeiten musste, bevor im Studio der berühmte Funke übersprang. „Der Text war eine Sache von Sekunden,“ erinnert sich Garvey. „Das Raumschiff ist in deinem Kopf.“ Da ist es wieder, das Thema von Wish.

Doch Garvey hütet sich, die Botschaft jedes einzelnen Songs “vorzuinterpretieren”. Dies bleibt wie immer dem Hörer überlassen. Jeder soll sich sein eigenes Bild schaffen. „Der Song kann das Streichholz sein,“ so Garvey, „aber er muss nicht auch gleichzeitig das Feuer sein.“

Die Band, deren Name sich auf den vollen Namen ihres irischen Sängers Reamonn Garvey gründet, formierte sich Ende 1988 in Süddeutschland. Den ersten Kontakt hatten Rea und Drummer Mike „Gomez“ Gommeringer, nachdem Garvey eine Kleinanzeige aufgegeben hatte, um musikalische Mitstreiter zu suchen. Das löste eine Art Kettenreaktion aus: Leadgitarrist Uwe Bossert und der Multiinstrumentalist Sebi Padotzke kannten sich bereits. Uwe wiederum erzählte es Bassist Philipp Rauenbusch, der zur nächsten Probe dazustieß – Reamonn waren geboren.

Die Band war nicht zuletzt eine sprachliche Herausforderung. Die vier Deutschen verbesserten ihr Englisch, wogegen Rea an seinem Deutsch arbeitete. Zusammen arbeitete man an Songmaterial und verschrieb sich vollständig der Musik. 1999 ging die Band dann mit einem Showcase in Hamburg an die Öffentlichkeit. Bereits hier war den zahlreichen anwesenden Repräsentanten von Plattenfirmen und Medien klar: das hier wird etwas Großes.

Mit ihrer Debutsingle Supergirl trafen Reamonn voll ins Schwarze. Der Song wurde ein Top Ten Hit in Deutschland und für die Band zu einer Art “Marke” und Meilenstein. Das Album, auf dem er enthalten war, Tuesday, wurde im Jahr 2000 veröffentlicht und mit Platin ausgezeichnet. So weit, so großartig. Reamonn aber konnten auf ihrem Debüterfolg sogar noch weiter aufbauen. Das zweite Album Dream No.7 folgte 2001 und brachte weitere Erfolge und Anerkennung. Nicht zu vergessen einen Gastauftritt in dem Film Mondscheintarif, in dem die Band den Song Weep performte. 2003 ging die dritte Veröffentlichung der Band, Beautiful Sky, an den Start, das es bis unter die Top 3 in Deutschland schaffte. Die Singleauskopplungen Star und Alright wurden Hitsingles und das Album entwickelte sich zu einem Dauerbrenner: In Deutschland bekam das Album doppelt Platin und blieb mehr als ein Jahr in den Charts.

Beautiful Sky wurde in Portugal und in der Schweiz vergoldet. Die Band tourte in Ländern wie Estland, Litauen und Lettland und spielte dort in Stadien mit 30.000 Besuchern. Weitere Shows folgten von Istanbul über Israel bis, wie sollte es anders sein, Irland. Auch in Polen, Russland, Holland, Schweden, Spanien und Griechenland wurden erfolgreiche Konzerte gespielt.

Es war also nur eine Frage der Zeit, bis auch die beachtliche Live-Power des Quintetts dokumentiert wurde. Dies geschah 2004 in Form des Livealbums Raise Your Hands. Im übrigen eine Bewegung, der sich kein Fan bei Reamonn-Konzerten entziehen kann – oft gleicht das Publikum einem wogenden Meer aus in der Luft ausgestreckten Händen. Womit wir wieder bei Wish wären. Ein Album voller Songs, die Menschen zusammenbringen, sobald sie mit ihnen in Berührung kommen. Vielleicht der zentrale Wunsch, die Botschaft dieses Albums.

Reamonn ist eine Band, für die kein Ziel der Weg unmöglich scheint. Und wenn der Weg das Ziel ist, dann kann man mit einem Album wie Wish in der Hinterhand ohne Zweifel sagen: man darf sich auf eine lange Reise freuen!