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Frank und Tom von Adolar über einen langen Atem, Familie auf einer Wellenlänge und auswendige Muster im Proben-Take.
Mal wieder hat sich eine Band erfolgreich aus den Jugendzentren der Republik in die großen Clubs gespielt. Adolar kommen aus einem 10000-Seelen-Nest in der Altmark, haben sich in den letzten zwei Jahren mächtig reingekniet und sind mit ihrem durchaus eingängigen Konglomerat aus Emo-Punk, Indie-Rock und Post-Core derzeit in einigen CD-Spielern zu finden. Letzten Freitag erschien ihr zweites Album “Zu den Takten des Programms”, der Nachfolger ist schon in Arbeit. Wir haben uns mit Schlagzeuger Frank Mertens und Frontmann Tom Mischok getroffen, um unter Straßenbahnlärm und bei tropischen Getränken (jedenfalls für Frank) über den Stand der Dinge zu sprechen.
motor.de: Ich habe mir mal im Schnelldurchlauf angeschaut, was mit euch passiert ist, seit eurer Gründung 2008. Ihr wart relativ früh auf einschlägigen Samplern zu finden, habt extrem viele Konzerte gespielt und mit Unterm Durchschnitt ein gutes und loyales Label gefunden. Wie agiert ihr als Band? Verlasst ihr euch mehr auf gute Kontakte und Zufälle, oder packt ihr selbst an?
Tom: Also ich glaube, wir sind mit die fleißigste Band, die wir persönlich kennen (lacht).
Frank: Wir sind wirklich extrem fleißig. Am Anfang war es Glück, dass Unterm Durchschnitt uns entdeckt hat – das war noch mehr oder weniger gute Fügung. Bei den ganzen Konzerten war das dann doch sehr viel Arbeit. Tom hat damals alles gebucht, wir hatten zu der Zeit keine Booking-Agentur. Jetzt haben wir zum Glück eine, das spart viel Zeit und Nerven.
motor.de: Ihr habt lange Zeit alles selbst gemacht, bleiben da nicht Musik und Proben auf der Strecke?
Frank: Naja, also mit Adolar haben wir uns darauf besonnen, die Musik wirklich erstmal fest zu machen und viel zu proben, danach kam dann alles andere. Wir wollten Sachen, mit denen wir wirklich zufrieden sind. Und erst als wir sicher waren, dass das, was wir machen, wirklich cool ist, sind wir damit raus gegangen und haben Konzerte gespielt. Anfangs gab es da einfach nicht die Ambition, aber Tom hat so eine Art an sich, die Leute beim Booking so lange zu nerven, bis sie uns nehmen. Ich habe mich damals schon gewundert, wie er eine einmonatige Tour zusammen bekommt. Er hat vorher gesagt ‘Ich buche uns eine Tour, die einen Monat dauert’ und ich meinte ‘Klar, kannst du vergessen’. Irgendwann später dann, als er ein Semester nichts anderes gemacht hat, als zu buchen, stand dann die Tour und ich dachte ‘Boah, krasser Scheiß’.
Tom: Bei der Hälfte der Läden, wo es geklappt hat, habe ich eigentlich nur den Videolink zu “Mariokart vs. Kettcar” hingeschickt und habe gefragt ‘können wir mal spielen’. Und die, die nicht geantwortet haben, habe ich angerufen und genervt bis zum Geht-Nicht-Mehr. Es war auch gut, dass wir Captain Planet mit auf Tour genommen haben. Ich bin Fan, seit ich fünfzehn war und plötzlich ist da so ein Traum in Erfüllung gegangen, als wir plötzlich auf dem gleichen Label waren. Aber nach diesen zwei Jahren DIY-mäßig Konzerte machen, konnte ich auch einfach nicht mehr. Ich war total im Arsch, bin zu keinen Parties mehr gegangen, meine Beziehungen und Freundschaften haben am Boden gelegen, weil ich eigentlich alles für die Band getan habe.
Adolar – “Mariokart vs. Kettcar”
motor.de: Du machst die ganze Orga und die anderen lehnen sich zurück?
Tom: Anfangs war es so, dass ich das Organisatorische ins Rollen gebracht habe. Die letzten Monate habe ich mich einfach nur weggeschossen. Das ging los als wir für “Zu den Takten des Programms” im Studio waren, da hatte meine Freundin Schluss gemacht, jetzt im März, beim zweiten Album. Und dann gab es auch noch einen Wechsel in der Band. Da ging bei mir auch echt gar nichts mehr. Daraufhin hat sich Andi von unserem Label bei den anderen gemeldet und gesagt ‘Hier, jetzt seid ihr mal dran, sonst liegt ja alles am Boden’. Jetzt ist es voll geil, ich steige in den Bus, die kriegen die ganzen Anrufe von den Veranstaltern, drucken irgendwelche Dinger aus, wo wir hinfahren müssen, haben alle Infos parat, das fühlt sich noch mal um einiges besser an (lacht).
motor.de: Ihr habt jetzt euer zweites Album “Zu den Takten des Programms” fertig. Im Vergleich zu eurem ersten Wurf hat sich ja doch einiges getan. Erzählt doch mal ein bisschen was zum Werdegang.
Tom: Also erstmal hat sich natürlich beim Songwriting etwas getan. Wir haben zehn Monate an den Titeln gearbeitet. Nachdem das erste Album rausgekommen ist, wurden quasi gleich neue Ideen aufgenommen und weiter gearbeitet. Es war aber nicht so, dass wir dachten, ‘Ey wir müssen nachliefern, nachliefern’, sondern die Ideen waren eben da.
motor.de: Letztes Jahr habt ihr sehr viel getourt, hat das den Entstehungsprozess nicht ziemlich erschwert?
Tom: 2010 war wirklich krass, wir haben 64 oder 65 Konzerte gespielt, nebenbei dafür geprobt und die Songs für das neue Album geschrieben – trotzdem hat es sich überhaupt nicht nach Stress angefühlt, sondern einfach Spaß gemacht. Wir waren für die Aufnahmen gut vorbereitet und haben das Album komplett live eingespielt. Im Vorfeld bekamen wir auf unseren Konzerten das Feedback, dass die Leute zwar unser Album und die EP mochten, aber live sei es eben alles noch viel geiler. Das war eigentlich als Lob gemeint, ich habe es aber mehr als Kritik verstanden. Am Ende war es der beste Aufnahmeprozess überhaupt, es hat sich richtig toll angefühlt. Wir hatten zehn Tage eingeplant, nach vier Tagen waren wir aber schon fertig mit elf Songs. Aus Langeweile haben wir dann noch Bonus-Zeugs aufgenommen und dabei ist dann zum Beispiel auch das Bratze-Cover entstanden.
motor.de: Dazu gibt es ja sogar ein Video. Wie kam das zu Stande mit Bratze, warum habt ihr euch gerade für diesen Song entschieden?
Tom: Wir haben in Oberhausen mal den Support für sie gespielt haben. Das ist sowieso immer witzig, weil wir schon erstaunlich oft Audiolith-Support waren. Schon von Anfang an eigentlich – bei unserer zweiten Tour haben wir zwei Mal mit Egotronic gespielt und waren mit Bratze und Der Tante Renate unterwegs. Gerade mit Bratze kamen wir einfach total gut klar, haben mit denen gesoffen und Lieder gesungen. Als ich zu Hause war, habe ich mal ihren MySpace-Player durchlaufen lassen und fand “Die Auswendigen Muster” total toll.
Frank: Wir haben wirklich erst im Studio angefangen den Song zu proben. Wir hatten noch einen Tag Zeit und meinten ‘Klar, wir probieren das!’ – alles ganz unverbindlich. Wir haben dann gesagt: ‘Drück einfach mal auf Aufnahme’, danach probten wir den Song zwei/drei Stunden. Irgendwann hieß es ‘Okay, jetzt nehmen wir auf’. Und dann wurde es scheiße (lacht). Die ganzen Aufnahme-Takes waren nicht zu gebrauchen, wir haben am Ende den letzten Proben-Take genommen, weil uns aufgefallen ist, dass wir wahnsinnig viel Spaß beim Spielen hatten. Dem Rest fehlte die Stimmung.
Tom: Wir haben zwei Stunden auf Record gedrückt und am Ende stand der Song. Das war schön und eine ganz neue Erfahrung.
Adolar – “Die Auswendigen Muster”
motor.de: Was macht ihr eigentlich, wenn ihr nicht im Studio, Proberaum oder auf Tour seid?
Tom: Wir studieren alle ein bisschen und machen ein paar Nebenjobs. Micha, unser Gitarrist, arbeitet zum Beispiel gerade auf einem Mittelaltermarkt.
Frank: Er verkleidet sich dann immer als Knecht und verkauft Bratwürste (lacht).
Tom: Ich habe zum Beispiel am Wochenende einen Job in einem Autobahn-Restaurant. Jaja, das macht schon Spaß (lacht).
Frank: Es ist uns sehr wichtig, dass wir flexibel sind und dass wir Konzerte spielen können. Darauf kommt es an!
Tom: Es ist einfach gerade eine Phase, wo wir uns denken ‘Scheiß drauf!’. Andere machen gleich nach der Schule ihre Ausbildung, nehmen einen festen Job an, kaufen sich ein Auto und gründen eine Familie. Wir machen eben jetzt unser Ding. So einen Abschluss, den bekommt man immer noch irgendwann auf dem Weg zur 30 hin (lacht).
motor.de: Aus dem DIY- und Improvisations-Ding hat sich jetzt eine gut funktionierende Band entwickelt. Wie seht ihr das, wird man bewusst professioneller?
Frank: (lacht) Das kommt ganz drauf an. Wir sind zum Beispiel wahnsinnig unpünktlich und fahren aus Leipzig immer viel zu spät los.
Tom: Mit dem Bus ist das auch so eine Sache, das klappt nie. Am Ende fahren wir immer mit irgendwelchen Klapperkisten auf Tour, die wir uns von Mitbewohnern borgen. Diesen Sommer zum Beispiel. Was war das?
Frank: Ein Seat Ibiza (lacht).
Tom: Ja genau, damit sind wir nach Lingen zum Abi Festival gefahren. Überall Nightliner, dicke Zäune und Securities und wir kommen da mit dem klapprigen Seat Ibiza an (lacht). Wir wirkten bestimmt total abgefuckt – sind ausgestiegen, die Bierbüchsen fielen raus und die Leute um uns herum haben sich schlapp gelacht. Und wir so: ‘Ey, wo sind denn die anderen Bands? Wir müssen uns noch ein Schlagzeug und ein paar Amps schnorren!’ Damit fällt man natürlich ein bisschen raus. Aber der Rest, also Songwriting, Labelarbeit und das ganze Zeug drumrum ist schon sehr professionell geworden. Jetzt müssen wir eben noch erwachsen werden (lacht).
motor.de: Ihr wirkt geerdet und zufrieden. Die Atmosphäre in der Band ist also gerade sehr gut, oder trügt der Schein?
Tom: Nein, auf keinen Fall! Wir saßen neulich mit unserem Booker nach irgendeiner Show stinkbesoffen in der Kneipe, da hat Jan einen echt tollen Spruch gebracht. Der Booker fragte ihn ‘Meinst du wirklich, dass du in deinem Leben irgendwann nochmal so Leute wie Micha, Frank und Tom triffst, mit denen du so auf einer Wellenlänge bist?’ Und darauf dann Jan rotzevoll: ‘Naja, Freunde… ich weiß nicht, wie ich dir das Gefühl beschreiben soll. Hast du Geschwister?’ (seufzt) Das war echt großartig.
motor.de: Bei so viel Harmonie in der Band, wie geht es jetzt weiter? Sind schon die ersten neuen Ideen im Kopf?
Tom: Ja, wir kommen quasi frisch aus dem Studio und haben schon wieder die ersten Sachen für das dritte Album fertig, zwei oder drei sind das gerade. Keine Ahnung, es hört einfach nicht auf. Adolar ist wirklich das Finale aus den ganzen Rumspielereien, die wir im Laufe der letzten Jahre gemacht haben. Als wir mit dem Abi fertig waren und in eine andere Stadt gezogen sind, wollten wir nochmal wissen, ob wir als Band funktionieren. Wir kannten uns eben alle schon verdammt lange und haben in den unterschiedlichsten Kombinationen zusammen Musik gemacht. Naja, und wenn ich jetzt zurückschaue… Es hat sich verdammt nochmal gelohnt!
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