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Caligola sind Mando Diao, Mando Diao sind Caligola – als Künstlervereinigung deklariert, wird man im motor.de-Interview weder aus dem Projekt noch dem dazugehörigen Debüt “Back To Earth” so richtig schlau. Ein Versteckspiel mit Methode.
(Foto: Universal Music)
“Du sollst hier warten”, erklärt einem der zuständige Plattenfirmenabgesandte zur Begrüßung in der prächtigen Lobby des noblen Berliner Hotel de Rome am Gendarmenmarkt. “Herr Wollter wird dich abholen und in die Suite bringen, wo das Interview mit der Band stattfindet.” Kaum ausgesprochen, erscheint der Herr auch schon und gibt sich freundlich – man fährt zusammen im Fahrstuhl hoch und wird gefragt, was man über das Projekt Caligola bereits wisse: Dass es Backstage auf dem Rock Am Ring-Festival 2011 entstanden sei, direkt nach dem Akkustikgig der Band, stehe in einigen Blogs – “leider falsch”, unterbricht er sofort, denn Caligola sei ein Kunstprojekt, welches seit den siebziger Jahren existiere und von einer Dame namens Violetta ins Leben gerufen wurde. “Wir sind daher glücklich, dass sich Björn und Gustav von Mando Diao für uns einsetzen und ein Album aufgenommen haben”, führt Wollter aus und klopft an die wuchtige Tür zur Suite.
Das Bild im Inneren entspricht allen Klischees, die von Künstlern kursieren: Zwei Typen (das Produzentengespann Salla und Masse Salazar, wie später erklärt wird) stehen hinter Turntables, machen Musik, links neben ihnen ein Maler, der gerade ein Caligola-Bild entwirft, ein etwas derangierter Kollege Häppchen essend daneben und ein riesiges Sofa mit schwarzen Tüchern bedeckt im Hintergrund – Herr Wollter platziert einen direkt davor und wünscht viel Spaß. Blöd nur, dass da niemand sitzt und etwas irritiert schaut man sich um – waren nicht Mitglieder von Mando Diao angekündigt? Sollen die dreißig Minuten Small Talk vielleicht doch nicht stattfinden? Kaum den Gedanken gefasst, erscheinen die beiden Frontmänner Björn Dixgård und Gustaf Norén sogleich mit Kutten bedeckt, Caligola T-Shirts tragend und einem Debüt namens “Back To Earth” im Gepäck, das diesem ganzen Szenario kaum gerecht wird – weil es hörbar in Pop getränkt wurde, Dance-Elemente besitzt und trotzdem Teil eines hoch avantgardistisch anmutenden Gesamtprojekts sein möchte. Ein motor.de-Interview, das (zeitweise) Unverständnis auf beiden Seiten mit sich bringt.
motor.de: Ihr scheint es ja wirklich ernst zu meinen – so viel Aufwand wird selten betrieben, um einfach nur Interviews zu geben.
Gustaf Norén: Wir wissen ja nicht, was Journalisten erwarten, aber das hier ist Caligola und wenn du möchtest, kannst du ein Teil davon sein – wie jeder, der eine kreative Ader hat und diese ausleben will. Mehr gehört nicht dazu.
motor.de: Scheinbar schon, denn die wirkliche Intension hinter eurem neuen Projekt ist nicht mal in Zeiten des Internets herauszubekommen.
Gustaf Norén: Du meinst Philosophie?
Herr Wollter: (einschreitend) Wie ich dir bereits erklärt habe, handelt es sich um ein weltweites Künstlernetzwerk und Violetta ist die Gründerin. Mich selbst würde ich als Spokesman bezeichnen und klare Regeln gibt es keine, es zählt allein der kreative Beitrag. Auf die Ideen kommt es an.
motor.de: Schön und gut, aber selbst von Violetta gibt es keine Bilder. Einzig das Madonnen-ähnliche Foto, welches ihr jüngst auf Facebook gepostet habt.
Björn Dixgård: Ich merke ein gewisses Unverständnis bei dir. Das ist okay! (rückt seine Robe zurecht) Wir waren uns auch nicht sicher, ob es mit Caligola so weit gehen soll, dass eine Platte mit uns veröffentlicht wird. Andererseits haben wir jede Menge kreative Köpfe kennengelernt und irgendwann entstanden Songs, eins kam zum anderen und nun sitzen wir hier, sprechen über “Back To Earth”.
Caligola – “Sting Of Battle”
Mehr Videos von Caligola findet ihr auf tape.tv!
motor.de: Es mehren sich derweil Stimmen, die behaupten, ihr hättet euch Caligola nur ausgedacht und selbst eine Freundin von mir, die Kunstgeschichte studiert hat, hörte zum ersten Mal davon. Bilden die Kritiker sich ihre Meinung nur ein?
Herr Wollter: (milde lächelnd) Das meiste ist Einbildung, Phantasie und darum geht es innerhalb der Kunst.
Gustaf Norén: Mal so gefragt, warum hätten wir uns dieses ganze Brimborium ausdenken sollen? Damit wir angreifbar werden, weil es nicht stimmt? Das Risiko muss niemand eingehen und “Back To Earth” funktioniert auch ohne Caligola – es ist ein Popalbum und kein hochrangiges Werk, das jemanden aufgenommen hat, während er 40 Minuten einen Apfel isst.
motor.de: War das denn so geplant – sehr eingängig zu klingen?
Björn Dixgård: Geplant ist hier überhaupt nichts. Es fanden sich ein paar Musiker und Kreative zusammen, haben Zeit im Studio verbracht und herauskam ein Album, dass vielleicht nicht wie Mando Diao klingt, aber ähnlich funktioniert: Mit Songs, die direkt zu dir vordringen wollen.
motor.de: Aus der Pressemitteilung weiß man, dass neben euch beiden, den HipHop-Produzenten Salla und Masse Salazar, auch Oskar Bonde von Johnossi und die Sängerin Agnes Carlsson mit von der Partie sind – wer noch?
Björn Dixgård: Viele mehr, es war eine sehr offene Atmosphäre im Studio und weil “Back To Earth” für ein Kollektiv steht, muss es auch vom Kollektiv gemacht werden.
motor.de: Angenommen ich gehöre zum Künstlerkollektiv Caligola, dürfte ich dann auch mitmachen und mit euch auf Tour gehen?
Herr Wollter: Dir sind keine Grenzen gesetzt! Du willst einen Film machen, dann mach einen Film – so einfach ist das bei uns und niemand wird in seiner Kreativität eingeschränkt, jeder soll am Projekt teilhaben.
Björn Dixgård: Natürlich muss dein Beitrag einen gewissen Sinn ergeben: Angenommen man beherrscht kein Instrument und kann auch nicht wirklich Singen, was will man mit dem Musikprojekt Caligola anfangen?!
Herr Wollter: (hektisch nickend) Genau darum geht es: Du kannst dein eigenes Talent mit Caligola zum Ausdruck bringen.
Caligola – “Forgive Forget”
motor.de: Als Sting nach dem Ausstieg bei The Police und einigen Solohits mehr Geld hatte, als er ausgeben konnte, wurde er spirituell und erhielt ordentlich Spott und Hohn für seinen Zeitvertreib – habt ihr Angst davor?
Gustaf Norén: Das interessiert mich nicht. Wir hatten unglaublich viel Spaß und planen sogar vollzählig auf Tour zu gehen. Mal sehen, ob das klappt, wäre eine Supersache.
Björn Dixgård: Es muss allerdings so ablaufen, wie hier drin – jeder macht sein Ding, folgt seinen Interessen und trotzdem entsteht etwas ganz Tolles. Wir haben all das zugelassen und es bislang nicht bereut.
motor.de: Hat denn eure Chefin Violetta “Back To Earth” bereits gehört und für gut befunden?
Herr Wollter: Teilweise und sie meinte zu mir, dass diese Songs das Beste sind, was Caligola passieren konnte. In den letzten Jahren war es wirklich ein wenig zu ruhig geworden und jetzt stehen wir wieder im Mittelpunkt des Interesses.
Björn Dixgård: Was uns natürlich freut, denn Gustav und ich konnten ebenso eine Menge lernen.
motor.de: Zum Beispiel?
Gustaf Norén: Es ist normalerweise so, dass Bands ein sich geschlossenes Konstrukt sind – steigt ein Mitglied aus, wirft das alles durcheinander und du musst dich neu orientieren. Bei Caligola ist das anders: Hier darf jeder einsteigen, wenn er etwas beitragen kann und sich der Sache entziehen, falls er keine Lust mehr hat. Solche Herangehensweisen gefallen mir und vielleicht sollte Mando Diao ein bisschen davon lernen.
motor.de: Ist ein neues Album eurer Hauptband eher zu erwarten als ein zweites von Caligola?
Gustaf Norén: Sowohl als auch, weil wir ja nicht unser Engagement beenden und uns lossagen – andererseits ist die letzte Mando Diao-Platte drei Jahre her und so langsam hätten wir Bock dem etwas Neues hinzuzufügen. Momentan gilt allerdings Caligola unsere volle Aufmerksamkeit. Alles zu seiner Zeit.
Marcus Willfroth
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