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Mit "Nix mehr egal" geht Ahzumjot drei Jahre nach seinem Debütalbum "Monty" all in: der Sound schärfer, die Texte tiefer und Alan scheinbar richtig bei Ahzumjot angekommen. Denn als wir ihn Anfang Juli im Hinterhof des Beat The Rich! Headquarters in Berlin treffen, sitzt uns ein entspannter Alan Julian Asare gegenüber, der sich seine Zigaretten dreht und ganz klar, bewusst und reflektiert über seine Schritte auf dem Weg zu Album #2 erzählt.
Sein Debüt Monty kam im Spätsommer 2011. Ohne Plattenfirma, in kompletter Eigenregie. Ahzumjot hat das Album selbst produziert, brannte die CDs selbst, bastelte die Booklets, legte jedem Exemplar einen unterschriebenen Sticker bei, verpackte alles in Geschenkpapier und ging dann zur Post. Schlussendlich ging Monty 4000 Mal durch das heimische Presswerk sowie Ahzumjot erst ins Vorprogramm von Casper und dann mit Cro und Rockstah auf Tour. In der Zeit zog Alan auch der Musik wegen von seiner Heimat Hamburg nach Berlin. Vermisst Du manchmal die Hansestadt? "Klar!". Aber home is schließlich where the heart is. "Ich bin meistens mit Freunden unterwegs, mit Kumpels auf Tour und habe so eigentlich immer Leute um mich herum, die mir wichtig sind. Deswegen fühlt es sich überall 'wie zu hause' an. Da ist es dann egal, ob wir in Berlin, Hamburg oder Weinheim sind."
Nach dem kompletten Alleingang mit "Monty", kam für die neue Platte "Nix mehr egal" der Major Deal. Ein großer Schritt, und damit auch großer Druck? "Von außen habe ich gar keinen Druck bekommen. Ich wollte es vor allem mir selbst beweisen." Und bloß weil die Unterschrift nun unter einem Major Deal lag, bedeutete dies für Ahzumjot nicht, alles aus der Hand geben zu müssen. Auch für "Nix mehr egal" war Alan bei jedem Schritt der Produktion und Gestaltung dabei. Wann kam also die Vision für das zweite Album? "2013- das war die Zeit, in der ich mein aktuelles Team getroffen habe: meinen Produzenten Nikolai Potthoff und DJ Levon Supreme. In der Zeit haben wir dann auch angefangen am neuen Album zu arbeiten." Immer das Große-Ganze im Kopf, den Gedanken an das Gesamtpaket von Alan und Ahzumjot. Welcher Text auf welchen Beat, wie soll das Merch aussehen, wie bringen wir die Songs vom Tape auf die Bühne. "Manchmal habe ich tatsächlich nachts die besten Ideen. Es passiert nicht ständig, aber ab und zu wache ich plötzlich auf, kritzel die Idee auf einen Zettel, murmel irgendeine Melodie in mein Handy. Und wenn ich die Tonspuren am nächsten Tag in mein iTunes ziehe und mir anhöre, denke ich: 'Was zur Hölle habe ich da eingesungen?!'". Der Song "Tag Eins" ist zum Beispiel durch einen solchen nächtlichen Geistesblitz entstanden.
Zwischen "Monty" und "Nix mehr egal" liegen mittlerweile drei Jahre. Im Zyklus des Musikzirkus eine halbe Ewigkeit und damit verdammt viel Zeit zum Nachdenken, Vergleichen und eventuell Bereuen?! Ahzumjot findet es ist alles "Gut wie es ist". Wären manche Dinge anders gelaufen, wäre er jetzt vielleicht nicht da, wo er ist. "Auf 'Monty' habe ich für den damaligen Stand der Dinge 100% gegeben. Auch wenn aus heutiger Sicht manche Dinge nicht mehr 100% beziehungsweise perfekt erscheinen- damals waren sie es für mich. Trotzdem sage ich heute: das geht besser. Und habe mit "Nix mehr egal" diese Entwicklung, den nächsten Schritt gemacht." Tatsächlich ist "Nix mehr egal" an den Stellen, an denen "Monty" noch teilweise kryptisch war, mehr auf den Punkt. Der rote Faden, der auf "Monty" noch den ein oder anderen Knoten hatte, schlängelt sich trotz teils schwerer Thematiken grazil durch die 13 Tracks des neuen Albums.
Auf dem Monty-Track "Nicht viel" wird der "geringe Unterschied zwischen Alan und Ahzumjot" berappt. "Nix mehr egal" ist wieder ein sehr persönliches Album. Wie groß ist also der Unterschied zwischen Alan und Ahzumjot 2014 noch? Alan liefert den Stoff, den Ahzumjot auf die Bühne bringt. Auf "Vier Minuten" wird Alan's Familiengeschichte erzählt, die sich auf 3.49 Minuten von Bukarest über West-Berlin nach Hamburg, über die Trinksucht des Vaters und die einengende Wirkung eines Bob Marley Song's bis nach Berlin erstreckt. Die Geschichten auf "Nix mehr egal" sind wahr, persönlich, bleiben aber immer gerade noch so abstrakt, dass nicht zu viel auf dem Papier steht. Der schmale Grad zwischen Realität und Fiktion. Eine Therapie? " Es hilft Dinge loszuwerden. Ich habe auch noch Songs, die Themen behandeln, die zu gewissen Zeitpunkten einfach rausmussten, die ich aber nie veröffentlichen würde."
"Nix mehr egal" kann aber nicht nur Tragik und Melancholie. Die Single "Der Coolste Motherfucker" beschreibt mit einem großen Augenzwinkern die Attitüde all jener Profilierungskünstler, die sich auf Parties wie eben die coolsten Motherfucker fühlen. Eine Großfühl-Attitüde die Alan nicht nur im Berliner Nachtleben, sondern auch im Social Web immernoch entgegen springt. Man sollte meinen, nach drei Jahren hätten die Hipster-Hater mal ihr Pulver verschossen und gingen sich mit ihrer Enge-Hosen-Laier mittlerweile selbst auf die Nerven. Aber auch wenn diese Diskussion schon seit längerem der Wirkung einer Packung Valium gleicht, werden YouTube-Kommentatoren ihrer anti-stylischen Ansagen nicht müde. Erst sah Ahzumjot angeblich aus wie Kid Cudi, hat sich deswegen automatisch angehört wie Kid Cudi. Heute sind einfach nur noch die Hosen zu eng und er höre sich an wie Rockstah. Es gibt nicht mehr viel zu sagen außer: "Negative YouTube-Kommentare sind mir scheiß egal."
Ahzumjot geiert nicht nach dem, was andere machen, sondern macht sein Ding. Demnach bestand für "Nix mehr egal" auch nicht der Anspruch das Sound-Rad neu zu erfinden. Alan hört seit je her viel amerikanischen Rap. Ein Einfluss der auf "Nix mehr egal" in Sachen Beatauswahl und Reimstruktur phasenweise deutlich wird. Als ich, Besitzer nur halbgefährlichem Rap-Wissens, erwähne, dass ich bei dem Track "Geschichte" vom Gefühl her einen Wiz Khalifa-Moment hatte, sagt Alan, dass es zwar keine explizite Referenz für das Album war, er aber schon mal das Feedback bekommen habe, das Album klinge stellenweise amerikanisch.
Alan ist großer Kanye West Fan. Was also tun, wenn man einen Tag Kanye sein könnte? "Sich von Kim Kardashian scheiden lassen!"- anstatt mit übergroßem Ego die Bottle zu poppen oder andere Schienen des Kanyeschen Dekadenzexpress zu fahren. Gleichzeitig räumt Alan ein, dass Kanye zwar arrogant sein mag, aber die Konsequenz, mit der er hinter seiner Musik und dem, was er macht, steht, schon beeindruckend sei. "Aber ich will nicht wie Kanye sein".
Auf seiner linken Hand ist zwischen Daumen und Zeigefinger der Code 8701 tätowiert. Bloßer Zufall, dass es auch auf "Nix mehr egal" einen Track mit dem Titel "8701" gibt, der ganz offensichtlich die tiefe Zuneigung zu einem Mädchen portraitiert? Der Jahrestag wird es kaum sein, denn '87 war Alan noch nicht geboren. Und auch der 8. Juli 2001 erscheint als Datum für das erste Date eher unwahrscheinlich. Was ist also die Geschichte? "8701 ist ein Album von Usher, zu dem meine Freundin und ich uns kennengelernt haben." Et voilà – das nächste Puzzleteil auf "Nix mehr egal", das zusammen mit den anderen 12 Songs das große Foto von Alan's und Ahzumjot's Geschichte bildet.
Mittlerweile sind wir vor murmelgroßen Regentropfen aus dem Kreuzberger Hinterhof auf die Küchencouch geflüchtet, wo 2/5 von Kraftklub auf der Suche nach Müllbeuteln durch den Raum wuseln, auf Alan zeigen und rufen: "Das ist n' Guter!". Ich sage: "Ich weiß."
(Fotos: Christopher Voy)
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