Nein, Saul Williams wurde nicht angeschossen, stand bisher nicht mit einem Bein im Grab, wurde nicht krankenhausreif geschlagen oder stand wegen Todschlags vor Gericht. Ok, er hat Kinder mit zwei verschiedenen Frauen gezeugt, falls das zählt. Saul Williams zählt eher zu den intellektuellen und politisch aktivsten Vertretern des Genres, ein Multitalent das sich zielsicher im musikalischen, lyrischen und schauspielerischen Fahrwasser bewegt und einer Ursula Rucker oder einer Peaches näher steht als einem 50Cent.

Im letzten Jahrzehnt kann sich Saul Williams als Poet, Musiker und Schauspieler einen Namen machen. Musikalisch verewigt er sich erstmals Mitte bis Ende der 90er auf Eargasm und Lyricist Lounge Compilations Seine damals veröffentlichten Songs sind tief im HipHop verwurzelt, unterschieden sich aber meilenweit vom damals populären Hip-Hop-Sound. Sein von Rick Rubin koproduziertes Erstlingswerk „Amethyst Rockstar“ – im Oktober 2001 erschienen – überzeugt weltweit die Kritiker. Die London Times wählt das Album zum besten des Jahres. Bei der anschließenden Tournee steht Williams unter anderem mit Blackalicious, Cursive und The Mars Volta auf der Bühne. Für das nächste Album, schlicht ‘Saul Williams’ tituliert, lässt sich der Künstler drei Jahre Zeit. In Deutschland erscheint das Album erst im Frühjahr 2005. Saul fängt darin die autoritäre Coolness des Hip-Hop, die verspielte Angst des Rock’n Roll, die raue Emotionalität von Emo und die Fuck-Off-Attitüde des Punk ein: „Wenn ich das Album musikalisch einordnen müsste, würde ich den Stil am ehesten Industrial-Punk-Hop nennen, was sich am besten im Song ‘Grippo’ ausdrückt. Die Musik hab ich meistens selbst geschrieben und produziert. Die meisten Songs haben sich aus musikalischen Experimenten in meiner Freizeit entwickelt. Da ich zu diesem Zeitpunkt keinen Plattendeal hatte, war ich zu keiner Zeit irgendeinem Druck ausgesetzt. Ich war am Ende der Einzige, der über das Schicksal der Songs entscheiden durfte – eine ziemlich coole Sache“

Saul Williams besitzt einen Universitätsabschluss in Philosophie und Schauspiel und gehört mit zu den innovativsten Slam-Poeten der USA. Seine schauspielerisches Talent brachte ihm als Hauptdarsteller in „Slam“ (1998) eine Nominierung beim Independent Spirit Award ein. Der Film wurde auch beim Sundance Festival und in Cannes ausgezeichnet. Daneben trat Williams auch in verschiedenen TV-Sendungen in Erscheinung, unter anderem in der Sitcom „Girlfriends“, HBOs „Def Poetry Jam“, The Chris Rock Show“ und der Produktion „Lackwanna Blues“

Saul hat bisher drei Lyrikbände veröffentlicht: „said the shotgun to the head“ (2003) „She“ (1999) MTV Books/Simon and Schuster) und „The Seventh Octave“ (1997). Er ist einer der Unterzeichner der „Pledge of Resistance“ einer Initiative, die mit ganzseitigen Anzeigen in den großen amerikanischen Tageszeitungen für ein Ende des Krieges im Irak und Afghanistan warb.