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Cineastisches Italo-Western-Panorama zweier Genre-Afiçionados – Danger Mouse und Daniele Luppi präsentieren ihr neues Projekt “Rome”.
Wir schreiben das Jahr 1995: Am Emory College im Südosten der USA, im Bundesstaat Georgia, meldet sich soeben ein gewisser Brian Joseph Burton für einen Film-Kurs an. Kein Wunder, immerhin möchte der 18-Jährige Regisseur werden, sodass er zunehmend mehr seiner Zeit dem Sujet Film widmet. Irgendwann, inmitten dieser abwechslungsreichen Beschäftigung, sieht er einen beeindruckenden Film, einen Italo-Western. Doch nicht etwa das Schauspiel zwischen Gut und Böse oder die auf Rache, Habgier und Showdowns gebürsteten Geschichten interessieren ihn, es ist die Musik. Es waren stil-prägende Ikonen wie Ennio Morricone oder Bruno Nicolai, vielmehr deren dramatische Orchester-Arrangements, die das Talent des jungen Mannes weckten, der anno 2011 zu den wichtigsten Produzenten des 21. Jahrhunderts gehört.
Nachdem Burton alias Danger Mouse und der italienische Komponist Daniele Luppi sich bereits mit Projekten wie Gnarls Barkley und Broken Bells gemeinsam zu Höchstleistungen motivieren konnten, erfolgt in diesem Jahr nun ihre ehrfürchtige Verbeugung vor den Klassikern der monumentalen Spaghetti-Filmmusik. Für “Rome” engagierten die beiden Perfektionisten nicht nur Jack White und Norah Jones als Gastmusiker, sie versammelten gar eine ganze Riege an Orchester-Veteranen von Soundtracks wie “Once Upon A Time In The West” im ehrwürdigen Orthophonic Studio in Rom, das von Ennio Morricone gegründet wurde. Dort spielten sie ihre Songs auf analogem Equipment aus den 60er- und 70er-Jahren live ein und setzen damit mal eben ein Zeichen gegen die zeitgenössische Computermusik.
Danger Mouse & Daniele Luppi – “Rome”-Trailer
Die 35-minütige Klangkulisse beginnt mit tapsenden Trommelschlägen, die sich zaghaft in die Ohrmuschel pirschen, ehe ein Gitarrenakkord uns in die Vergangenheit entführt. Wenn sich dann noch die Stimme von Edda Dell’Orso, deren Sopran in unzähligen Morricone-Kompositionen wie “Zwei Glorreiche Halunken” zu hören war, dazugesellt, ist das Kopfkino eröffnet. Die huldigende Darreichung, so betonten die beiden Produzenten, solle keineswegs als Ode im Retro-Gewand daherkommen. Dennoch würden sich Instrumental-Stücke wie “Theme Of Rome” oder “Morning Fog” sicherlich auch im Fundus klassischer Soundtracks wohlfühlen. Das betörend charmante “Roman Blue” überlasst es feinfühligen Streichern, den Takt zu markieren. Immer wenn sich kleinere Melodieteile dem Ende zuneigen, erwartet man einen vokalen Einstieg. Aber nein, es bleibt die instrumentelle Ästhetik, die hier den Rahmen vorgibt. Obschon es nur schwer möglich ist, das cineastische Potential von “Rome” zu leugnen, sind es jedoch die Gastauftritte, die das zeitgenössische Korrektiv darstellen. Wenn sich Jack White auf “The Rose With The Broken Neck” als einsamer Außenseiter präsentiert, der sich durch die verlassene Prärie kämpft, sind die obligatorischen Strohballen nicht weit. Großes Kino.
Danger Mouse & Danielle Luppi – “The Rose With Broken Neck” feat. Jack White
Burtons Verve für die Durchdringung von Musik und Film fällt nicht erst mit dem aktuellen Projekt ins Gewicht, es ist seit jeher ein Dauermotiv im Wirken des Tausendsassas. Bereits seine ersten Sounderzeugnisse – damals noch unter dem Pseudonym Pelican City – breiteten trotz trip-hoppigen Schlieren klangliche Bilder samt Streicher und Bläser aus. Auch das zweite Album “The Odd Couple” als Gnarls Barkley wird des Öfteren von dem Geräusch eines Film-Projektors begleitet. Danger Mouse avancierte seit seinem Besuch im Film-Kurs zu einem Musik-Regisseur, der sich für seine vertonten Filme Künstler zusammensucht und diese gekonnt in Szene setzt. Das Engagement von White zum Beispiel, setzt einen gelungenen Kontrapunkt, zum – sich melodisch – eher in ruhigeren Fahrwässern bewegenden Sound. Norah Jones als seine Gegenspielerin ist eine kleine Überraschung. Ihre harmlose Erscheinung erfährt auf “Rome” eine nennenswerte Wandlung: Weder träumerisch noch wehleidig oder pseudo-soulig gibt sich die amerikanische Songschreiberin. In einem Song wie “Problem Queen”, ein Titel, der gerade zur zarten Seele so gar nicht passen will, entpuppt sich die 32-Jährige als wahrer Ohrenschmaus mit ihrem lapidaren, dabei jedoch konstant fesselndem Gesang.
Zwar halten sich Instrumental- und Vocal-Tracks die Waage, dennoch springen die Songs – provoziert durch zahlreiche Interlude-Interventionen – allzu häufig zwischen pop-durchtränkten und orchestralen Songs hin und her. Ungeachtet der Highlights, die freilich überwiegen, bieten Luppi und Burton äußerst leichte Kost an. Kaum Irritierendes verirrt sich auf der Songsammlung. Kein Ton, keine Melodie reißt die Herrschaft an sich: melancholisch, düster und bezaubernd unaufgeregt.
Danger Mouse & Danielle Luppi – “Roman Blue”
Die große Leistung von “Rome” ist es, dass die fünfzehn Stücke keineswegs stupide abgekupfert sind. Dass auditive Hommagen ihre Inspirationsquelle offen legen, darf und muss im Falle von Danger Mouse und Daniele Luppi als Qualität ihrer neuen Western-Songs gewertet werden. Ohne elektronische Studio-Tricksereien erschaffen die Beiden ein nostalgisches Album, welches der Opulenz die kalte Schulter zeigt. Ein kleines Pop-Meisterwerk, zu dem der Film bisher noch nicht geschrieben wurde. Ein talentierter Regisseur ist ja bereits Teil des Projekts.
Sebastian Weiss
VÖ: 13.05.2011
Label: Capitol Records/EMI
Trackliste:
01. Theme of Rome
02. The Rose with the Broken Neck (feat. Jack White)
03. Morning Fog (Interlude)
04. Season’s Trees (feat. Norah Jones)
05. Her Hollow Ways (Interlude)
06. Roman Blue
07. Two Against One (feat. Jack White)
08. The Gambling Priest
09. The World (Interlude)
10. Black (feat. Norah Jones)
11. The Matador Has Fallen
12. Morning Fog
13. Problem Queen (feat. Norah Jones)
14. Her Hollow Ways
15. The World (feat. Jack White)
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