Indie-Poprock-Sängerin Alex Winston über ihre Heimat Detroit, ihren Arbeitseifer und jede Menge Spaß auf der Bühne.

Ihre Melange aus Folk, Rock und nicht zuletzt ein paar kräftigen Schüssen Pop reißen live wie auf CD mit. Waren Alex Winstons erste musikalische Gehversuche noch Cover-Versionen bekannter Rocksongs, hat sie mit dem New Yorker Produzenten-Duo The Knocks (Ellie Goulding, Chromeo) mittlerweile 3 EPs veröffentlicht – kein schlechter Schritt für die 23-Jährige. Im motor.de-Interview verriet uns Alex nach ihrem Auftritt auf dem Berlin Festival, wie sie es mit dem Publikum der Großstädte hält, was auf ihre derzeitige Veröffentlichungswelle noch folgt, und welche Rolle dabei ihre musikalische Früherziehung spielt.

motor.de: Hallo Alex! Du bist heute zum zweiten Mal hier in Berlin. Wie sind deine Eindrücke von der Stadt?

Alex: Ich liebe es hier! Ich möchte sehr gern hier hinziehen. Ursprünglich komme ich aus Detroit – diese industrielle Atmosphäre, die hier ab und an aufblitzt, erinnert mich sehr an meine Heimatstadt. Bisher habe ich aber leider noch nicht so viel in Berlin entdecken können. Letztes Mal sind wir nach einer Show zwar ein wenig herumgelaufen, aber generell habe ich aufgrund der Tourpläne selten Zeit und möchte mal länger hier abhängen.

motor.de: Lass uns doch mal über deinen Gig reden. Deine Musik kommt auf der Bühne noch viel energiegeladener rüber als man es vermuten würde, wenn man deine CDs hört. Das weißt du auch durch deine energetische und fast schon schauspielerische Performance zu unterstützen…

Alex: Oh wirklich? Ich werde in dem Zusammenhang eigentlich ungern als Schauspielerin bezeichnet, ich kann Schauspielerinnen nicht ausstehen. Aber es stimmt schon, bei Auftritten versinke ich wirklich oft in der Musik. Manchmal kommt das sicher ein wenig over-the-top rüber, aber letztenendes will ich einfach, dass die Zuschauer eine gute Zeit haben. Meine Mitsängerin und ich, wir kennen uns schon seit einer halben Ewigkeit und haben auch auf der Bühne unglaublich viel Spaß. Das möchten wir in gewisser Weise porträtieren – und freuen uns natürlich, wenn sich das auf das Publikum überträgt.

motor.de: Ja, mit dieser Taktik hast du wirklich Erfolg gehabt! Ich wollte dich jetzt eigentlich fragen, ob du zwischen Schauspielerei und Musik eine Verbindung siehst, da du ja auch selbst in deinem Clip “Velvet Elvet” mitspielst, aber diese Frage hast du ja teilweise schon beantwortet.

Alex: Ja, in meinem Clip zu “Velvet Elvis” lasse ich viele Aspekte von meinem Livespiel einfließen. Es ist sehr interessant, weil viele Menschen zuvor nur Akustikvideos von mir gesehen haben. Da sitze ich ja nur mit einer Gitarre herum und spiele ganz andächtig. So bin ich aber eigentlich gar nicht. Meine Lieblingsmusiker sind deswegen auch Chuck Berry oder Little Richard – Leute die wirklich performen und in ihren Liveshows aufblühen. So fühle ich mich auch. Deshalb sind sicher auch viele Leute überrascht, die bisher nur meine Akustikvideos gesehen haben.

Alex Winston – “Velvet Elvis”

motor.de: Von deiner Live-Performance war ich auch sehr positiv überrascht, auf Platte hören sich die Songs sehr poppig an und auf der Bühne wird noch mal eine ganz andere, energetische Richtung eingeschlagen.

Alex: Genau das ist es auch, worauf ich mit den aktuellen EPs hinaus will. Es war wirklich ein Fortschritt: Zum ersten mal hatte ich dieses riesige Studio mit all den Instrumenten. Ich konnte mit den Instrumenten wirklich kreieren was ich wollte. Während die ersten Akustiksongs noch im Schlafzimmer aufgenommen worden sind, wollte ich nun eben ein bisschen wachsen, gemeinsam mit der Kunst.

motor.de: Deine erste EP beinhaltet ja die sogenannten “Basement-Covers”: Wie kam es zu der Idee und gibt es bereits Reaktionen der Künstler, die du gecovert hast?

Alex: Leider hat sich bisher noch keiner gemeldet. Es war eigentlich nur ein Just-For-Fun-Projekt und hat sich eher zufällig ergeben, beim Basteln an Demo-Songs. “Oh – dieser Song klingt ja wie “Play With Fire” von den Rolling Stones!” Dann habe ich es ein paar Freunden geschickt, die es sehr mochten. Kurz darauf habe ich entschieden, noch ein paar mehr Songs aufzunehmen und das alles dann als Gratis-Download zu veröffentlichen. Meine aktuelleren Songs sind, wie du ja schon sagtest, energetischer geworden.

motor.de: Trotz der Energie auf der Bühne war das Publikum eher verschlafen, kam mir so vor.

Alex: Oh, die Leute waren besser als andere zuvor! (lacht) Weißt du, ich war ja neu für viele hier und viele wussten gar nicht wer ich bin. Von daher haben sie schon einen guten Job gemacht! Vielleicht kam es dir ja auch so vor, weil es noch so zeitig war und alle noch nicht betrunken waren. (lacht)

motor.de: Gibt es für dich einen Unterschied zwischen dem amerikanischem und dem deutschen Publikum?

Alex: Also länderspezifisch kann ich das gar nicht beurteilen, aber mir ist aufgefallen, dass Konzerte in unterschiedlichen Städten auf jeden Fall verschieden rezipiert werden. In New York zum Beispiel oder London, sicherlich auch Berlin, gibt es so viel mehr Musik als in kleinen Städten. Durch die große Anzahl an Bands sind auch unterschiedlichste Musik-Genres salonfähig. Bei solch einer großen Auswahl an Gigs in Großstädten gibt es eben auch mehr Möglichkeiten, sich für etwas zu begeistern.

motor.de: Besonders die Stadt in deren Nähe du geboren bist – Detroit – hat ja eine wichtige musikalische Vergangenheit. Gibt es einen speziellen Grund, wieso du dennoch weggezogen bist?

Alex: Eigentlich wollte ich nicht aus Detroit ziehen, ich liebe Detroit! Jedoch gibt es dort leider nicht so viele Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung. Musik schreibe ich nun schon so seit ich sechzehn bin, aber die Produzenten, mit denen ich dort zusammengearbeitet habe, wollten immer, dass ich genau so klinge wie sie es möchten. Daran war ich nicht wirklich interessiert. Fünf Jahre später habe ich schließlich aus New York eine Möglichkeit zur Selbstverwirklichung angeboten bekommen und diese auch sogleich genutzt. 

motor.de: Du hast eine klassische Gesangsausbildung. Wie kommt der Sprung in die Indie-Popszene?

Alex: Ich hab dieses Opernzeug nie so wirklich gemocht. Ich weiß es zwar wertzuschätzen und finde es auch ganz schön, aber das ist nichts für mich. Meine Mutter wollte immer unbedingt, dass ich Opernsängerin werde und hatte auch Kontakte in die Szene hinein. So hat es mit dem Gesangsunterricht für mich angefangen als ich zehn Jahre alt war. Ich hab zwar eine sehr gute Beziehung mit meiner Lehrerin gehabt – so gut, dass sie quasi zu einem Mitglied der Familie wurde für mich – doch es war letztenendes nicht mein Ding. Obwohl ich dadurch natürlich stimmlich sehr gut trainiert wurde.

motor.de: Die letzten Monate hast du ja einen ziemlichen Output hingelegt. Wenige Monate nach deinen Basement-Covers hast du schon zwei weitere EPs und eine Remix-EP veröffentlicht. Das lässt dich ganz schön eifrig erscheinen.

Alex: Ja, Ich bin wohl ziemlich begierig, neue Musik zu veröffentlichen (lacht). Mit der EP “Sister Wife” war ich aber im Nachhinein gesehen, wohl ein wenig zu hastig. Da habe ich noch eher herumprobiert und überlegt, was ich wirklich möchte und wie ich klingen will. Da habe noch ein bisschen mehr experimentiert.

motor.de: Nun ist die Nachfolge-EP “Velvet Elvis” draußen. Wie lange hat es gedauert, um sie aufzunehmen?

Alex: Es hat nur zwei Tage gedauert! Das ging alles wirklich ziemlich schnell. Ich habe die Idee dazu bereits in Detroit gehabt und dank einem guten Draht zu meinem Produzenten ging es alles schnell vonstatten. Sie klingt meiner Meinung nach so, wie mein erstes Album auch klingen könnte.

motor.de: Ist in naher Zukunft etwa noch eine Scheibe auf Albumlänge geplant?

Alex: Also ich habe noch vor, eine weitere EP herauszubringen. Aber das wird auch wieder ein Just-For-Fun-Projekt sein, was ich kostenlos veröffentlichen werde, mit mindestens wieder einer Coverversion. Es ist aber schon ein Album in den Startlöchern! Ich warte nur noch darauf, bis es endlich veröffentlicht werden kann.

Interview: Danilo Rößger