Es gibt sie noch, die echten (Indie-)Rocker. Auch wenn sie sich heute gegen digitale Bedroom-Produktionen und 80s-Revival-Hipster bewähren müssen, lassen sie noch dann und wann ihre Gitarren erklingen und scharen ihre Anhänger um sich. Rocker müssen sich nicht verstecken. Trotzdem wagen sich M185 zur Zeit erst zaghaft aus ihrer Bandheimat Österreich heraus, wo sie sich bereits einen Namen gemacht haben: In der letzten Woche waren M185 auf dem Cover der Hochglanzbeilage der österreichischen Tageszeitung Der Standard zu sehen, und ihre Musikvideos verzücken bereits seit Längerem das (nicht nur österreichische) Internet. Wir haben uns mit Wolfram Leitner, der bei M185 hauptsächlich für die Liedtexte und den Gesang verantwortlich ist, auf eine Zigarette an der Spree getroffen, und unter anderem über die Lage des Genres Rock und einen Big Muff in Menschenform gesprochen.

Trifft man zum ersten Mal auf M185, so stellt sich zunächst die obligatorische Frage nach dem Bandnamen. M185 … Hat man das nicht schon irgendwo gehört? Wer diese Frage aufgeregt mit „ja“ beantwortet, wird sich im nächsten Moment vielleicht schon wieder beschämt setzen wollen, denn die M185 ist eine optisch ziemlich langweilige Computermaus. Muss man nun um die Zukunft der gleichnamigen österreichischen Band bangen? Man wird sich doch hoffentlich nicht in einen langwierigen Rechtsstreit verwickeln lassen? Oder handelt es sich bei M185 etwa um einen geheimen Werbe-Act? „Nein, nein, wir waren vorher da!“, sagt Wolfram energisch. Er kennt sie, diese Maus, die seine Band nahezu ungooglebar macht, aber das scheint kein Problem für ihn zu sein. Rocker lassen sich eben nicht von Computermäusen aufhalten.

Aber wie ist das überhaupt gerade, mit Rock als Genre, ist da überhaupt noch Platz? Wolfram ist sich sicher: „Wir denken, dass im Genre Rock trotz aller Unkenrufe noch lange nicht alles gesagt ist, und es da musikalisch auf jeden Fall noch was zu holen gibt“. Na dann mal los, das Ziel scheint gesetzt zu sein. Auf dem Weg dahin haben M185 einige interessante Musikvideos veröffentlicht. Im Video zu Space Bum Rocket Kid tanzt optisch halb Österreich um die Wette, dazu gibt’s jede Menge Lametta, Konfetti, Luftschlangen, ein Bobbycar und Menschen in Zebramasken. Interessante Kombination. Trotzdem ist es das Video zur neuen Single Soon, das uns bereits nach wenigen Sekunden ein „aaawww“ entlockt hat. Der Protagonist ist hier ein menschlicher Big Muff (ein Effektgerät für Gitarren, Rock und so), der, vom harten Tour-Alltag mit seiner Band ordentlich gestresst beschließt, abzuhauen. Das Resultat ist eine wunderbare Homecoming-Story, in der auch noch richtig viel von M185 steckt. Der Big Muff ist die Kreation des Gitarristen von M185, Heinz, der sich regelmäßig um Artwork für seine Band kümmert. Hier arbeitet kein finsteres Marketing-Instrumentarium, sondern die Band selbst. Und weil es so schön ist, kann man die auch kaufen: Den Big Muff kann man auf der Homepage von M185 als Vorlage für 3D-Drucker herunterladen:

Nachdem der Charakter ja schon cool ausschaut, dachten wir uns, es wäre cool den Leuten diese Möglichkeit zu geben. Du kannst dir einen Schlüsselanhänger machen, oder eine große Figur zum Hinstellen. Der Preis ist auch ganz vom Material abhängig. Man kann das auch vergolden, oder aus Edelstahl machen, da kann man sicher ‘nen Tausender hinlegen. Das geht also quasi an alle Käuferschichten (lacht).

Das klingt ja ganz schön 2014. M185 sind ganz offensichtlich im Hier und Jetzt angekommen und müssen sich nicht vor etablierten Acts wie Ja, Panik, dem österreichischen Indie-Export der letzten Jahre, verstecken. Aber könnten sich M185 vorstellen, wie Ja, Panik es ja vorgemacht haben, die Zelte in der Alpenrepublik abzubrechen und nach Berlin zu ziehen?

Von unseren Lebenssituationen her werden wir wohl schon in Wien bleiben, aber wir wollen auch viel unterwegs sein und Austausch betreiben. Und wenn man dann in Deutschland unterwegs ist, dann geht es natürlich nach Berlin, in diese großartige Stadt, und es ist immer wieder cool durch Deutschland zu touren. Aber auch was uns jetzt bevorsteht, mit Hildesheim und Kassel, und so weiter, da werden wir Städte kennen lernen, in denen wir noch nie waren, also die ganzen Gegenden sehen. Das ist ja das Schöne an Deutschland, dass da noch so viel unbekanntes auf uns wartet. Österreich ist ja dann doch überschaubarer.

Hildesheim und Kassel, außerdem Offenbach und Gießen. Das klingt nach Tour durch die Backstreets, sicher – ganz ehrlich – ein hartes Pflaster. Im Gepäck befindet sich das neue Album der Österreicher, Everything is Up, das Wolfram als eine „extrem frische Rockplatte“ beschreibt. Und das kommt auch durchaus hin.

Übrigens: Österreich ist die Heimat von Erwin Schrödinger, der mit seiner Katze ja ordentlich den Smalltalk-Bereich der Physik aufgemischt hat. Schrödingers Katze ist gleichzeitig tot und lebendig, und M185 ist gleichzeitig eine Computermaus und eine Band. Letztere ist eindeutig besser, und bald hat das sicher auch Google verstanden.

Everything is Up erscheint am 23.5. Wer von den Live-Qualitäten von M185 überzeugen möchte, kann dies gerne an einem der folgenden Termine im Juni tun:

11.06.14 München, Goldene Bar (GQ First Look)

13.06.14 Offenbach, Hafen 2

14.06.14 Giessen, MuK Giessen

(Foto: Martin Stöbich / Text: Carsten Brück)