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Die Musik der lebenden Toten

Eigentlich war es ja schon vage für den Frühling dieses Jahres angekündigt – nur um dann von dem ebenso überraschenden wie verwirrenden doch-noch-Dresden Dolls-Gemeinschaftswerk “No, Virginia…” quasi veröffentlichungstechnisch überholt zu werden. Nun aber ist es soweit, und mit “Who Killed Amanda Palmer” gibt es das Solo-Debüt der Pianistin, Sängerin und – wie genaueres Anhören von “WKAP” unschwer erkennen lässt – offensichtlich auch kreativen Kraft der Dresden Dolls. Wir trafen die kurzweilige Kurt Weill-Verehrerin in Hamburg kurz vor ihrem aller ersten Solo-Konzert in Deutschland.

Amanda, Dein erstes Solo-Album heißt “Who Killed Amanda Palmer”. Was steckt da noch drin, neben der offensichtlichen Twin Peaks-Referenz? Auf Deiner YouTube-Seite gibt es ja zu jedem Song der Platte ein Video, und beim Betrachten von manchen könnte man denken, dass es gewissermaßen um den Tod der “Amanda Palmer, wie wir sie bisher kannten” ging, natürlich im übertragenen Sinne.

Amanda Palmer: Dies war das erste Mal, dass ich alles alleine hinkriegen musste. Ich musste also vieles anders angehen, wie zum Beispiel hier einen Teil der Kontrolle abgeben, dort Verantwortung übernehmen. Überhaupt musste ich meine Sichtweise auf viele Dinge komplett neu erfinden! Alleine, ohne Brian [Viglione, Anm. d. Red.] – in gewisser Weise bedurfte das tatsächlich einigen inneren ‘Mordens’.


Viele fragen sich sicherlich jetzt, ob Du mit dieser Platte nicht eher die Dresden Dolls “ermordet” hast – wie sieht es in der Hinsicht aus, die Zukunft der Band betreffend?

Ich wünschte, ich hätte die Antwort auf diese Frage – ich weiß es nicht! Brian hat mich sehr bei der Arbeit am Album unterstützt, mir viel Feedback gegeben und gesagt, dass es ihm gefällt. Außerdem: Wenn man sich das Cover der Platte genau anschaut, sieht man dort mich und meine Hand, die eine andere Hand berührt. Das ist Brians Hand! Damit wollten wir ausdrücken, dass wir einander immer noch sehr verbunden sind, auch wenn wir uns gegenseitig wahnsinnig machen und er mich für dieses Projekt “gehen” ließ. Die Band ist im Moment einfach im Erschöpftheits-Modus. Brian spielt mit seiner anderen Band, der World/Inferno Friendship Society – sie sind unglaublich – und ich mach mein Ding alleine…

Amanda Palmer – Astronaut

So ganz alleine bist Du ja die Platte dann doch nicht angegangen, oder? Nicht nur, dass am Ende eine stattliche Anzahl von Gästen (u.a. Annie Clark a.k.a. St. Vincent, East Bay Ray von den Dead Kennedys und Zoë Keating) darauf zu hören sind, produziert hat die Platte Ben Folds. Der ist ja nun auch einer der wenigen “coolen” Pianisten der Rock-Szene. Gab es deswegen Reibereien?

Nun, wenn er ein genialer Gitarrist, Songwriter oder schlicht Produzent gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich immer noch “ja” gesagt. Aber ehrlich gesagt hatte ich sogar gehofft, er würde auf meiner Platte Klavier spielen, denn wir haben uns “auf Klavier” unterhalten… Letzten Endes spielte er aber nicht das Klavier, sondern die Keyboards und Synthesizers, wie zum Beispiel auf “Guitar Hero” oder “Astronaut”. Ich bat ihn ausdrücklich, Klavier zu spielen, und bei dem Song “Astronaut” gab es einen Klavier-Part, den er mir vorspielte, um mir zu zeigen, wie er sich das vorstellte. Es klang unglaublich, aber er wollte ihn nicht aufnehmen! Ich sagte: “Ben, spiel den beschissenen Teil einfach ein! Du kannst das besser als ich.” (lacht) Aber er blieb hart: “Nee, du machst das!” (lacht)

Ralph Schlegel

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