Seit Jahren kommt musikalisch einiges über die Nordsee in unsere Playlisten geschwappt – in Skinny Jeans und blondem Haar oder Goldkettchen und schiefen Zähnen. Dass das nicht alles sein kann, was musikalisch in Europa los ist, ist so sicher, wie dass in der Welt nicht jeden Tag nur Nachrichten für 15 Minuten passieren. Also, Nachbarländer: Was macht eure Musik aus, wie fühlt sich das an und was sollten wir darüber wissen?

Los geht's mit unserem Nachbarland Polen, der Heimat von Karol, einer Hälfte der vorgestellten Indie-Folker. Paula als zweiter Teil hat kanadische Wurzeln, sich zum Studieren aber trotzdem für einmal über den großen Teich entschieden. Karol und sie hatten dann einen kleinen Music was my first love-Moment, entschieden sich füreinander, um Polen die Welt des klatschenden, pfeifenden, stampfenden Indie-Folk zu zeigen.

"In Polen gab es bis dahin keinen", so Paula. "Pop bedeutete Euro-Pop und war wirklich cheesy."
Am 12. September erscheint Paula & Karol's neues Album "Heartwash" und damit bereits der vierte Tonträger der polnischen Musikhoffnungs-Alternative. Welche polnichen Künstler man sich – auch im Anbetracht von 90s Ausrutschern – anhören darf und sollte, erfahren wir jetzt aus erster Hand:


Hey, wir sind:

– Paula & Karol ( was verwirrend ist, weil sechs von uns auf der Bühne stehen!)

Unsere Musik fühlt sich an wie:

Eine lange sommerliche Autofahrt mit einem guten Freund. Es fühlt sich generell gut an, aber manchmal musst du ein bisschen weinen. 

Säße die Musik von Paula & Karol in einem Job-Interview, würde sie als Stärken und Schwächen angeben:

– Stärken: Unser Lachen und die Ehrlichkeit. Eine großartige Konzert-Energie.
​Die Band, die mit uns spielt (die aus sehr gutassehenden jungen Männern besteht). Unsere Songwriting-Skills. Unsere Dance-Moves.

Schwächen: Unsere Verletzlickeit. Unsere Ehrlichkeit. 

Der erste Song, den jedes polnische Kind lernt:

– "Sto lat! Sto lat! Niech żyje żyje nam!!!“ (lies: Happy Birthday!)

Die wichtigsten Künstler für das (pop)musikalische Polen waren diese:

Mieczyslaw Fogg [Ein polnischer Chanson-Sänger, der beim Warschauer Aufstand Konzerte in Krankenhäusern spielte. Guter Mann; Anm. d. Red.]

Karin Stanek [Die polnische Pop-Rock-Sängerin der 1960er startete lange vor Alexander Klaws und Co. über die Karriereleiter von Casting-Shows und schaffte es so zur Sängerin einer von Polens erfolgreichster Vertretung des Beat: Czerwono-Czarni.]

Czerwone Gitary [die "Roten Gitarren" sind die polnischen Beatles – klingen also auch so:]

Republika [Polnischer New-Wave, der ab 1981 mit Albentiteln wie "1984" klar machte: wir haken da mal genauer nach.]

Unsere musikalischen Irrtümer der 90er:

Da waren so viele! Hauptsächlich das Fehlen eines alternativen mainstream Raio Mediums, weshalb ein Haufen sehr schlechten Polnischen Pops florieren konnte. Und noch heute klingen viele Polnische Alben ähnlich wie sie damals gemacht wurden.
Aber es gab auch gute Pop Musik in den 90's. Da ist was Cooles an Bands wie Varius Manx und Kasia Kowalska, die damals Alben veröffentlicht haben. Einem gefällt vielleicht nicht, die Art wie sie klingen, aber es gab auch ein paar echt ehrliche Songs auf ihren Alben
.

Müsste man die Seele der Polnischen Musik in 3 Wörtern beschreiben…

Dancing (ausgesprochen "Densing"), Grandma, Mazowsze. 

Musik, die uns unser ganzes Leben lang beeinflusst hat:

Karol: Bob Dylan, Bob Marley, John Lennon, Tribe Called Quest, Counting Crows
Paula: Leonard Cohen, The Beatles, Beck, Belle & Sebastian, Björk

Der Einluss, den Polnische Tradition und Folklore auf unsere Musik hatte:

Hmm, Ich glaube gar keinen. Vielleicht eher auf's Storytelling in den Lyrics.

"Heartwash" erscheint am 12.09.2014 über Delikatess Tonträger / Broken Silence und ist hier erhältlich. 

(Foto: Anna Bystrowska)