Das Leben ist kein Ponyhof und Beach House können ein Lied davon singen.
Mit “Teen Dream” veröffentlicht das Duo aus Baltimore einen Longplayer, der die Teenagerzeit zurückholen und dem Erwachsein entfliehen will. Wie das geht, erklären sie im motor.de-Interview.
Vor ein paar Monaten residierte Devendra Banhart anlässlich diverser Interviews in Deutschland und erzählte jedem Journalisten ungefragt, wie großartig Beach House seien und was die Musik des befreundeten Duos ihm bedeute: “Hast du deren Platten schon einmal gehört? Das ist genau die Art von Emotion, die ich immer versuche hinzubekommen“, schwärmte der Freak Folk-Pionier seiner Zeit und konnte die Begeisterung kaum versteckt halten.
Hierzulande hatten Beach House zum damaligen Zeitpunkt zwei Alben veröffentlicht und rangierten als “Geheimtipp” in den Gazetten. Mehr schien ihnen nicht vergönnt – doch darauf angesprochen, reagiert Sängerin Victoria Legrand gelassen: “Bei uns ging es nie darum in großen Stadien zu spielen. Wir wollen nicht die zweiten Roxette werden“, lacht die brünette Frontfrau während sich Bandkollege und Soundtüftler Alex Scally über das Lob von Banhart freut, “hätte er nicht tun müssen, echt nett von ihm.”
Eine fast beneidenswerte Gelassenheit zeichnet die beiden Beach House-Mitglieder während unseres Gesprächs aus und macht auch ihr neues, drittes Studioalbum “Teen Dream” so unwiderstehlich: Lang gezogene Basspuren, knarrende Drums, fragile Gitarrensounds und ein Gesang, wie er engelsgleicher kaum sein könnte. Gewohnt brillant möchte man meinen und doch gibt es Überraschendes zu verkünden – im Vergleich zum 2008 veröffentlichten Vorgänger “Devotion” wurde die Fließgeschwindigkeit spürbar erhöht, die Platte einen Tick straighter aufgenommen.
motor.de: War es von Anfang geplant, dass “Teen Dream” eine andere Seite von Beach House präsentiert. Getreu dem Motto: Wenn nicht jetzt wann dann?
Victoria Legrand: Ich möchte von keinem Konzept sprechen, aber der LoFi-Charakter unserer ersten beiden Platten sollte mehr in Richtung klassische Instrumentierung gehen.
Alex Scally: Es sind diesmal halt weniger Computer programmierte Drums zum Einsatz gekommen. Wir haben dafür einen befreundeten Musiker ins Studio geholt und der hat dann das Schlagzeug einspielt. Was jedoch nicht heißt, dass es einen offensiven Willen zur Veränderung gab.
Victoria Legrand: Genau, manche Parts haben wir wie gewohnt mit Samples und Loops eingespielt.
motor.de: Trotzdem fällt auf, dass ihr gerade auf textlicher Ebene einen Schritt in die eigene Vergangenheit wagt.
Alex Scally: Wirklich? Das sehe ich nicht so.
Victoria Legrand: (überlegt) Ich muss hingegen zustimmen. Beim Schreiben der Texte fiel mir auf, wie wichtig es ist, dass man seine Teenagerzeit nie vergisst und öfter mal schaut, was aus den Wünschen und Vorstellungen von einst geworden ist. In meinem Fall hat sich vieles bewahrheitet. Ich bin Musikerin geworden und kann davon meinen Lebensunterhalt verdienen.
Alex Scally: So gesehen richtig – der Traum wurde Realität. Doch nicht wenige sind im Zeitalter illegaler Downloads ernüchtert, denn der gern zitierte Mythos des weltweit bekannten und zugleich reichen Rockstars ist vorbei. Die Realität sieht anders aus. Musiker zu sein ist kein Zuckerschlecken.
motor.de: Stimmt, in den Staaten habt ihr zum letzten Album “Devotion” eine ausverkaufte Tour gespielt, Europa scheint dagegen ein härteres Pflaster!
Victoria Legrand: Ganz und gar nicht. Wir machen ja nicht auf dicke Hose und beschweren uns darüber, dass hierzulande nur hundert zahlende Gäste in die Clubs kommen. Wer Musik macht und hofft, davon irgendwann leben zu können, hat den falschen Beruf gewählt. In erster Linie sollte man sich freuen, wenn es auf einem anderen Kontinent Menschen gibt, die deine Songs hören und deine Arbeit schätzen. Darum geht es, nicht um ein dickes Portemonnaie.
Gelassen und bescheiden, vielleicht die falschen Koordinaten um im Big-Business eine Bilderbuch-Karriere hinzulegen – doch Beach House geht es um Musik, Songs und künstlerische Freiheit. Ihr Album “Teen Dream” ist ein weiterer Beweis, arbeitet sich an Wunsch und Wirklichkeit ab und ist dabei genauso sensibel und empfindsam wie die Macher selbst.
Marcus Willfroth
VÖ: 19.02.10
Label: Bella Union/Cooperapive/Universal
Tracklist:
01. Zebra
02. Silver Soul
03. Norway
04. Walk In The PA2k
05. Used To Be
06. Lover Of Mine
07. Better Time
08. 10 Mile Stereo
09. Real Love
10. Take Care
Beach House auf Tour
25.02.10 Berlin – Roter Salon
03.03.10 Hamburg – Molutov
04.03.10 Leipzig – UT Connewitz
05.0310 München – Feierwerk
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