Wer schon einmal auf einem Konzert der Beatdown-Band Nasty war, der weiß, dass die vier Jungs aktuell wahrscheinlich das beste Beispiel für Stumpf-ist-Trumpf-Hardcore sind, bei dem es auch mal ein bisschen ruppiger zu Sache gehen kann. Der harte Mix aus aggressiven schnellen Passagen und gnadenlosen Moshparts ist ja auch prädestiniert dafür einfach mal den ganzen Scheiß-Frust von deiner Seele zu laden, einen verdammten Mittelfinger in Richtung Menschheit zu strecken und beherzt die Arme und Beine durch die Gegend fliegen zu lassen. Dennoch muss man sagen, dass sich Nasty durch ihre persönlichen und gesellschaftskritischen Themen deutlich über dem normalen Beatdown-Standart bewegen und nicht darauf aus sind, den austauschbaren Brutalo-Soundtrack für die nächste Massenschlägerei vor deiner bescheuerten Dorfdisco zu spielen – was die belgisch-deutschen Abrissbirnen mega sympathisch macht. Da die Jungs momentan noch mit Deez Nuts auf Europa-Tour sind, um ihre mittlerweile fünfte Platte “Shokka” unter die Leute zu bringen, haben wir den Frontmann Matthi bei einer Show im Berliner Cassiopeia besucht und unter anderem über Klamotten, Facebook-Hater sowie peinliche Bühnen-Performances geredet.
motor.de: Ihr seid jetzt schon seit dem 20.11.2015 mit Deez Nuts auf Tour. Wie läuft es bisher?
Matthi: Bisher lief jede Show echt super und wir können uns echt nicht beklagen.
motor.de: Nach dem Release von eurem aktuellen Album “Shokka” im März diesen Jahres habt ihr erstmal viele Shows gespielt, um das neue Album zu präsentieren. Merkt ihr momentan noch, dass euer Publikum eher die alten Songs abfeiert und ihr deswegen bestimmte Tracks von den alten Platten definitiv spielen müsst?
Matthi: Das mit der Zurückhaltung war auf der Release-Tour ein bisschen das Problem, weil die Leute das neue Zeug vielleicht noch nicht kannten oder viele noch nicht reingehört haben. Jetzt auf der Tour merkt man allerdings, dass die neuen Songs mittlerweile auch angesagt sind, da man immer mehr Reaktionen bekommt.
motor.de: Was macht ihr eigentlich wenn ihr nicht gerade auf Tour seid?
Matthi: Ich hab nebenbei noch mein Modelabel, Matar. Berry produziert Mukke und ist Produzent für Schlager- und HipHop-Zeug. Er hat letztens auch was mit Micaela Schäfer gemacht und verkauft nebenbei immer mal ein paar Beats. Nash will sich gerade für ein Studium anmelden, was er nebenbei laufen lässt und arbeitet noch bei einem Getränkeservice. Und Paddy arbeitet bei Captured Life, einem Backline-Service.
motor.de: Und eure freien Tage legt ihr euch für die Tour zurecht?
Matthi: Nein, ich würde eher sagen die Arbeitstage werden zurecht gelegt. Wir haben am Anfang des Jahres entschieden, dass wir das jetzt komplett durchziehen: Scheiß auf Arbeit, scheiß auf Karriere. Wenn wir Zeit haben, gucken wir einfach, dass wir irgendwo ein bisschen jobben können und das klappt bisher ganz gut.
motor.de: Ich hab gelesen, dass zu deinen Lieblingsplatten auch “ESP” von den Bee Gees und “History” von Michael Jackson gehören. Hörst du zu Hause überhaupt so viel Hardcore?
Matthi: (grinst) Ich höre Hardcore fast gar nicht zu Hause. Zum Abhängen läuft bei mir hauptsächlich HipHop, R&B, Singer/Songwritermusik und alles was ein bisschen melodisch ist oder eine gute Hook hat.
motor.de: Wenn man deine Bewegungen auf der Bühne beobachtet und auch deinen Kleidungsstil sieht, könnte man auch denken, dass du dich vielleicht sogar mehr zu HipHop hingezogen fühlst. Ist das so?
Matthi: Ach, wir sind schon immer ein bisschen komisch rumgelaufen. Ich höre gern HipHop, habe auch früher mal HipHop gemacht und hab auch vor wieder mal was zu starten, aber ich müsste mehr dran bleiben. Ich hab mir nie einen Kopf darüber gemacht, wie ich rumlaufe. Es ist vielleicht nicht das typische 0815-Bewegungsmuster jeder beliebigen Hardcore-Band, aber ich find es auch total schwachsinnig sich darüber Gedanken zu machen, was man für Kleidung trägt oder wie man sich zu Musik bewegt. Ich feiere diesen Stereotyp-Kram überhaupt nicht ab.
motor.de: Aber trotzdem gibt es ja ziemlich viele Leute auf euren Konzerten, die irgendwie sehr ähnlich gekleidet sind. Bist du schon mal angeeckt wegen deinem Kleidungsstil?
Matthi: (lacht) Klar, es gibt doch immer diese Vollidioten, die denken die Weisheit mit Löffeln gefressen zu haben und jeder will realer als der andere sein. Viele gucken dabei aber nur darauf, dass man genau reinpasst und die perfekte Ausgeburt von Hardcore ist. Was jemand im Kopf hat, interessiert am Ende überhaupt keinen. Die Leute sollen lieber mal darauf achten, was auf der Welt so abgeht und sich vielleicht weniger im Internet darüber aufregen wie ich meine Mütze trage. Das ist doch einfach Energieverschwendung, die keine Sau weiterbringt. Außerdem zeigt man am Ende damit nur das Gegenteil dessen, was man eigentlich sein will.
motor.de: Ist das manchmal nicht schon ein bisschen anstrengend, wenn man irgendwelche Kommentare über seine Klamotten bei Facebook liest?
Matthi: So lang sowas nicht beleidigend wird, ist uns das scheißegal. Wir versuchen ja auch nicht jedem zu gefallen, daher musst du am Ende auch darauf klarkommen, wenn Leute dich aus irgendeinem Grund haten. Wir waren mit Nasty schon immer gut in der Kritik gewesen und mussten uns auch ein paar Mal anhören, wie primitiv wir sind oder was wir für Hohlköpfe, Hauptschüler und Dosenpfandsammler sind. Irgendwann hast du ein relativ dickes Fell.
motor.de: Und wie gefällt man heutzutage den Leuten bei Hardcore-Shows?
Matthi: Es gibt heute so viele Bands, die in Interviews gar keine richtige Meinung zu unterschiedlichen Punkten haben. Die labern alle so einen Einheitsbrei und wollen nirgendwo anecken, damit sie keinen Beef mit irgendwem bekommen. Wenn du heute zu den ganzen Touren gehst, wirst du von den wenigsten Bands noch eine gute Ansage bekommen. Das geht dann einfach nur: “Seid ihr gut drauf?”, “Habt ihr uns schon mal gesehen?”, “Deutsches Bier ist das beste Bier, Prost!” und “Dahinten gibt es übrigens Merch!” Du bekommst so selten mal eine Ansage, wo du wirklich denkst guter Gedankengang und das vermiss ich manchmal ein bisschen.
motor.de: Ihr steht mittlerweile auch sehr oft auf größeren Bühnen und spielt Mainstream-Festivals. Gibt es negative Dinge, die dir auf den großen Touren aufgefallen sind?
Matthi: Ich will keinen in die Pfanne hauen, da es ja auch viele coole Bands gibt, die größer werden und für die Szene ein Gewinn sind, da sie neue Hörer bringen, die vielleicht auch andere kleine Hardcore-Bands cool finden. Aber es ist einfach so, dass mittlerweile auch viele Hardcore- und Metalcore-Bands sehr von einem Management geleitet werden, die ihnen ihre Ansagen, ihre Klamotten und ihre Bühnen-Performance vorgeben. Die Kids feiern es ab und denken sie wären super alternativ, obwohl sie im Endeffekt nur in eine Nische gedrückt werden und das fressen was ihnen vorgesetzt wird. Aber es ist ja immer so gewesen: Wenn irgendwer sieht, dass man damit Kohle machen kann, geht es irgendwann nach hinten los.
motor.de: Was sind eure nächsten Pläne für das kommende Jahr?
Matthi: Nächstes Jahr wollen wir viel Übersee touren. USA, Australien, Neuseeland, Südamerika und Asien stehen bisher auf dem Plan. Außerdem machen wir noch eine große Headliner-Tour im Herbst.
motor.de: Und? Gibt es schon eine Band, die euch begleiten wird?
Matthi: Ja, die gibt es und es werden sicher auch viele große Augen machen, aber ich kann aktuell noch nichts dazu sagen.
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