Die Indie-Hoffnung „Abby“ wird ihren Fans bald ihr Debut
"Friends & Enemies" auf die Plattenteller liefern. Wir haben uns mit drei Jungs aus der Band mal ans Spree-Ufer in die Sonne gepflanzt und alle wichtigen Fragen zum Release gestellt.


(Filou, Henne, Lorenzo / v.l.n.r.; Foto: John Sauter)

motor.de: Das ist euer erstes Interview bei uns. Stellt euch doch einfach mal vor.

Lorenzo: Ich spiele Keyboard.
Filou: Ich spiele Gitarre und singe.
Henne: Ich bin am Schlagzeug.
Lorenzo: Es gibt noch unseren Gitarristen, Cellisten und Effektschrauber Tilly, aber der ist noch in Köln, weil er bei Apparat Cello spielt.

motor.de: Ihr habt alle eine klassisch-musikalische Ausbildung?

Henne: Wir hatten durch unsere Familien früh die Möglichkeit, mit Musik zu beginnen. Die Musikschulen in Deutschland sind eben alle klassisch geprägt.
Filou: Bei mir fing es an mit Klavier, dann bin ich zum Gesang gewechselt und hatte klassischen Unterricht.
Lorenzo: Bei mir war es so, dass ich angefangen habe aufzulegen und Beats zu bauen. So bin ich zur Musik gekommen. Das war nicht so klassisch wie bei Filou und Henne.
Henne: Ich habe jahrelang Orchester gespielt und war kurz davor klassische Musik zu studieren. Das hab ich zum Glück gelassen. Ich war noch in der Aufnahmeprüfung aber dachte dann: Leckt mich am Arsch. Für mich war es voll langweilig, dieses Noten-Abgelese. Und danach? Entweder du gehst ins Orchester oder wirst ein freier Musiker und machst ultrafreakige Sachen. Das war mir dann auch too much. Irgendwann hab ich einfach die Liebe zur Popmusik entdeckt.
Filou: Tilly und ich haben mit 15 angefangen in Bands Musik zu machen. Und wir haben gemerkt, dass es neben dem Interpretieren von Musik eben auch um das Schreiben von Musik geht. Man hat sich in das Selbstschreiben und Kreieren von Musik verliebt.
Henne: Das Jammen! Das passiert in der Klassik fast nie! Trotzdem ist klassische Musik für uns etwas unfassbar Schönes. Wir haben gestern erst die 10. Sinfonie von Mahler gehört. Die ist zum Explodieren.

motor.de: Ich finde, euer Sound setzt fort, was man von oldschooligeren Indiebands wie Blackmail nicht mehr serviert bekommt. Geht ihr da mit?

Filou: Blackmail, geil! Mit denen hat uns noch keiner verglichen, aber jetzt wo du das so sagst, fühlen wir uns sehr geehrt. Ich war immer Fan von Blackmail.

motor.de: Wir konnten schon etwas in euer Debut-Album reinhören. Da sind sehr viele elektronische Sachen verarbeitet. Wie entsteht ein Song bei euch?

Lorenzo: Es ist meistens so, dass jeder von uns vieren seine Ideen mit in den Topf schmeißt. Die eine Idee ist eine elektronischere, die andere eine akustischere und dann kann es sich wiederum nur um in Bildern gesprochene Dinge drehen: So nach dem Motto, lass uns mal was in die Richtung jammen. Jeder von uns schreibt aktiv an den Songs mit.

Motor.de: Das trifft auf die Lyrics auch zu?

Filou: Die schreibe ich. Bei dem Album haben wir mit der Musik begonnen. Dann habe ich die Texte zu der Musik geschrieben. Aber in dem Rahmen des Konzeptes von „Abby“.

motor.de: Schränkt das Konzept der lyrischen Perspektive von Abby ein?

Filou: Ich verstehe das mehr als Chance und nicht als Einschränkung. Letzten Endes sind das ja auch nur Geschichten aus ihrer Perspektive – oft zu realen Begebenheiten und Personen. Nur die Namen sind natürlich verfremdet.

(Foto: Universal)

motor.de: Ihr habt ein Studio in Berlin. Wie kam es, dass ihr das Album in London eingespielt habt?

Lorenzo: Unser Manager Michael hat das organisiert. Und es gab dann die Einladung, mit Andreas Olsson zusammenzuarbeiten. Wir waren da und haben uns ein bisschen musikalische ineinander verliebt. Es war eine schöne Synergie. Wir haben zum ersten mal alles live gespielt und aufgenommen. In einer Woche haben wir drei Songs eingekloppt. So rough hatten wir bis dahin noch nicht aufgenommen. Das war super. Als wir beim Recorden alle in einem Raum standen, hat sich ein Sound entpuppt, den wir so noch nicht von uns kannten.

Filou: Das war ein Aha-Erlebnis. Wir werden das auch zukünftig so machen. Das hat mehr Ecken und Kanten und kommt dem, was wir live tun einfach näher.
Henne: Es geht einfach schneller so. Man kommt schneller dahin, dass es nach Musik klingt. Man hat nicht erst nur ein Schlagzeug, dann die Gitarre, dann den Gesang. Sondern kann sich richtig einspielen. Auch ist dieses feste Fundament noch nicht da, was du dann nur noch ausschmückst. Alles hat mehr Freiheiten, der Song wird dynamischer.

motor.de: Was war euer schlimmstes Live-Erlebnis?

Henne: Wir waren mal in Leipzig auf der Pop-Up-Messe.
Filou: Ja das war ziemlich furchtbar.
Henne: Es hat sich alles verzögert und wir haben gespielt, als schon alle abgebaut haben.
Lorenzo: Es war sowieso schwierig da Musik zu machen. Der Sound und die Atmosphäre. Das war eine der schlimmeren Shows. Wir hatten auch mal eine Show in Frankfurt, bei der nur zehn Leute da waren, aber dort haben wir das erste Mal richtig zusammen gejammt. Deswegen war das für uns eine gute und wichtige Show.

motor: Wie wichtig ist es für euch, dass ihr Songs erst live probiert und schaut, ob sie funktionieren.

Lorenzo: Genau diese Herangehensweise verfolgen wir. Wir haben alle Songs, die wir in England aufgenommen haben, vorher live gespielt.

(Foto: Universal)

motor.de: Was war eure Lieblingsnummer, als ihr aus dem Studio gekommen seid?

Lorenzo: "This Song Remains Through All", weil er für das Album das Fundament gelegt hat. Die Nummer ist in der ersten Session entstanden und hat den Sound definiert.
Filou: Das ist unser Urlaubssong. Wir haben das Gefühl, aus der ersten Session mitgenommen. Und es wirkt immer noch, wenn ich ihn höre. Wir spielen ihn unglaublich gern live.

motor.de: Den letzten Track des Albums, die Nummer „We Don't Worry“, kennt man aus dem Schweighöfer-Streifen „Der Schlussmacher“. Wie kam es dazu?

Lorenzo: Das ging natürlich über verlagstechnische Kanäle. Aber ich weiß, dass unsere Musik bei Herrn Schweighöfer und den Leuten, die den Soundtrack mit ihm gemacht haben, schon länger auf dem Schreibtisch lag. Der Song hat ihnen wohl gut gefallen. Er war ja bereits auf der EP und kommt jetzt nochmal in einer neu eingespielten Version auf das Album. Das war uns wichtig, dass er den Sound der Platte bekommt.

motor.de: Kommt das Album auch auf Vinyl?

Filou: Ja.
Henne: Natürlich.
Lorenzo: Wir lieben Vinyl. Es ist einfach toll, so ein großes Cover zu haben.

motor: Letzte Frage, Henne, die geht an dich, weil du so wenig geredet hast. Was feiert ihr gerade an aktuellen Bands ab?

Henne: Haha. Da bist du bei mir total falsch. Ich höre fast keine aktuelle Musik. Wir sind den ganzen Tag im Studio. Da hört man nicht so viel andere Musik. Außerdem habe ich gerade mein Telefon verloren. Wenn ich Musik höre, beschäftige ich mich mit Sachen, die ich früher gemocht habe und immer noch gut finde. Viel Club-Musik, viel Techno.
Lorenzo: Aber was du zum Beispiel feierst gerade, ist doch das neue Koze-Album
Henne: Ja, Koze auf jeden Fall.
Lorenzo: Ich bin großer Fan von "Lonerism".

motor.de: Die Tame Impala davor war doch viel besser.

Lorenzo: Die sind beide geil. Außerdem hast du nach aktueller Musik gefragt und die ist ja aktueller, haha. Wir haben uns tatsächlich für das nächste Tame Impala-Konzert Karten gekauft, und wenn man selbst viel on Tour ist, ist das schon was Besonderes.
Henne: Bonobo haben wir auch noch.
Filou: Ja das ist ein jahrelanger Wegbegleiter von uns. Mögen wir sehr.

motor.de: Habt ihr noch eine Plattensammlung, oder geht das wegen des Tourens nur noch per Handy?

Lorenzo: Ich habe so viele Hip Hop-Platten, damit könnte ich mich meterdick zudecken. Eines der letzten Alben, die ich mir geholt habe, war das James Blake-Album, eine wirklich schöne Platte.

motor.de: Kein Deutschrap?

Lorenzo: Ich mit der Kolchose aus Stuttgart und den Mongos aus Hamburg aufgewachsen. Das war eine andere Zeit.
Filou: Die Orsons, Mann!! Sehr gut.
Lorenzo: Über die stolpern wir live immer wieder, wir haben erst vor ein paar Tagen mit ihnen zusammen gespielt.
Henne: Wundervolle Menschen.

motor.de: Seid ihr live disziplinierte Menschen, oder soll es schon noch Spaß machen?

Lorenzo: Zu strikt sind wir nicht. Nein wirklich nicht, haha.
Filou: Aber die Leute sollen die Songs schon noch wiedererkennen können live. Es muss schon alles klappen. Das Einsingen vor der Show ist für mich sehr wichtig.
Henne: Manchmal ist es so schlimm vor Gigs. Das ewige Warten, bis die Show beginnt.
Filou: Da kann es schon passieren, dass man eins, zwei Bier trinkt, haha.

motor.de: Habt ihr Rituale, um euch auf den Auftritt vorzubereiten.

Lorenzo: Das können wir jetzt so nicht kundgeben. Wenn du „Abby Live 2013“ in die Suchmaschine deiner Wahl eingibst, oder unsere Facebook-Seite besuchst, kannst du als aufmerksamer Beobachter Andeutungen sehen.

motor.de: Schöne Schlussworte. Danke für das Gespräch.

John Sauter

Tourdaten:
29.06.2013 Oswiecim (PL), Life Festival
12.07.2013 Bremen, Breminale
13.07.2013 Bochum, Bochum Total
18.07.2013 Gräfenhainichen, Melt! Festival
20.07.2013 Ingoldstadt, Taktraum Festival
26.07.2013 Saarbrücken, Nauwieser Viertel Fest
27.07.2013 Grossefehn, Omas Teich Festival
02.08.2013 Bad Oeynhausen, Parklichter
03.08.2013 Horb am Neckar,Mini Rock Festival
07.08.2013 Anröchte, Open Flair
08.08.2013 Oxfordshire, Wilderness Festival
10.08.2013 Oberhausen, Olgas Rock
30.08.2013 Plauen, Rampa Zampa Festival
27.- 29.09.2013 Hamburg, Reeperbahn Festival