Ein Zeigefinder löst sich vom umklammerten Bier und schwebt mitsamt des Armes nach oben. Er zeigt zur Decke des Berliner Postbahnhofes. „Abgespaced“, denke ich, das ist der richtige Ausdruck. „Ja, der tanzende Wicht vor mir hat es begriffen.“

Ich selbst bin mir noch nicht so sicher. „BEST BAND IN THE WORLD. And you Germans should learn how to party“, schreibt ein User nachher im Internet. Vielleicht hat auch er recht, denn gewiss zähle ich zu den 80 Prozent der Zuschauer, die während der Show nicht viel mehr tun können, als wie betäubt die Musiker anzustarren. Da ist der „Geologist“ zu bestaunen, wie er mit der obligatorischen Stirnlampe auf dem Kopf an den Reglern seiner Sampler, Miditasten und was weiß ich noch für Geräten schraubt. „Avey Tare“ in der Mitte, mal nur mit Mikro, mal als „Gitarrist“, an den Tasten oder auch an einem halben Schlagzeug. Auf der rechten Seite hat sich „Panda Bear“ hinter einem Berg elektronischer Geräte verbarrikadiert, die auch er manchmal zugunsten eines Beckens und einer Tom verlässt.

Animal Collective – “In the Flowers” (Hove Festival 2008)

Bei soviel Stoff fürs Auge (besonders die grell-bunte Lichtshow blendet) fällt es schwer, sich nur auf die Musik zu konzentrieren. Als multitasking-unfähiger Mensch stehe ich lieber mit offenem Mund da und versuche herauszufinden, was die Jungs dort eigentlich machen. Ein Druck auf ein Pad ist gleich ein Sound, sollte man meinen. Diese Rechnung geht aber zu selten auf. Selbst die Töne der Gitarren kann man nur mit Mühe von der Vielzahl der elektronischen Klänge unterscheiden, die in der Halle von Wand zu Wand schallen. Aus diesen Schnipseln tauchen gelegentlich bekannte Songs auf. „In The Flowers“ ist als Einstieg sehr gut gewählt, „Leaf House“, natürlich „My Girls“ und „Fireworks“ stechen heraus. Die Band jammt einfach. Höchsten alle drei Lieder ist mal Zeit für Applaus, der in völlig unerwarteter Stärke losbricht, betrachtet man die versteinerten Menschen während der Songs.

Animal Collective – “Summertime Clothes”
(Hove 2008)

Abtanzen ist bei Animal Collective in der Tat schwer möglich. Einzig bei „Summertime Clothes“ taucht eine technoide Bass Drum auf. Die Masse kommt in Bewegung, gerät aber mit dem nächsten Umschichten des Songs wieder durcheinander. Es ist überhaupt ein verwirrender Abend. Als das Konzert plötzlich endet, erwache ich aus einem trance-artigen, transzendenten Zustand. So schnell können knapp zwei Stunden vergehen. Irgendwie bin ich aber auch froh, dass die hochfrequenten Echos und Geräusche nicht mehr um mich kreisen. Das machen sie noch lange genug in meinem Kopf. Abgespaced…