Musik, die sogar die Künstler selbst traurig werden lässt, und für die man eine wahnsinnige Geduld braucht. Klingt gut, oder? Ein Interview mit Arms and Sleepers.
Die aus Boston stammenden Max Lewis und Mirza Ramic machen als Arms and Sleepers Musik, die berührt. Ob nun fröhlich, was die Beiden überhaupt nicht nachvollziehen können, oder traurig – das aktuelle, 2009 erschienene Album “Matador” fährt voll auf der Gefühlsschiene, ohne dabei jedoch kitschig oder ausgeleihert zu klingen. Vor der beeindruckenden Show in Leipzig nahmen die Ambient Künstler sich Zeit für ein Gespräch mit motor.de.
motor.de: Ihr habt beide mit klassischer Musik angefangen – wie kamt ihr dazu, das Ganze elektronischer anzugehen?
Mirza: [überlegt] Max, kannst du da was dazu sagen?
Max: Ich weiß nicht. [überlegt] Das hat mich noch nie jemand gefragt. Ich muss erst darüber nachdenken. [überlegt] Ich glaube, es war keine bewusste Entscheidung. Nein, ich kann es nicht erklären, tut mir leid.
motor.de: Eure Musik wird oft als Mischung aus unglaublicher Freude und totaler Depression beschrieben – stimmt ihr da zu?
Mirza: Freude? Wow. Nein, das finde ich überhaupt nicht. Das überrascht mich wirklich. Unsere Musik ist sehr traurig, und das eigentlich durchgehend. Findest du sie fröhlich, denkst du auch so darüber?
motor.de: Ich finde eher, sie verstärkt das Gefühl, das man ohnehin bereits hat – wenn man glücklich ist, macht sie glücklicher, wenn man traurig ist, trauriger.
Mirza: Ja, da kann ich vielleicht schon eher zustimmen. Das ist etwas Gutes. Aber generell finde ich das was wir machen wirklich eher traurig. Vielleicht liegt diese Freiheit auch darin, dass vieles instrumental ist und man nicht von Texten beeinflusst wird. Das gibt dem ganzen mehr Raum, ein größeres Gefühlsspektrum ist möglich. Wobei es auf dem neuen Album viel mehr Text gibt. Für mich ist unsere Musik wirklich traurig. Ich werde dabei auch selbst traurig.
motor.de: Wie entstehen die Gesangsparts in euren Songs?
Mirza: Wir zeigen die Musik einem Sänger oder Freunden von uns, und die schreiben dann einen Text. Wir haben meistens Ideen dazu oder eine gewisse Vorstellung, um was es sich handeln soll. Die Musik ist natürlich mit einem gewissen Bild oder Gefühl im Kopf entstanden. Doch genaue Vorgaben geben wir nicht. Bisher waren wir auch immer sehr zufrieden und konnten uns dann auch mit den Lyrics identifizieren.
motor.de: Gibt es irgendwelche Musiker oder Sänger, mit denen ihr gerne zusammen arbeiten würdet?
Mirza: Generell sind wir da für alles offen, ob Sänger oder nicht. Ich würde gerne etwas mit Damon Albarn, dem Typen von Blur und den Gorillaz, machen.
Max: Hast du die neuen Gorillaz Sachen gehört?
Mirza: Nein. Du?
Max: Ja. Ich habe ungefähr dreiviertel des neues Albums gehört. Und ich muss leider sagen, ich bin eher enttäuscht.
motor.de: Eure Live-Shows unterscheiden sich ziemlich von normalen Konzerten…
Mirza: Ja das stimmt. Obwohl auch bei uns manchmal Leute rumspringen, das ist komisch [lacht]. Oft sitzen die Leute einfach da und hören zu. Es kommt auch darauf an, was für ein Set wir spielen, ob es eher Upbeat ist oder mehr Ambient.
motor.de: Bekommt ihr denn viel von den Reaktionen eures Publikums mit?
Max: Nein, um ehrlich zu sein gar nicht. Wir schauen nicht mal hoch.
Mirza: Wir konzentrieren uns nur auf die Musik. Wir reden auch während den Konzerten fast nichts.
motor.de: Ihr installiert immer eine sehr aufwendige Slide Show zu den Konzerten…
Max: Ja. Einige der Bilder erzählen eine Geschichte, andere nicht. Ein Freund von uns macht das meiste davon. Wir geben ihm die Songs und sagen ihm um was es geht oder was unsere Gefühle dabei sind, und daraus macht er dann irgendetwas.
Mirza: Es ist eine Kombination aus Geschichten, die mit den Songs zu tun haben und einfach nur Stimmungen, die das Gefühl der Stücke reflektieren.
Max: Manchmal ist es sehr vage, es ist alles offen für Interpretationen. Das ist für mich sehr wichtig, um den Leuten auch Raum zu geben, ihre eigene Geschichte einzubringen.
motor.de: Ihr macht mit dem Projekt Audio Cinematic auch viel Musik für komerzielle Zwecke, könnt ihr dazu ein bisschen erzählen?
Mirza: Ja, das ist die Seite unserer Musik, die sich auf Film oder Werbeprojekte konzentriert. Es hat mit Arms and Sleepers eigentlich nicht wirklich etwas zu tun. Das ist die Band, die auf Tour geht und Alben veröffentlicht, und bei Audio Cinematic machen wir Musik, um davon leben zu können. Das ist wohl unser Wunschtraum einer Karriere. Wir machen viele Demos und Videoclips mit Musik zu Filmen, die es bereits gibt, um darzustellen, wie wir die Bilder interpretieren würden, und manches wird auch für Werbung verwendet.
motor.de: Wenn ihr euch einen Film aussuchen könntet, für den ihr den Soundtrack beisteuern sollt – welcher wäre das?
Max: Das ist schwer zu sagen. Etwas, zu dem es noch keinen Soundtrack gibt im besten Falle. Aber die Filme von Pedro Almodóvar gefallen uns eigentlich immer, das wäre toll.
motor.de: Denkt ihr, dass eure Musik schwerer aufzunehmen ist, vielleicht auch weil sie sehr intrumentell ist?
Mirza: Ja, das denke ich doch. Unsere Musik ist oft sehr langsam oder leise, und man braucht eine gewisse Geduld um sich das anzuhören. Wenn die Leute in Clubs gehen, wollen sie oft einfach nur tanzen und Spaß haben. Das ist zu unseren Songs oft nicht möglich. Aber ich würde uns nicht mehr als Instrumental-Band bezeichnen. Ambient, ja, aber nicht Instrumental. Wir wollen ohnehin nicht so gerne einem Genre zugeordnet werden. Obwohl wir Instrumental sehr mögen, es gibt so viele tolle Bands, die das machen und nicht wahrgenommen werden. Obwohl ich nicht behaupten würde, dass ich persönlich instrumentales lieber höre.
Max: Nein, ich auch nicht. Manchmal möchte ich auch einfach nur einen schlechten Pop Song mit Lyrics hören. Das kommt ganz darauf an.
Mirza: Wir hören sehr viel Filmmusik, die ist dann natürlich eher instrumentell gehalten. Aber eigentlich ziehe ich Vocals dem vor.
Interview: Juliane Sondermeyer
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