Auch wenn Sänger Charlie Waller nach der Scheidung von seiner Frau nicht in bester Stimmung war, für die musikalische Katharsis hat sich der Ärger gelohnt.
The Rumble Strips stammen aus dem beschaulichen Devon und kennen sich seit Kindertagen. Mit “Welcome To The Walk Alone” bringen sie ihr mittlerweile zweites Album auf den Markt. Die Produktion der soulverliebten Retro-Scheibe übernahm niemand Geringeres als der Neumeister der Soulverrüschung: Mark Ronson. Ein netter Typ mit A-Promistatus. Doch weder das ganze Bling-Bling noch Frauen mit Maulkorbpflicht lassen die fünf Jugendfreunde vom Weg abkommen, wie Sänger Charlie Waller im Interview verrät.
motor.de: Da sind ganz schön viele Mädchen bei der Tour mit Mando Diao, was?
Charlie: Auf jeden Fall. Die werden in Deutschland abgefeiert, als gäbe es kein Morgen. Das ist total bizarr, in England sind sie unbekannt. Ich habe hier letztens jemandem erzählt, dass wir mit Mando Diao auf Tour gehen und er war ganz aus dem Häuschen. Ich hatte ja keine Ahnung…
motor.de: Wenn euch euer Album im Traum als Person erscheinen würde, wäre es…?
Charlie: …ein versiffter Barmann mittleren Alters, der in einem miesen Pub in einem Außenbezirk Londons Menschen bedient, die er hasst und nur darauf wartet, dass eine Lebensuhr zu ticken aufhört. ABER er hat ein kleines Blitzen in seinen Augen und die eine oder andere spannende Geschichte zu erzählen. Außerdem hat er eine echt scharfe Tochter.
motor.de: Die Geschichte hinter dem Song “Not The Only Person” klingt bizarr. Hat deine Frau tatsächlich nur mit verbaler Abgebrühtheit ein paar Diebe in die Flucht geschlagen?
Charlie: Das stimmt. Vor einiger Zeit torkelten meine Frau und ich nachts aus einer Bar und stritten. Plötzlich kamen zwei Typen auf uns zu und schubsten mich gegen die Wand. Einer von ihnen hielt mir einen Schraubenzieher an den Hals und wollte Geld. Irgendwann wurde es meiner Frau zu bunt und sie schrie die Typen an: “Seht ihr nicht, dass wir gerade mitten in einem Streit sind! Wir haben kein beschissenes Geld! Verpisst euch gefälligst!” Die Kerle waren so geschockt, dass sie eilig die Flucht ergriffen haben.
motor.de: Hat es deine Frau nicht irritiert, dass du einen Schraubenzieher an der Kehle hattest?
Charlie: Ach, sie schert sich nicht um mich. Wegen ihr bin ich schon öfter in Schlägereien geraten. Das hier ist passiert (er deutet auf eine blutrote Stelle in seinem Auge und einen kürzlich lädierten Nasenrücken), als sie sich vor einigen Monaten mit jemandem prügelte und ich dazwischen ging. Wir sind heute nicht mehr zusammen. Es passte wohl einfach nicht.
motor.de: Dann stammt der Hauch von Melancholie, der die Platte durchzieht…
Charlie: …von der Trennung von meiner Frau, ja.
motor.de: Wie wäre die Platte ohne Mark Ronsons Mithilfe geworden?
Charlie: Wir hätten sie genauso pompös gemacht, das steht fest, nur nicht mit den selben Mitteln. Ihm stehen mehr Türen offen. Auf diese Weise konnten wir mit tollen Musikern und Ingeneuren zusammenarbeiten, was der ganzen Platte einen speziellen Sound verleiht. Es hätte nicht so authentisch geklungen, hätten wir es selbst gemacht.
motor.de: Mark Ronson scheint ja der geborene Workaholic zu sein, nervte das manchmal?
Charlie: Ein Workaholic ist er in der Tat. Aber das war eher toll, er interessiert sich einfach sehr für Sounds. Es war nett, ein paar Verantwortlichkeiten abgeben zu können. In England wird Mark von der Klatschpresse wie ein A-Prominenter verfolgt. Wenn wir abends was mit ihm trinken waren, stand am nächsten Tag in der Zeitung, wo er sich aufgehalten hat, wer seine vermeintlich neue Freundin ist und so weiter. Verrückt.
motor.de: Alle Bandmitglieder kennen sich ja bereits seit Kindertagen. Wie hat sich euer Kommunikationsverhalten über die Jahre verändert?
Charlie: Als wir in Amerika tourten, haben wir eine gute Gemeinschaftserfahrung gemacht, von der wir wahrscheinlich heute noch profitieren. Wir haben lange Strecken im Auto zurückgelegt und das Radio war kaputt, also mussten wir uns zum Zeitvertreib ja unterhalten und irgendwelche Spiele spielen. So sind wir wieder Freunde geworden. Aber wir kennen uns schon seit Jahr und Tag, da weiß man, wann man den anderen besser mal zwei Tage in Ruhe lässt.
Interview: Christine Stiller
No Comment