(Foto: Timo Roth)

Dass Captain Capa schon lange zur deutschen Elektropopelite gehören, bestreitet ja niemand. Dass sie aus dem Portfolio unseres Hamburger Lieblingsindieelektrolabels Audiolith nicht mehr wegzudenken sind, steht auf der Hand. Dass die beiden Thüringer aus Bad Frankenhausen schon bald mit dem neuen Album „Foxes“ von uns präsentiert auf Tour gehen, habt ihr ja auch schon mehrfach vernommen. Aber wusstest ihr, dass es sich mit Sänger Hannes auch vortrefflich in Kreuzberg Kaffee trinken lässt? Nicht? Na siehste, wieder wat jelernt! 

Hannes, wie kommt man als junger Kerl im Kyffhäuserlandkreis dazu, elektronische Musik zu machen?

Naja, was willste halt machen wenn du von da kommst? Wir haben früher alle irgendwelche Garagenpunk-Bands gehabt und zuhause ein bisschen rumgetüddert. Dann sind wir auf die ersten Festivals gefahren und haben überhaupt elektronische Musik kennengelernt. Da dachten wir uns dann: Mensch, das muss doch irgendwie so gehen, das kriegt man doch auch zu zweit hin von hier aus. Die Einflüsse kamen schon eher von außerhalb. In meinem Heimatort gabs halt auch damals nur diesen einen alternativen Laden wo ein bisschen was abging, aber selbst der ist schon zu. Eigentlich krass, wie eingeschlafen das da jetzt ist. Da leben auch keine jungen Leute mehr. Selbst wenn du versuchen würdest da was auf die Beine zu stellen, würde das Publikum inzwischen total fehlen. 

Spielt ihr ab und zu nochmal in der alten Heimat?

Wir haben da jetzt zwei Jahre am Stück so eine Art Weihnachtskonzert gemacht, ne. Also alle Freunde einladen und einmal im Jahr so richtig auf die Kacke hauen. Aber selbst das lassen wir glaub ich sein dieses Jahr – das war schon viel Stress immer. Außerdem kommen halt auch immer die gleichen Leute und die alten Bekannten. Und die kommen auch nur, um mal zu sehen was ihre Schulkameraden so machen. Und das ist ja auch nicht unbedingt das, was man so will. 

Wie seid ihr damals da überhaupt raus gekommen?

Ach das war gar keine bewusste Entscheidung. Am Anfang haben wir das alles nur aus Gag gemacht. Ich hab mir dann so'nen Sequencer gekauft, MC303 hieß das Ding, den hab ich auch noch, ziemlich geil. Und dann haben wir erstmal gelernt wie das so funktioniert – mit Drumspur und Bassspur und so. Und dann haben wir eben angefangen Songs zu machen, ohne dass wir das irgendwie mit fünf Leuten besprechen mussten, das hat einfach Spaß gemacht. Und dann fanden das eben relativ schnell Leute geil, zum Beispiel der Tante Renate, also Norman von Bratze. Der meinte eben gleich so „Ey super, lass mal was zusammen machen!“. 

Da kanntet ihr euch schon?

Na ja, irgendwie schon. Ich mach ja auch noch Grafikdesign und hab nebenbei für den so Shirts gemacht. Dann kam er halt an und hat gefragt, ob wir auch Musik machen. Macht ja dann jeder irgendwie in so einer Runde. Der hat uns dann eben gezeigt, wie man da auch noch ein bisschen mehr rausholen kann – und so sind wir da reingerutscht. 


(Foto: Tim Roth)

Und drinnengeblieben. Bis zum Album Nummer drei. Was können wir von eurem neuen Album erwarten?

Für uns ist es diesmal so ein bisschen spannend, weil wir zum ersten Mal richtig Druck hatten. Das erste Album, das wir auf Cobretti raus gebracht haben, das war so unser Traum – das wollten wir mal machen, so 'ne CD raus bringen und so. Das war ganz cool. Die Zweite, die hat sich für uns halt angefühlt wie so ein richtiges Debütalbum und die haben die Leute abgefeiert. Das hat supergut funktioniert und heute kommen noch ganz viele Leute und sagen uns, wie geil sie die Platte finden. Und deswegen hatten wir jetzt bei „Foxes“ zum ersten Mal das Gefühl: Okay, jetzt müssen wir was abliefern. Und das war schon hart manchmal, weil wir das eben nicht kannten und weil wir selber diesen Zwang hatten, das letzte Ding zu toppen. Irgendwie mussten wir uns davon frei machen und haben uns dann gesagt, wir machen einfach das, worauf wir Bock haben. Wir haben auch andere Einflüsse auf uns wirken lassen. Zum Beispiel waren wir in den Staaten und sind total geflasht gewesen von dem ganzen Emocore, den es da noch gibt. Privat hören wir voll viel R'n'B. Das ganze Experimentelle was dabei rausgekommen ist, hat im Studio einfach wahnsinnig viel Spaß gemacht. Die Platte ist durch die ganzen Einflüsse irgendwie ein bisschen tiefer und ernster geworden, aber trotzdem ist es halt noch Elektropop und tanzbar und so. 

Keine Angst also vor dem Gespenst „Pop“ bei Captain Capa?

Nee, gar nicht. Pop ist ja auch nicht mehr so verschrieen wie noch vor ein paar Jahren. Also selbst wenn ich heute so Mainstream-Radio höre dann ist das nicht mehr so schlimm wie früher. Und auch wenn mich die meisten Songs da nicht wirklich interessieren, hör ich dann eben genauer hin, wie die das musikalisch gemacht haben. Da steh ich dann ganz oft vor so Rätseln. Wie damals als ich Crystal Castles entdeckt hab, da dachte ich dann auch so: Uh, wie ham' die das denn gemacht? Und auch das ist ja im weitesten Sinne Popmusik, irgendwie. Daher haben wir vor Pop gar keine Angst. Wir haben ja auch nie gesagt, wir wollen jetzt nur irgendeiner Szene gefallen oder haben Songs verändert, sodass die dann verschrobener sind. Unser Grundgedanke ist immer, dass wir einen geilen Popsong haben, der 'ne tolle Melodie hat, und den dann in ein Soundkleid packen das trotzdem noch was neues hat und spannend bleibt. 

Was läuft bei dir derzeit?

Gerade? Uh schwierig. Die Backgroundsängerin von Chase & Status hat mir auf dem SonneMondSterne PARTYNEXTDOOR verraten, der hat so'n Minialbum draußen und wurde gerade von Drake entdeckt. Das ist so ein R'n'B-Vogel, hör da mal rein, ist eigentlich ganz cool. Ich bin da immer irgendwie auf Tipps angewiesen was neue Musik angeht. Das lief eben auf dem Festival im Backstage und ich bin dann zu denen hin und hab rumgedruckst. Die haben mir dann eine komplette Liste ins iPhone reingehackt und PARTYNEXTDOOR ist hängengeblieben. 
 


Captain Capa – Foxes on MUZU.TV.
 

Bei Audiolith steht ihr in einer Liste mit der Creme de la Creme des deutschen Elektropops und -punks. Befruchtet man sich da gegenseitig oder arbeitet man doch lieber für sich?

Also wir achten da jetzt untereinander nicht so sehr drauf, dass man sich zu ähnlich wird. Aber dadurch, dass wir ja alle immer auf den gleichen Veranstaltungen rumhängen gibt’s eben immer einen Austausch zwischen allen. Und ich glaube, dadurch kommt eben auch so ein gewisser Konsens unter allen zustande. Aber es ist nicht so, dass man sich die aktuelle Frittenbude anhört und denkt, na lass' das doch auch machen. Das passiert eher unterbewusst, dass sich alle in eine Richtung entwickeln. Aber eben sehr unterschiedlich. Feine Sahne Fischfilet ist eben voll die Punkband, dann macht Rampue da seinen experimentellen Deep-House und sowas – das ist genau das, wo Audiolith hinwollte. 

Bands wie Feine Sahne Fischfilet oder Saalschutz machen ja durchaus auch politisch auf sich aufmerksam. Seid ihr da dabei oder ist Captain Capa unpolitisch?

Ja auf jeden Fall sind wir als Personen da dabei. Die Sache ist halt, wenn du dich mit den Leuten bewegst und auf dem Label aktiv bist, dann bleibt das eben nicht aus und wir sind mit denen da auf einer Wellenlänge. Aber wir als Band sind jetzt nicht so politisch, bei uns geht’s auch um andere Sachen, so emotionalen Kram und so. Aber wir reißen das Politische dann manchmal an. Wir haben jetzt zum Beispiel einen Song mit Striezi von Frittenbude, da geht’s eben auch darum, das man mal ausbricht aus seiner Gesellschaft, weil man es in dem Land nicht mehr aushält. Wir spielen auch auf Solipartys und in autonomen Jugendzentren, aber wir sind nicht die Parolendrescher. Da lassen wir uns nicht drauf ein, dazu sind wir auch zu stumpf. (lacht) Der Grundkonsens ist natürlich links, das ist logisch. Aber wir sind damit noch nie irgendwo so hart angeeckt wie die Kollegen. Wir achten aber auch drauf wo wir für wen spielen. So Stadtfeste und Feuerwehrfeste und so müssen halt echt nicht sein. Wir haben einmal auf einem OpenAir der grünen Jugend gespielt, aber auch nur, weil da vorher klar war, dass das keine politische Veranstaltung wird. 

Wer sind eure alten Helden und mit wem gibt’s bald eine Zusammenarbeit?

Ach, eine Menge. Wir beide können uns aber immer auf Jimmy Eat World einigen, die schleppen wir so seit der Jugend mit und das geht auch immer. Unser Emo-Ding von früher. Das sind so unsere alten Legenden. Mit denen mal zusammen auf Tour gehen, wär schon geil. Generell würde ich aber auch gerne mal mit einem von diesen krassen französischen Elektro-Artists oder Russ Chimes was zusammen produzieren. Nicht mal ein Feature, sondern gleich eine Koproduktion. Unsere neue Platte ist auch irgendwie sehr persönlich geworden nach diesen zwei Jahren Tour. Das hat so Dorfbengel wie uns nicht kalt gelassen.

Julian Weicht

 

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