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Amerika als musikalischer Fixstern strahlt noch immer hell am Pop-Himmel. Doch während sich der Großteil junger Bands an den Szeneknoten in Brooklyn und LA orientiert, interessieren sich Baby Universal mehr für die Strecke dazwischen.
Mit Chamäleons ist das so eine Sache. Schon praktisch, seine Augen überall zu haben und bei Bedarf einfach mit dem Hintergrund verschmelzen zu können. Andererseits will man natürlich auch gesehen werden, wenn es darauf ankommt. Und hier kommen Baby Universal ins Spiel, eine Band, deren vornehmster Auftrag zu sein scheint, ihren Sänger mit all seinen Qualitäten sichtbar zu machen. Der heißt Cornelius Ochs, ist ein Frontmann klassischen Zuschnitts, und verbrachte genau wie die possierlichen Reptilien einige Zeit in der Wüste, wo er offenbar denselben Gespenstern über den Weg lief wie Jim Morrison vor ihm. Sehnsucht und Exzess – zwischen diesen beiden Polen rangiert eh die ganze menschliche Erfahrung, und Ochs hat sich eindeutig vorgenommen, besonders unverkrampft davon zu singen. Bei Baby Universal ist alles nämlich etwas größer als die Realität, hat alles eine romantische Schlagseite, die genießerischerweise auch noch einen Zug von Melancholie in sich trägt.
Passend dazu gebärdet sich der Sänger als wankelmütiger Streuner vom Typ Beautiful Loser, der schon vor langer Zeit zu einem Leben als Spielball seiner eigenen XL-Seele verurteilt wurde. Die Stimme dazu hat er definitiv: fordernd, autoritär, waghalsig und lasziv. Extrovertiert. Das gesamte Repertoire, das im postironischen Zeitalter eigentlich aus der Mode gekommen sein sollte, ist bei Baby Universal ohnehin wohlauf und erfreut sich bester Gesundheit. Das gilt auch für die Musik, einen unwahrscheinlichen aber ebenso lebensfrohen Hybriden aus cooler 80s-Ästhetik und klassischem Gitarrenrock, der auch schon mal die staubigen Füße auf den Tisch legt. Respektlos wird es dabei trotzdem nie.
Die zehn Stücke ihres Albums “Baby Universal” sind nämlich allesamt in die Innentasche der glamourösen Rockhistorie eingenäht und gleichzeitig weit entfernt von Muckertum und anachronistischer Prahlerei. Höchstwahrscheinlich liegt das an einer Band, deren Newcomerstatus eigentlich nicht herauszuhören ist, und deren Vielseitigkeit in ein Selbstbewusstsein mündet, mit dem man eigentlich an jedem Türsteher des guten Geschmacks vorbeischlendern kann. Surfgitarren in “Boys and Girls”, schwüle Sexiness in (ausgerechnet) “Mother” und allerhand musikalisches Konfetti in “Dance Radio” – alles drauf auf der Palette, und vermalt mit größtenteils elegantem Strich. Dass Baby Universal übrigens aus Deutschland kommen und ihre Starthilfe einst von der VW Sound Foundation bekamen, bleibt ein Geheimnis. Gutes Chamäleon.
Michael Haacken
Baby Universal – “Baby Universal”
VÖ: 20.08.2010
Label: dreaminc Records / EMI
Tracklist:
01. Heartrightout
02. A Ghost is in the House
03. Bye Bye Love
04. Alright in the Air
05. Dancing Witches
06. Black Sun Roll
07. Dance Radio
08. Mother (can you hear me)
09. Boys and Girls
10. Girls Of Mars
Baby Universal live:
23.07.2010 Freiberg – Sun Flower Festival
24.07.2010 Luckenwalde – Sky Way Jam Festival
14.08.2010 Gorgast – Oboa Festival
25.09.2010 Wolfsburg – Hallenbad
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