In der Filmbranche dreht sich derzeit alles um die Berlinale. Welche Stars finden den Weg nach Berlin? Wer darf sich Hoffnungen auf die Goldenen und Silbernen Bären machen? Wie lange macht Dieter Kosslicks Gesundheit noch das stressige Partyhopping mit? Und wer hat welchen Film gesehen?

Die Chance ist groß, dass man in der Hauptstadt derzeit Produktionen zu sehen bekommt, die es danach nie wieder zu sehen gibt. Dass irgendwo sobald wieder der vierstündige japanische Forumsbeitrag „Love Exposure“ gezeigt wird, darf man jedenfalls ebenso bezweifeln wie dass die mitunter nur halbstündigen Höhepunkte der Perspektive Deutsches Kino irgendwo ein Zuhause finden. Es würde einen nicht einmal wundern, wenn es sogar die leicht missglückte Dramödie „Happy Tears“ nicht in die Kinos schafft. Dabei spielt da immerhin Demi Moore mit!

„The International“

Doch selbstverständlich gilt diese Aussichtslosigkeit nicht für alle Festivalfilme, so dass auch der reguläre Kinogänger in dieser Woche ein wenig teilhaben kann am Berlinale-Feeling. Mit „The International“ läuft nun jener Film an, mit dem vergangenen Donnerstag am Potsdamer Platz alles losging. Tom Tykwer versucht sich nach „Das Parfum“ noch einmal auf Englisch und schickt dafür Naomi Watts sowie einen arg zerknautscht aussehenden Clive Owen in den Kampf gegen eine „bad bank“. Herausgekommen ist dabei zwar nicht der Film zur Finanzkrise, wie manch übereifriger Feuilletonist behauptete, aber immerhin ein tadellos aussehender Paranoia-Krimi, der hier und da sogar Spannung entwickelt.

„Effi Briest“

Auch „Effi Briest“ feierte Premiere auf der Berlinale, wenn auch nur in der Reihe „Berlinale Special“, wohin in diesem Jahr scheinbar all die Filme abgeschoben wurden, die von der Festspielleitung als fast, aber nicht ganz wettbewerbstüchtig erachtet wurden. Aber sei es drum, die hier wieder wunderbare Julia Jentsch hat ja schon mal einen Bären gewonnen. Und dass sich das Ende dieser konventionellen, aber unterhaltsamen Klassiker-Adaption frappierend von der Vorlage Theodor Fontanes unterscheidet, hätte das internationale Publikum vermutlich ohnehin nicht mitbekommen.

„Er steht einfach nicht auf Dich“

Wer nun befürchtet, dass es in dieser Woche tatsächlich nur Filmkunst und solche, die sich dafür hält, zu sehen gibt, kann trotzdem aufatmen. Auch Hollywood-Mainstream, der rein gar nichts mit der Berlinale zu tun hat, startet auf unseren Leinwänden. Zum Beispiel die romantische Komödie „Er steht einfach nicht auf Dich“ mit Jennifer Aniston, Drew Barrymore und Scarlett Johansson, der neuste Film, der ein wenig vom „Sex and the City“-Hype zu profitieren versucht. Der Bezug ist dabei immerhin etwas direkter als bei vergleichbaren Produktionen, schließlich ist der Titel ein direktes Zitat aus der Serie. Was die Sehnsucht nach Carrie, Miranda und Co. allerdings nur noch größer macht.

„Freitag, der 13.“

Außerdem geht „Freitag, der 13.“ ins Rennen, einen Tag später natürlich als der Rest, schließlich ist der Titel Programm. Mal wieder ein Horror-Remake. Dieses Mal feiern Jason und seine Eishockeymaske ihr Comeback und slashen sich durch die Gegend. Angeblich soll es dabei rasanter und blutiger denn je zugehen, doch davon konnte sich bisher noch niemand überzeugen. Denn der Presse wurde der Film vorsorglich gar nicht erst gezeigt, weder vor noch auf der Berlinale.

„Revanche“

Und schließlich ist da noch „Revanche“, ein kleiner österreichischer Film von Götz Spielmann, in dem ein Ex-Knacki nach der versehentlichen Ermordung seiner geliebten Prostituierten Tamara zu seinem Papa in die Provinz verschwindet und auf Rache sinnt. Eher Schuld-und-Sühne-Drama als reißerischer Selbstjustiz-Thriller wirft das Drama, das übrigens schon vor einem Jahr auf der Berlinale lief, bereits einen Schatten voraus auf das nächste Großereignis der Filmbranche. Spielmann und sein Film sind nämlich für den Oscar nominiert – und dürfen sich Hoffnungen machen, am 22. Februar den „Baader Meinhof Komplex“ und „Waltz With Bashir“ auszustechen.

Patrick Heidmann