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Broken Twin im Interview

(Foto: Emilie Kjaer)

So, jetzt gibt es was Schönes für die trüben, verregneten Frühlingstage: Broken Twin. Das ist die junge Songwriterin Majke Voss Romme aus Dänemark. Nein, eine Stimmungskanone ist die 25-jährige Dänin wahrhaftig nicht. Ihre Songs sind spärlich instrumentiert und handeln vorrangig von den nicht ganz so sonnigen Seiten des Lebens. Am 25.04. kommt ihr Debutalbum “May” raus. Das haben wir zum Anlass genommen, uns mit ihr über Perfektionismus, blöde Jobs und das böse Musikbusiness zu unterhalten.

motor.de: Dein erstes Album wird “May” heißen. Vielleicht hättest du es lieber zum Winter rausbringen sollen, weil es so melancholisch ist, oder?

Keine Ahnung. An sowas hab ich überhaupt nicht gedacht, als ich das Album aufgenommen habe. Ich teile Musik nicht in Jahreszeiten, ich mag Musik, die man immer hören kann. Jetzt ist es halt so, außerdem heißt es 'Mai' – also warum auf den Winter warten.

motor.de: Ich habe gelesen, dass du drei Jahre für die Platte gebraucht hast – ziemlich lange. Bist du eine Perfektionistin?

Ich habe im Februar 2013 mit dem Aufnehmen angefangen – aber ein paar der Entwürfe für das Album sind fast drei Jahre alt. Die eigentliche – wirklich anstrengende – Arbeit hat etwa ein Jahr gedauert und das ist ja nicht so lang. Aber wo du schon fragst – ja, bin ich. Oder vielleicht nicht. Ich meine, ich will gar nicht, dass alles perfekt ist, es soll sich einfach richtig anfühlen. Für mich ist das ein Unterschied.


Broken Twin – Glimpse of a Time on MUZU.TV.

motor.de: Du kommst aus einer Kleinstadt. Lebst du noch dort oder bist du in die Großstadt gezogen, um neue Inspiration zu suchen?

Ja, meine Heimatstadt heißt Hjørring, aber ich bin vor vier Jahren nach Kopenhagen gezogen. In Hjørring bleibt man entweder, heiratet, kauft einen Hund, ein Haus, ein Auto – oder man zieht weg. So einfach ist das. Ich bin nach Aarhus gegangen und habe Journalismus studiert. Dann kam die Musik und nun lebe ich in Kopenhagen.

motor.de: Bevor du dich für die Musik entschieden hast, warst du Kellnerin und Aushilfslehrerin. Was waren die schlimmsten Erlebnisse in diesen Jobs?

Kann ich gar nicht sagen, aber es gab viele Schlimme. Ich hab mich einfach nicht wohlgefühlt. Ich war eine furchtbare Kellnerin. Teller tragen hat mich nervös gemacht. Ich hab Essen auf die Leute geschüttet, ständig Fehler gemacht. Unterrichten hat mehr Spaß gemacht, war aber auch schwer. Ich liebe Kinder, aber sie können dich wahnsinnig machen. Sie riechen deine Angst förmlich und fordern dich heraus. Ach, die Erinnerungen!

motor.de: Deine Musik ist ganz schön traurig. Ich hoffe, wir müssen uns keine Sorgen um dich machen…

Jeder ist mal traurig. Ich schätze, wenn ich schreibe, sehe ich die beschissenen Seiten des Lebens einfach stärker. Aber auch das Schöne. Das gehört irgendwo zusammen. Ich bin jetzt nicht die ganze Zeit schlecht drauf und man muss sich auch keine Sorgen um mich machen.

motor.de: Ich habe gelesen, du warst früher ziemlich schüchtern. Wo kam das Selbstbewusstsein her, in das “Haifischbecken” Musik-Biz zu springen?

Ja, das hat als Teenager angefangen. Als Kind war ich das Gegenteil: offen, laut, habe viel geredet. Jetzt schaffe ich beides unter einen Hut zu kriegen. Ich hatte schon immer den Drang mich auszudrücken. Schüchtern hin oder her. Und als die Gelegenheit kam Musik zu machen, hab ich sie einfach ergriffen.

(Foto: Emilie Kjaer)

motor.de: Ich hab das Gefühl, das Singer-Songwriter Genre ist eine ziemliche Männerdomäne. Wie kommt das wohl?

Es gibt schon viele Songwriterinnen. Das Musikbusiness im Allgmeinen wird von Männern dominiert, das stimmt schon. Ich bin da keine Expertin. Ich glaube, es ist einfach wichtig, Vorbilder zu haben. Jemand, der dir zeigt, dass du auch als weibliche Musikerin ernst genommen wirst. Oder als Bookerin, Managerin, oder Kritikerin.

motor.de: Bevor du Solo Musik gemacht hast, hattest du eine Band. Was ist besser: allein oder mit jemandem zusammen spielen?

Ich habe es geliebt, mit Emilie, meiner Bandkollegin und besten Freundin, zu spielen. Sie beteiligt sich immer noch hin und wieder. Aber ich kann nur alleine schreiben und ich mach gerne genau, was ich will. Es kommt drauf an – wenn man mit jemandem spielt, wo die Chemie stimmt, ist es okay. Ich bin ziemlich verbissen, wenn ich schreibe, deshalb ist es allein schon einfacher für mich. Aber manchmal ist es auch gut, Input von anderen zu bekommen.

motor.de: Du hast mal gesagt, du bist nicht Karriere fokussiert und willst keine großen Stadien spielen. Was ist deine Motivation, Musik zu machen?

Ich hab gar keine Wahl, ich muss Musik machen. Das ist, was mich glücklich macht und womit ich mich am wohlsten fühle. Das klingt jetzt voll hochtrabend, aber ich versuche meinem Leben einen Sinn zu geben. Man sollte mit anderen Menschen teilen, was man hat – und Musik ist, was ich anbieten kann.

Juliane Haberichter

 

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