Sein letztes Album “Radio Blackout” setzte dem King of Gnarz die Krone auf. Sein Königreich: der Untergrund. Sein Thron: eine Donner-PA auf dem Tieflader des Monstertrucks. Das Zepter: ein Nietenarmband. Die Regierungserklärung: stay anti. Die Macht: Gnarz, Bratz und Schaffelbeat. Das war 2003.
Doch weil ein Punk nun mal kein König sein kann, sondern der Anarchie verpflichtet ist, wird es nun Zeit, die eigene Regentschaft ein bisschen zu stürzen. “Blitzkrieg Pop” ist laut Raumschmiere eine “Ambient-Platte mit Punkrockstücken drübergelegt”. Viele kleine Details aus der Flora und Fauna seines analogen Geräteparks sind darauf zu finden, dazu in Wut und Psychedelik Gebadetes wahlweise mit Schreiraus-Refrains vom Chefrocker selbst, oder als balladeske Gastspiele aus dem musikalischen Freundeskreis. “Ich wollte eine saulaute Popplatte machen, die lauteste Popplatte der Welt. Weg von den Techno-Epen, hin zu kurzen, knackigen Songs”, meint Raumschmiere.
Debatten über das, was Pop eigentlich sein soll, interessieren einen wie ihn, dessen Konzept es ist, keins zu haben, herzlich wenig. Dafür weiß er genau, was er will, nämlich seine wilde Lust auf Musik mit anderen teilen, ob als T.Raumschmiere, als Drummer der Punk- und Wüstenrockformation ” The Crack Whore Society”, als Plattenchef seines Labels Shitkatapult oder als Veranstalter diverser Clubereignisse in Berlin.
Obwohl T.Raumschmiere für seine bühnenbrechenden Soloshows frenetisch bejubelt wird, und mehrmals als bester Live-Act in diversen Jahrespoll-Top-10 einschlägiger Musikzeitschriften auftaucht, engagiert Raumschmiere den Schlagzeuger Dirk Mielenhausen und den Bassisten Andreas Paruschke als Begleitmusiker sowie den Soundingenieur Allert Aalders für seine Live-Konzerte, tritt solo ab sofort nur noch als DJ auf. Dass die Fans der Idee anfangs eher skeptisch gegenüber stehen, stört ihn nicht. “Mit Band ist es zwar mehr Arbeit, aber dafür auch mehr Rocknroll”, heißt es.
Dass es eben Rock braucht, wenn es rocken soll, ist so eine Wahrheit, die sich Raumschmiere mit Songs wie “Sick like me” oder “Blitzkriegpop” genüsslich wütend von der Seele schreit.
“A Mess” fällt auch in diese Kategorie, wobei das Mikro hier in die Hände seines amerikanischen Kollegen Quasimodo Jones geraten ist, der sonst auf Raumschmieres Label Shitkatapult sein Unwesen treibt. Die pikante Nummer “A Very Loud Lullaby” mit der ex-Guano Apes Sängerin Sandra Nasic zollt der Rockgeschichte im Stile von Geschmacksgiganten wie “Europe” oder “Doro Pesch” seinen ganz speziellen Respekt.
Rock auf die Bühne, Ambient fürs Herz. Ein halbes Jahr lang hat sich Raumschmiere in sein Studio geschlossen und mit besessener Neugierde Klänge erzeugt, die zunächst mal ganz ohne Beat auskommen müssen, wovon Stücke wie “Untitled”, “Rumpelkammer”, “Der Grottenolm” oder “Patridiot” Zeugnis ablegen. Andere wiederum haben dann doch noch einen Unterbau bekommen, um die Weiblichkeit zum Singen zu bringen, wie die Berliner BPitchcontrol-Labelchefin Ellen Alien für den Song “Diving in Whiskey”, oder die Französin Judith Juillerat in “3 Minutes Happiness”. Letztere hatte eine Demo-CD an Shitkatapult geschickt und wurde prompt von ihm verpflichtet. “Die hat auch Björks Coversong-Wettbewerb zugunsten von Unicef gewonnen. Bei Shitkatapult erscheint bald ihr erstes Album”, so Raumschmiere stolz zu seiner Entdeckung.
Zu guter Letzt zeigt der abgedankte King mit “All Systems Go” und “An Army Of Watt”, das die Macht noch immer mit ihm ist. Gnarz, Bratz und Schaffelbeat für alle, denen Rock zu ranzig, Ambient zu anti und Songs zu süß daherkommen.
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