Marta Collicas Songs finden endlich den Weg nach Deutschland. Ihr Debütalbum „About Anything“ ist zeitlos und verwischt die Grenzen zwischen musikalischer Träumerei und Dunkelheit.
Die Sizilianerin Marta Collica ist bei Weitem nicht neu im Musikgeschäft. Mit der Band Micevice sang sie sich ab 1994 in die Köpfe der Italiener, bis sie John Parish traf und für ihn als Keyboarderin mit PJ Harvey, Eels und Tracey Chapman auf Tour ging. Mit Ex-Nick Cave Gitarrist Hugo Race führt sie außerdem das Projekt „Sepiatone“. Als gäbe es nicht genug zu tun, veröffentlicht sie nun ihr Soloalbum. „About Anything“ ist ein Debüt voller zeitloser, verträumt-düsterer Melodien: mal bedrohlich, mal beruhigend, kalt und warmherzig zugleich. Ein Widerspruch? Nicht für Marta Collica.
Mit ihren Songs entführt die Musikerin den Hörer in eine andere Welt. Schon „Bonewhite Moon“ gibt einem so ein gewisses Gefühl, als würde man nach etwas suchen, dass man nie finden wird. Mit einfachen Mitteln schafft sie eine Atmosphäre die gleichsam schön und düster ist, wie The Velvet Underground in den 60ern. Wähnt man sich einen Moment sicher, wird man im nächsten schon wieder auf den Boden der Tatsachen geholt. Dies ist eine charakteristische Eigenschaft ihrer Songs: Sie verwischt die Grenzen zwischen ‚ins Träumen geraten’ und ‚sich der kalten Realität bewusst sein’ („Never Look Back“).
Ihr Stil ist allerdings schwer einzuordnen. Marta Collica bewegt sich irgendwo im Rahmen von Pop und Songwritertum, und doch trifft beides nicht wirklich zu: zu ernst und unkonventionell ist sie für Pop, zu experimentierfreudig und facettenreich, um sie lediglich als Singer/Songwriterin zu beschreiben. Man muss ihr Album einfach selbst hören, um die Welt zu entdecken, die sie auf „About Anything“ mittels ihrer Stimme sowie Piano, Synthesizer, Gitarre und Percussion erschafft.
Marta Collica – Defenceless
Auch ein näherer Blick auf die Texte lohnt sich, denn sie heben sich ab vom alltäglichen Popklatsch. Es geht um Sehnsüchte, viel mehr noch um Momentaufnahmen: „I am number 08925 take a look around the building we’re in – there’s a woman with a perfect face and a man with a pair of funny shades, there is you wrapped in your own snares and me with hands sweating cold sweat“, so im Opener „N. 08925“.
Ihre sanfte Stimme legt sich über die Songs, als hätte Marta Collica nie etwas anderes getan und wird durch die zurückhaltenden Arrangements unterstützt. Auch die Retro-Einflüsse stehen ihr gut: Das Rauschen im Hintergrund, das von der gewollt unsauberen Produktion stammt; der Gesang, der mal hauchend, mal kräftig im Vordergrund steht. Das lässige „Lose My Mind“ versetzt einen mit seinem Groove geradewegs wieder in die 60er zurück. Die Aufnahmen zu den meisten Songs wurden in Heimarbeit bei Marta Collica Zuhause begonnen, um sie anschließend im Studio in Bristol mit John Parish sowie in Berlin mit Hugo Race fertigzustellen. Ein Nachteil ist das jedoch nicht, sondern trägt vielmehr zum intimen Sound bei, der eben so schön und anders an Marta Collica ist.
About Anything ist ein rundherum gelungenes Debütalbum. Mit den experimentierfreudigen Sounds, die sich schwer einem Stil zuordnen lassen, sticht es aus der Masse heraus. Es bleibt zu hoffen, dass die viel versprechende Marta Collica den Weg in die Ohren vieler Musikfans findet.
Claudia Jogschies
VÖ: 31.07.2009
Label: Solaris Empire
Tracklist:
01. N. 08925
02. Bonewhitemoon
03. Lessons & Games
04. Lose My Mind
05. About Anything
06. Just Water Just Air
07. Giulia
08. Just Water
09. Future #1
10. Nastri Sporchi
11. Never Look Back
12. Where Was I
13. Giulia #2
14. Maregrosso
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