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Popkultur hat man in Leipzig verstanden. Deshalb ist der Schwerpunkt der hiesigen Buchmesse nicht auf Nordbaskische Lyrikerinnen des Gastlands Andorra, sondern bei Manga gesetzt worden. Vor dem Eingang mustern frisch importierte Japaner und Japanerinnen die Besuchermassen. Wer sich im Anime oder Cosplay-Style zurecht gemacht hat kommt umsonst rein. „He was soll das?“ fragt entrüstet ein mit viel Kayal und schwarzen Rüschen entstelltes Mädchen, welches mit einem Bänzel von den Fachkräften aus Fernost als Manga-Kid gekennzeichnet wird. Hier in Emohausen liegen die Stilistiken halt näher beieinander als manchen bewusst ist.
Trotz des popkulturellen Themas und der cleveren Marketingidee mit dem freien Eintritt für verkleidete Fans des Japan-Comic-Styles (das liefert tolle Bilder!) ist man unsicher, wenn es um das eigentliche Thema der Messe geht. Amazon überraschte mit dem Lessegerät „Kindle“ zur Frankfurter Buchmesse im letzten Herbst und pünktlich für Leipzig hat nun Sony ihr neues E-Paper vorgestellt. Auf dem Gerät sollen sich (mit Erweiterungs-Stick) bis zu 1500 Bücher speichern lassen.
Es war lediglich eine Frage der Zeit wann es die Buchbranche erwischen würde. Digitalisierung wird durch die drei Faktoren Leistungsfähigkeit der Netze, Fortschritt der Komprimierungstechnologie und der Existenz eines ansprechenden, mobilen Endgeräts getrieben. Text hat die kleineren Datenmengen als Musik, deshalb hängt man eigentlich nicht von den ersten beiden Faktoren ab. Das einzige was fehlte, war das Endgerät. Der Kindle hat zwar ein Display welches wirklich wie Papier wirkt (und auch in keiner Weise blendet), aber vom Design ist das Gerät so sexy wie der alte Rio 3 Player. Das Sony E-Paper habe ich hingegen noch nicht in der Hand gehabt.
„Sie wollen sich doch nicht allen ernstes mit so einer Art Laptop zum Entspannen neben den Pool oder ins Bett legen“, fragt mich ein Buchhändler. Die Frage wirkt keinenfalls aggressiv, eher verzweifelt. Müde guckt er mich an, als ich ihm versuche klarzumachen, dass ich da bereits mit so einer art Laptop liege: dem iPhone. Später erzählt er mir, dass er sich noch immer ausschließlich CDs und LPs kauft und noch nie einen Titel legal oder illegal aus dem Netz geladen habe. Ich danke ihm dafür.
Die Geschichte wiederholt sich doch. Ich will Karl Marx sein Revival nicht versauen, aber in diesem Punkt hat, anders als bei seinen Betrachtungen zur Marktwirtschaft, nicht nur die Zeitachse nicht gestimmt. Es ist zwar ein nettes und positives Menschenbild wenn man glaubt wir würden uns weiterentwickeln in dem wir voneinander lernen, aber zumindest wenn es um das Geschäft geht, scheint das zwischen den einzelnen Branchen nicht zu klappen. Am Tag vor meinem Besuch hatte der Präsident des Börsenvereins verlautbaren lassen, dass digitale Buch könne eine gute Drittauswertung sein: Nach Hardcover und Taschenbuch käme dann zwei, drei Jahre später halt auch die körperlose Veröffentlichung.
Der Redakteur, der mich zur Messe eingeladen hatte, löst sich zum Abschied vom Taz-Stand. Dort sind in langer Reihe einige Messebesucher, Emos und Cosplays aufgereiht, da die alternative Tageszeitung extrem leckeren, fair gehandelten Kaffee kocht und ausschenkt. „Taz-Kaffee,“ sagt er als er mir eine Stofftüte mit einer Metallbox gefüllt mit 250 Gramm Afrikanischen Espresso zum Abschied in die Hand drückt. Mit Hinweis auf die Schlange fügt er hinzu „unser neues Geschäftsmodel wie man sieht…“ Das klang nicht nur lustig.
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