Für ein innovationsharrendes Publikum ist es manchmal gar nicht schlecht, wenn Künstler sich langweilen…
Denn ohne tiefe Langeweile hätte es die bisher spannendste Kollaboration des jungen Jahres wahrscheinlich gar nicht gegeben. “Ich bin mit meinem Platz im Hintergrund sehr zufrieden”, schnarrt eine tiefe Bassstimme in gepflegtem Understatement. Das sonore Grummeln gehört zu Brian “Danger Mouse” Burton, einem hochaufgeschossenen Sportsmann mit gepflegtem Harlem-Globetrotters-Gedächtnis-Afro. Wie der allerdings auf die Idee kommt, im Hintergrund von irgendwas zu arbeiten, entzieht sich vielleicht sogar seiner eigenen Kenntnis. Der Name Danger Mouse steht immerhin im Zusammenhang mit einigen musikalischen Superlativen und Innovationsschüben, die selbst altgediente Business-Protagonisten nicht auf ihrer “To Do”-Liste abhaken können.
Mit Gnarls Barkley liefert der Ex-DJ Burton die erste Download-Single, die es auf Platz eins der britischen Charts schafft, sein “Grey Album” – ein Mash-Up aus dem weißen Album der Beatles und Jay-Zs schwarzem – macht ihn zur Ikone der Urheberrechts-Bezweifler und “The Dark Side Of The Soul”, sein gemeinsames Projekt mit Sparklehorse und David Lynch, erscheint wegen Streitigkeiten mit der EMI ausschließlich als illegaler Download und als Buch, dem ein CD-Rohling beigelegt ist. Und jetzt das: Gemeinsam mit The Shins-Sänger James Mercer, der mit seiner Band im Vorbeigehen den amerikanischen Post-Pavement-Indie-Rock gerettet hat, fusioniert Burtons humpelnder Intellektuellen-HipHop mit bittersüßem Indie-Folk. Aber es ging ja um Langeweile…
“Wir hatten beide wenig Lust mit unseren jeweiligen Projekten schon wieder das selbe zu machen”, erläutert James Mercer auf die Frage, welch glücklicher Zufall ihn und Burton zusammengebracht habe, schlicht. “Wenn du so lange in denselben Strukturen arbeitest, wie ich es bei den Shins getan habe, legt man sich automatisch ein Korsett aus Regeln an, aus dem es sehr schwer ist auszubrechen.” Auch Burton ist froh, seine Haupttätigkeit als Produzent (Gorillaz, Beck etc.) vorerst ruhen zu lassen und endlich als simples Bandmitglied durchzugehen. “Ich kann mir eine Rückkehr auf den Produzentensessel im Moment überhaupt nicht vorstellen”, brummt er und freut sich auf die ersten Broken Bells-Konzerte im März, bei denen er hauptsächlich hinter dem Schlagzeug Platz nehmen wird.
Broken Bells gibt beiden Protagonisten die Freiheit, sich kreativ neu zu erfinden, als Musiker und auch als Teil eines Bandgefüges. Während Mercer als heimlicher Kopf der Shins und Burton als Superproduzent immer eine besonders hervorgehobene Stellung einnehmen, trifft man sich im gemeinsamen Projekt auf Augenhöhe. “Wir haben uns während der gemeinsamen Arbeit nie über Ideen gestritten. Wenn irgendwas sich nicht gut angefühlt hat, haben wir es am nächsten Tag mit etwas anderem probiert”, berichtet Mercer fröhlich. Diese lockere Zusammenarbeit hört man dem Debüt des Duos an. Es ist verspielt und voller Schichten versponnener Ideen. “Deshalb sind wir auch bisher nur eine Zwei-Mann-Band. Unsere Egos sind erst mal groß genug, um eine ganze Band zu ersetzen,” erklärt Burton.
Timo Richard
VÖ: 05.03.2010
Label: Columbia
Tracklist:
01. The High Road
02. Vaporize
03. Your Head Is On Fire
04. The Ghost Inside
05. Sailing To Nowhere
06. Trap Doors
07. Citizen
08. October
09. Mongrel Heart
10. The Mall & Misery
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