The Ghost über ihr neues Album “War Kids”, weite Wege und den Plan B, eventuell doch in der Färöischen Nationalmannschaft zu spielen.
Was macht man eigentlich den ganzen Tag, wenn man auf den Färöer-Inseln zu Hause ist? Richtig, man schart ein paar Freunde um sich und gründet eine Band. Schafe hüten und Fischen kann ja schließlich nicht alles im Leben sein, dachten sich auch Urbanus Olsen und Filip Mortensen, als sie 2007 die Gruppe The Ghost ins Leben riefen. Ein Plattendeal auf der Inselgruppe, die zwischen Island und Großbritannien liegt, war schnell gefunden. Ein Vertrag, um ihre Platten auch außerhalb zu vertreiben, ließ sich dagegen schon etwas schwieriger auftreiben. Doch auch das gelang den dänischen Insulanern nach unzähligen Auftritten letztenendes. Am 23.07. erscheint nun ihr Erstlingswerk „War Kids“ bei Sunday Best, dem Label des britischen BBC-Radiomoderators Robert Gorham. Blöd nur, wenn man versucht, auf einer Deutschland-Tour dafür Promo zu machen und – wie in Regensburg geschehen – nicht auftreten kann, weil keiner kommt. Beim Campusfest in Leipzig durften sie dann aufspielen und um genügend Zuschauer mussten sie sich auch nicht sorgen. Wir trafen die vom Soundcheck etwas gestressten, aber redseeligen Jungs zum Gespräch:
motor.de: Ich hab gesehen, dass Ihr mit dem Auto gekommen seid. Habt ihr die Fähre nach England genommen und seid die restliche Strecke gefahren? Das dauert doch sicher ewig?!
Filip: Nein, wir sind erst mit der Fähre nach Dänemark und dann den Rest mit dem Auto gefahren. Diese Tour führt uns ja nur durch Deutschland und Österreich – und ja, die Anreise dauert ewig. (lacht)
motor.de: Die Färöer-Inseln sind nicht gerade eine der „führenden Musiknationen“, wie z.B. die U.S.A. oder Großbritannien. Denkt ihr, dass es Euch Vorteile bringt, in diesen schwierigen Zeiten als Exoten zu gelten?
Hanus: Zumindest hat es keine finanziellen Vorteile für uns. (lacht) Es kostet uns eine Menge Geld und Zeit, Konzerte in Europa zu spielen.
Filip: Es kann schon sein, dass das Vorteile bringt. Island zum Beispiel ist ja auch ziemlich klein, hat aber eine riesige Musikszene, viele Promoter und alle Magazine berichten darüber. Bei den Färöer-Inseln ist das momentan noch nicht der Fall, aber es entwickelt sich so langsam.
motor.de: Wie ist die Musikszene auf den Färöer-Inseln generell? Gibt es genügend Möglichkeiten live aufzutreten?
Filip: Wir haben eine große Musikszene und sie wächst immer weiter…
Hanus: Ja, allein auf die Bevölkerung gesehen ist unsere Musikszene riesig (lacht).
Filip: …es gibt auch viele Konzerte und Festivals, viele Musiker veröffentlichen Alben.
motor.de: Ist es denn so einfach, einen Plattenvertrag zu bekommen?
Hanus: Wenn man das Album nur auf den Färöer-Inseln herausbringen willst, dann ist es ziemlich einfach. Wenn man darüberhinaus bekannt werden will, kommt man damit aber nicht soweit…
Filip: Um außerhalb bekannt zu werden, braucht man dann schon einen zweiten Plattenvertrag, zum Beispiel in Dänemark, oder im UK. Das gestaltet sich dann meist schwieriger…
motor.de: …aber ihr habt das geschafft, indem ihr den Radio-DJ und Labelbesitzer Robert Gorham von BBC 1 von Euch überzeugen konntet. Wie kam diese Verbindung zu Stande?
Filip: Durch unsere Auftritte beim Iceland Airwaves, einem Festival in Reykjavik. Dort haben wir an fünf Abenden gespielt und bei der letzten Show war er im Publikum. Er mochte unsere Musik und kam direkt nach dem Gig zu uns und fragte, ob wir an einem Plattenvertrag interessiert wären. Jetzt sitzen wir hier und reden über das Album.
motor.de: Filip, du hast über den Titel der Platte „War Kids“ beinahe spirituell gesagt: “Am Ende des Tages sind wir doch alle nur Kinder.” Wie hast du das gemeint? Wie passt das Wort Krieg in diesen Zusammenhang?
Filip: Es ist nicht wirklich religiös oder spirituell gemeint. Es liegt irgendwo dazwischen. Man lebt sein Leben jeden Tag, ohne jemals fertig damit zu sein. Man wird nie die finale Weisheit oder ausgelernt haben. Es ist ein ständiger Lernprozess an dem man wächst, ohne jemals Erwachsen zu werden. Das Wort Krieg passt deshalb in diesem Zusammenhang, weil das täglich Leben eine Art Krieg ist. Nicht der Krieg im üblichen Sinne, aber das Leben hat ständig Reibepunkte und Auseinandersetzung an denen man sich weiterentwickelt. Darum: „War Kids“.
The Ghost – “City Lights”
motor.de: Ich hab gehört, dass die Flaming Lips ein großer Einfluss für Euch, speziell bei diesem Album, gewesen sind. Welche Stadt ist die Nächste, wenn ihr Euch ein Live-Konzert ansehen wollt, zum Beispiel der Flaming Lips?
Filip: Kopenhagen.
motor.de: …und wie lang braucht ihr um dorthin zu kommen?
Filip: Mit dem Flugzeug ungefähr zwei Stunden und mit der Fähre ungefähr zwei Tage. Ein Konzert kostet da gern mal das ganze Wochenende. Deswegen besuchen wir auch oft Festivals, wie das Roskilde, da lohnt sich das dann schon eher.
motor.de: Was macht man als Färinger, wenn man nicht gerade in einer Band spielt?
Urbanus: Bands zuschauen oder Fußball spielen. Das ist, wie in ganz Europa, ziemlich beliebt bei uns.
Filip: Ja, wir lieben Fußball, auch wenn wir nicht so gut darin sind (lacht). Mein Verein zum Beispiel ist der Liverpool FC.
motor.de: Habt ihr jemals über einen Plan B nachgedacht, falls das Musikding nicht funktioniert? Wo wir gerade beim Thema Fußball sind, zum Beispiel als Spiler in der Färöischen Nationalmannschaft?
(allgemeines Gelächter)
Filip: Ich bin momentan ganz glücklich keinen Plan B zu haben, denn ich will diese Musiksache wirklich durchziehen.
Hanus: Ich glaub auch, dass wenn man einen anderen Plan in der Hinterhand hat, dann setzt man sich weniger für seine Idee ein, denn man denkt sich: Egal, ich kann ja noch was anderes machen. Wenn man aber dieses eine Ziel vor Augen hat und es einfach gelingen muss, dann wird es auch meistens was.
Filip: Außerdem sind wir alle nicht gut genug um Fußballprofis zu werden.
Hanus: Vielleicht Urbanus….
Urbanus: …naja, ich hab zwar im Jugend-Nationalteam gespielt, aber zum Profi hats dann doch nicht gereicht.
motor.de: Ihr seid zum zweiten Mal in Deutschland, gibt es einen Unterschied zur ersten Tour?
Filip: Wir spielen in Deutschland immer sehr verschiedene Locations, das ist ziemlich cool.
Hanus: …und manchmal lassen sie uns überhaupt nicht spielen. (lacht) Vor kurzem waren wir in Regensburg und hatten einen Auftritt in einem kleinen Club und es kam wirklich niemand.
Filip: Ja, es kam nicht ein Einziger (lacht). Wir wollten aber trotzdem spielen, nur der Typ hinter der Bar meinte: “Lasst gut sein Jungs, setzt euch an den Tresen und trinkt Euer Bier, dass ist dann auch nicht so laut für die Nachbarn.” Dann sitzt du da, nachdem du hunderte von Kilometern gefahren bist und darfst nicht mal auftreten…
Interview + Photos: Christoph Berger
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