Zeit ist für Roland Emmerich, den manch Scherzkeks immer noch gerne „unser Spielbergle“ nennt (woran bestenfalls der schwäbische Einschlag seine Richtigkeit hat!), immer schon ein wichtiges Element seiner Filme gewesen. Gewöhnlich verschlägt es ihn in die Zukunft oder zumindest ins Weltall, doch mit „10.000 B.C.“ geht er nun den umgekehrten Weg. Weil man sich beim deutschen Verleih die Kosten für einen Übersetzer gespart hat, sei dazu gesagt: Emmerich jagt sein Special Effects-Team dieses Mal ins Jahr 10.000 vor Christus, wo ein junger Mann im Lendenschurz seine Liebste aus der Versklavung retten will. Wer den Blockbuster-Regisseur kennt, dürfte allerdings wissen, dass ihn auch an der Steinzeit nicht die Figuren und ihre Geschichte interessiert, sondern natürlich die Mammuts und Säbelzahntiger, die sich am Computer ganz besonders eindrucksvoll gestalten lassen.
Auf ganz anderem Wege schlägt sich das Phänomen der Zeit in „Step Up to the Streets“ nieder, zumindest zu Beginn des Films. Da ist die ebenso talentierte wie maskierte Tanzgruppe, die ihre Show bevorzugt in fahrenden U-Bahn-Wagen abzieht, nämlich immer schon verschwunden, wenn die Polizei es endlich geschafft hat, zu den Störenfrieden aufzuschließen. Bald allerdings wechselt die aufsässige Tänzerin Andie an eine biedere Kunstschule und fortan interessiert sich der Film vor allem für Zwischenmenschliches – und natürlich jede Menge Tanzszenen in wesentlich weniger illegalem Rahmen.
Getanzt wird auch in „Die Schwester der Königin“ für kurze Momente, allerdings nicht Street Dance, sondern klassische Hoftänze, denn ähnlich wie Emmerich blickt auch dieses Drama auf vergangene Zeiten zurück. Der Unterschied liegt in den Kostümen, die während der Herrschaft von Englands König Heinrich VIII natürlich längst nicht mehr aus kleinen Fellresten bestanden. Die prachtvollen Roben, in denen Natalie Portman, Scarlett Johansson und die anderen Frauen des Regenten stecken, spielen dann auch prompt eine Hauptrolle in der royalen Seifenoper. Eine bessere Figur als die Schauspieler machen sie allemal, was nicht zuletzt daran liegt, dass sie keinen der albernen Dialoge sprechen müssen.
Hand in Hand mit der Zeit kommt im Kino oft auch die Vergänglichkeit daher, in dieser Woche gleich mehrfach.
In „Im Tal von Elah“ hat ein junger Soldat gerade endlich die quälende Zeit im Irakkrieg hinter sich, als er daheim unweit des Stützpunkts ermordet wird. Tommy Lee Jones macht sich als stoisch trauernder Vater eigenhändig auf die Suche nach den Verantwortlichen, doch trotz der tatkräftigen Hilfe von Charlize Theron stößt er in Militärkreisen nur auf eine Mauer des Schweigens. Politisches Kino, wie es so bitter und überzeugend in letzter Zeit selten auf der Leinwand zu sehen war.
Ebenfalls unerwartet, wenn auch nicht ganz so tragisch, schlägt der Tod in „Kirschblüten“ zu. Da ist es eigentlich Elmar Wepper, dem die Ärzte keine Zeit mehr geben, doch dann stirbt seine Frau und ihn zieht es zur Trauerarbeit nach Japan. Dass Doris Dörrie ausgerechnet im Fernsehschnösel Wepper („Zwei Münchner in Hamburg“) ihren fantastischen Hauptdarsteller gefunden hat, ist eine echte Überraschung – und eine Entdeckung, die an der Zeit war.
Entdeckenswert ist übrigens auch „Frei nach Plan“, die tragikomische Geschichte dreier erwachsener Schwestern und ihrer Mutter, nicht zuletzt wegen der tollen Schauspielerinnen (u.a Corinna Harfouch und Dagmar Manzel). Aber um noch einmal auf die Zeit zurückzukommen: sie kann fürs Kino gelegentlich auch zum Problem werden. Der so genannte Dokumentarfilm „Knut und seine Freunde“, der noch mal allerlei Kindheitsaufnahmen vom putzigen Berliner Eisbären und einigen Artgenossen recycelt, kommt nämlich ein gutes Jahr zu spät. Heute verbringen die Leute ihre Wartezeit im Zoo doch längst lieber vor dem Gehege von Flocke!
Text: Patrick Heidmann
No Comment