Eine Einladung zum Interview mit Frida Gold, sorgt bei vielen Kollegen für gemischte Gefühle. Alina Süggeler sei schließlich die neue Diva Deluxe im nationalen Pop-Zirkus. Von der grimmigen Aura des Alina-Schattens Andreas Weizel (Bass) ganz zu Schweigen. Wir trafen die beiden „Angeklagten“ in Berlin zum Interview und stellten fest: Viel umgänglicher kann man sich eigentlich kaum mehr präsentieren.

Foto: (Warner)

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Frida Gold im Jahr 2011: Eine Band im Aufbruch. Der erste High End-Schnupperkurs (Tour im Vorprogramm von Kylie Minogue)wird bravourös gemeistert. Die Nation spitzt die Ohren. Auch das Debütalbum („Juwel“) landet in vielen Schlafzimmern der Republik. Frida Golds Zuckerpop mit Schmusegarantie kommt gut an. Ende des Jahres hüpft der Vierer gar auf der großen TV-Bühne des Bundesvison Song Contest hin und her. Die ersten Bandspuren im tiefen Businesssand hinterlassen bei vielen Insidern und Szenekennern nachhaltigen Eindruck. Auf dem gelegten Fundament lässt sich wunderbar spazieren gehen. Doch schon bald nimmt der Gegenwind zu. In diversen Foren und Blocks wächst die Spannung. Druck entsteht. Schließlich könne die wahre Qualität einer Band erst mit dem zweiten Album bestimmt werden, heißt es. Mit Druck wollen Frida Gold aber nichts zu tun haben. Ergo: Ab ins Flugzeug und auf in die weite Welt: „Wir brauchten dringend Abstand, um uns neu zu definieren. Die drei Jahre zuvor lebten wir ja unheimlich transparent. Wir brauchten  wieder Zugang zu unserem inneren Ich. Auch die ganze interne Kommunikation war so ein bisschen festgefahren. Wir haben uns dann überlegt: Was machen wir jetzt? Schließlich sind wir dann einfach losgefahren und schlussendlich in Los Angeles hängen geblieben“, berichtet uns Band-Aushängeschild Alina Süggeler in Berlin.

Neben ihr sitzt Andreas Weizel, seines Zeichens Co-Chef und Bassist der Band. Der Mann, der mit seiner gegelten Dutt-Frisur und den markanten Gesichtszügen eher an einen Bodyguard, als an einen Musiker mit Hang zu emotional aufwühlenden Klangflächen erinnert, nickt mit dem Kopf: „Es war einfach toll, in einer Umgebung zu arbeiten, die einen irgendwie gar nicht so richtig wahrnimmt. Ich meine, Venice Beach, das ist Leben pur. Da sind haufenweise Künstler und Menschen, die alle überhaupt keine Ahnung haben, wer oder was Frida Gold ist.  Da herrschten  perfekte Bedingungen für uns“, so der Bassist.

Venice Beach? Klingt eher nach Sonne, Strand und Partymachen, als nach der perfekten Umgebung für konzentriertes Arbeiten am so vermeintlich wichtigen zweiten Album. Frida Gold fanden jedoch die richtige Balance: „Wir konnten morgens aufstehen, zwei Stunden joggen gehen und uns irgendwo in freier Natur hinsetzen und an Songideen und Texten arbeiten. Es interessierte keinen Menschen. So entstanden auch wieder dieser Hunger nach Emotionen und dieser Drang sich mitteilen zu wollen.  Das war dann, auf der Gefühlsebene, wieder genauso wie beim ersten Album“, schwärmt Andreas.

Die beiden Frida Gold-Hauptverantwortlichen machen einen zutiefst zufriedenen Eindruck. Während die stylische Garderobe auf der chilligen Hotel-Couch in Form gepresst wird, huscht ein Lächeln nach dem anderen über die Lippen der beiden Protagonisten. Man sei so dankbar für die vergangenen zwei Jahre und all die illustren Bekanntschaften, die die Band während der Entstehungsphase von „Liebe Ist Meine Religion“ machen durfte. Die Rede ist von Breitbrust-Songwritern wie Guy Chambers, Rick Nowels oder Billy Mann. Vor allem die Arbeit mit Robbie Williams-Spezi Guy Chambers hat bei den Wahl-Berlinern Alina und Andreas tiefgreifende Eindrücke hinterlassen: „Wir wollten mit Leuten arbeiten, die uns und unsere Vorstellungen ernst nehmen. Das hat alles erstaunlich gut geklappt. Es gab keine Barrieren. Guy wollte nur wissen, was Alina wichtig war. Es ging um künstlerische Augenhöhe. Das war wirklich beeindruckend“, erinnert sich Andreas.

Von oberflächlichem Abarbeiten keine Spur. Man ist mittlerweile sogar richtig dicke miteinander: „Ich war letztes Wochenende erst bei Guy zuhause in London. Er hat mich einfach eingeladen und wir haben uns seine Plattensammlung angeguckt und über Gott und die Welt gequatscht. Da hat sich eine richtige Beziehung zueinander entwickelt“, ergänzt Alina.

Foto: (Warner)

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Apropos Beziehung: Alina und Andreas waren vor einigen Jahren weit mehr als nur Kollegen. Die Band als Beziehungskiller? Alina und Andreas blicken sich tief in die Augen. Beide Lächeln: „Irgendwann kann man das nicht mehr trennen. Das war halt schwierig. Die Beziehung ist dabei letztlich auf der Strecke geblieben. Aber wir sind beide glücklich, so wie es ist. Die Liebe findet jetzt auf einer anderen, manchmal sogar intensiveren Ebene statt. Wir kennen uns beide in- und auswendig. Jeder weiß, woran er ist“, sagt die Sängerin.

Die Zeit rennt. Der Manager zeigt auf die Uhr. Zwei Minuten haben wir noch. Alina funkt dazwischen: „Ach komm, ist doch total nett. Lass mal ruhig noch.“ Abgehoben? Mit Allüren behaftet? Nicht wirklich. Zeit, die Pforten zu öffnen und der Opposition zu zeigen, dass Frida Gold alles andere als unnahbar sind: „Andi und ich leben zusammen in einer WG mit zwei Hunden, mit denen wir jeden Tag mehrere Stunden an der frischen Luft verbringen. Wir laufen durch den Wald, machen uns die Füße dreckig und mischen uns unter die Leute. Wir haben keinerlei Berührungsängste. Wer sich intensiv mit uns beschäftigt, der wird schnell feststellen, dass wir völlig normale Menschen sind, die einfach nur den Drang verspüren, ihre Emotionen zu teilen“, so Alina zum Abschluss.

Text: Kai Butterweck