Ein Rückblick auf die eben beendete Tour und ein Ausblick auf die von Blumentopf bereits geschriebene WM 2010.
Im Rahmen der Extreme Playgrounds, bei denen am vergangenen Sonntag nicht nur Skate- und BMX-Fans im Berliner Velodrom auf ihre Kosten kamen, haben sich Kung Schu und Roger von Blumentopf Zeit für motor.de genommen. Die Münchner Rap-Crew formierte sich bereits 1992 und wird im nächsten Jahr ihr sechstes Album veröffentlichen. Im Gespräch erzählen sie von den gerade beendeten Auftritten, der neuen Platte, ihren Erfahrungen mit den Studentenprotesten und dem Bildungsstreik.
motor.de: Ihr habt euch gerade Abend für Abend durch eure Freestyle Tour gereimt – wie lief das genau ab, entwickelt sich da wirklich jedesmal was anderes?
Roger: Nein, komplett anders ist es natürlich nicht. Jeder Abend ist verschieden, aber wir haben schon Struktur reingebracht, ein bisschen was zum Festhalten braucht man schon. Aber wenn jeden Abend was anderes passiert, ist es natürlich für uns auch spannender, das ist auch unser Ziel.
motor.de: Entstehen dabei auch Sachen, bei denen ihr sagt: „Das muss unbedingt aufs neue Album“?
Schu: Jetzt auf der Tour sind auf jeden Fall neue Sachen entstanden. Drei Songs haben wir dabei auch mehrmals ausprobiert. Aber wenn wir freestylen wollen wir eigentlich gar nicht, dass das so sehr gefilmt oder mitgeschnitten wird, weil es doch diese Aktualiät behalten soll. Es ist etwas, das nur an dem einen Abend passiert und auch nicht wiederzubringen ist. Diese Einmaligkeit ist sehr wichtig. Es kann sein, dass wir etwas zusammenschneiden und zum Download bereitstellen, aber auf das Album kommen keine direkten Aufnahmen davon.
motor.de: Wie koordiniert ihr euch bei solchen Sessions?
Schu: [lacht] Eigentlich steht man ganz oft da und sagt nur: „Yeah Yeah!“ Da hat man manchmal das Gefühl der andere lässt einen verhungern…
Roger: „Jaja, aha, Yeah Yeah!“
Schu: Doch, das fällt selbst nach 18 Jahren teilweise noch schwer, wirklich Struktur reinzubringen. Manchmal sagt man einmal „Yeah“ und dann weiß der Kollege der grade dran ist, dass man eine Idee hat und daran anknüpfen will, aber es passiert natürlich auch, dass nach 20 Takten erst sowas kommt wie: „Jetzt wolltest du doch noch was sagen?!“ – und dann ist es natürlich schon zu spät.
motor.de: Kam es auch schon zum Totalausfall?
Roger: Das ist eigentlich schon länger her. Aber natürlich kommt es vor, es ist schon ein Problem wenn man ständig auf Standards zurückgreifen muss – da kommen dann gern Phrasen, wie: „Ich bin am Mic und kick meinen Scheiß und bin immer tight“. Du merkst, dass du eine Idee brauchst, sonst rappt man belanglos vor sich hin und macht den Basis-Kram – man kann auch ohne Idee wie ein Politiker ewig rumlabern, aber man will natürlich etwas Neues, Gehaltvolles rausbringen. Das ist ja auch das spannende am Freestyle.
motor.de: Wie laufen die Aufnahmen zum neuen Album?
Schu: Wir sind relativ weit.
Roger: Dreiviertel! Wir sind in einer Phase, in der man schwer abschätzen kann, wie lang es noch dauert, aber wir sind eigentlich am Ende und schauen, dass alles stimmig wird. Wenn noch zwei oder drei Tracks entstehen ist das auch geil. Aber wir haben unsere Liedanzahl und jetzt kommt eben noch das Finish. Mixen und alles.
motor.de: Habt ihr die Songs alle zusammen geschrieben?
Roger: Manchmal kommt schon jemand mit einem Text an oder hat solo was angefangen und man splittet es dann auf. Aber wir haben es für dieses Album so gemacht, dass Sepalot die Beats macht und wir für den Text verantwortlich sind. Wir machen nicht mehr alle alles, sondern jeder hat seinen Schwerpunkt.
motor.de: Ihr habt für die EM und WM beim ZDF RAPortagen zu den Spielen gemacht – seid ihr im nächsten Jahr wieder dabei?
Roger: Klar doch! Diesmal gehts weiter als bis zum Halbfinale.
Schu: Wir werden Weltmeister!
Roger: Jaja, da ist schon alles geschrieben und die Fußballer spielen das dann nach! Nein…es gibt noch keinen genauen Plan, es ist noch nicht alles sicher, aber zeitlich können wir wieder mitmachen. Das wird sicher spannend.
motor.de: Und mit der Gruppenauslosung seid ihr zufrieden?
Schu: Ja doch, das sieht, denke ich, ganz gut aus. Es ist nicht unschaffbar. Und was mich besonders freut ist, dass keine Mannschaft dabei ist, gegen die die deutsche Mannschaft schon bei der letzten WM gespielt hat.
Roger: Wer war das nochmal alles…Australien..
Schu: Australien, Serbien und Ghana.
Roger: Serbien! Das ist gut. Da heißen alle Borovic oder so. Da kann man eigentlich alles schon mal vorbereiten [lacht].
motor.de: Ihr setzt euch also gern mit aktuellen Themen auseinander, z.B. habt ihr einen Wahlwerbespot gedreht. Da ihr oft als “Studentenrapper” bezeichnet werdet – könntet ihr euch vorstellen, auch einen Song für den aktuellen Bildungsstreik und die Studentenproteste zu schreiben?
Schu: Wir haben auf der Freestyle Tour sehr viel davon mitbekommen. Da ist eigentlich nach jedem Konzert einer angekommen und wollte, dass wir irgendwie in der Uni rappen. Aber um ehrlich zu sein, ist das relativ anstrengend. Es ist zwar nett gemeint und man will sich auch damit beschäftigen. Aber wenn man nach zwei Stunden von der Bühne kommt und wird dann angelabert mit: „Eey jetzt noch in die Uni, ab in den Hörsaal“, dann will man eigentlich nur seine Ruhe. Vor allem, wenn jemand zu mir sagt: „Du bist Studentenrapper, du MUSST das machen“ – da schalte ich eher auf Durchzug. Das tut mir dann auch leid, aber wir haben bisher noch an keiner Uni gerappt und wollen uns da auch eher raushalten.
Interview: Juliane Sondermeyer
No Comment