The/Das sind in gewisser Weise das, was andere "den neuen heißen Scheiß" nennen. Das Duo aus Berlin setzt sich aus Fabian Fenk und Anton Feist zusammen, ihres Zeichens zwei Drittel von Bodi Bill. Das alte Projekt muss jetzt pausieren, denn The/Das ist ein musikalischer Selbstfindungstrip, was aber auf keinen Fall egoistisch verstanden werden darf: In ihrem eigenen Studio kochen Fabian und Anton ein faszinierendes Süppchen, dem sich kaum jemand entziehen kann.
In diesen Tagen steht die Veröffentlichung des ersten Albums Freezer an. Dabei sind The/Das schon länger aktiv, haben sich bisher aber auf EPs konzentriert. Aus diesem Grund haben wir Fabian und Anton in ihrem Studio getroffen, um dem Hauptwort hinter den zwei Artikeln etwas näher zu kommen. Warum also jetzt ein Album?
Fabian: Wir haben auf jeden Fall das Gefühl gehabt, dass wir jetzt ein Album machen können, dass wir eine Idee haben für etwas Ganzes. Wir hatten davor Lust darauf, eher herum zu experimentieren und in kleineren Portionen zu arbeiten, sind aber doch auch Leute, die Alben mögen.
Anton: Auf einem Album können ja auch immer Sachen drauf sein, die nicht so zweckorientiert sind. Da dürfen auch Eskapaden mit drauf, wenn sie gut zwischen den straighteren Songs eingebettet sind. Das ist da ein großer Vorteil.
Fabian: Wir freuen uns darauf, alle paar Jahre, oder vielleicht sogar oft (lacht) den Leuten zu zeigen, wo wir gerade stehen. Gleichzeitig denke ich da auch an mich als Hörer: Ich freue mich, ein ganzes Album einer Band zu entdecken, nicht nur ein, zwei Songs. Das gibt es ja immer mal, dass ich einen Song richtig geil finde, dann kaufe ich mir das Album und bin enttäuscht. Ich möchte nicht, dass die Leute diese Erfahrung mit uns machen. Deshalb haben wir auch ein Problem damit, einen unserer Songs heraus zu nehmen und dann in Richtung Single verwursten zu lassen. Die Freude am ganzen Album steht für mich über dem großen Kick…
Anton: Naja, eigentlich gibt es doch keine passendere Zeit als heute um ein Album heraus zu bringen. Die Wahrnehmung ist ja völlig anders: Du bist nicht gezwungen, das Album zu kaufen, du kannst dir ja auch die Singles kaufen, bezahlst nur zwei Euro statt zehn… Und wenn du dann immer noch Bock hast, dann holst du dir das Album. […] Das ist ein Bonus, den du auch noch haben kannst, wenn dir die Hits gefallen. Single CDs gibt’s doch heute eigentlich nur noch für Karaoke-Versionen, wie bei Happy…
Dann wollen wir mal hoffen, von The/Das niemals Karaoke-Versionen im Regal zu finden. Die Zeichen stehen auch gut: Das, was die beiden da machen, ist keine Verbindung aus austauschbaren Texten und noch austauschbarerer Musik, sondern immer ein Gesamtpaket, in dem etwas vermittelt werden soll. Und das ist auch Teil des Plans: Der Bandname The/Das sollte bewusst offen klingen, eben um mit der eigenen Musik erst mit Bedeutung gefüllt zu werden. Das scheint langsam aber sicher zu passieren:
Fabian: Ich hatte sogar immer mal wieder Skrupel, aber solche Gedanken habe ich jetzt nicht mehr. Ich habe mich persönlich sehr gut daran gewöhnt. Ich glaube auch, dass für viele Leute langsam ein Bild daraus wird: Wir haben ein Album, haben Konzerte gespielt… Man wird mittlerweile weniger auf die Packung angesprochen, sondern eher auf die Konzerte an sich. Ich glaube, in einem Jahr ist das total entspannt. Denke ich mal (lacht).
Für ihre Musik haben sie das Label Techno Tenderness entworfen, und eine gewisse Zärtlichkeit kann hier nicht weg diskutiert werden. Titel wie Made Up My Spook gehen direkt unter die Haut, was nicht zuletzt durch ein sphärisches Musikvideo funktioniert. Wie hat sich das denn ergeben?
Fabian: Es ist ja schon ein Liebeslied. Und das war auch nichts Ausgedachtes. Letztlich war das alles frisch bei mir, mit der Beziehung und das Lied hat da einfach gut gepasst. Ich bin dann auch zu ihr [seiner Freundin, Anm. d. Red.] geflogen und sie hat dann auch die Kamera gemacht. Ich hab sie da also besucht, und irgendwie war das dann alles sehr realitätsnah… […] Und Mumbai ist einfach eine extreme, eine wahnsinnig spannende Stadt, da kannste eigentlich jeden Tag ein Video drehen. […] Ich hatte auch ehrlich gesagt die Befürchtung da unterzugehen, in der Menge der Menschen, in der Hitze, dass mir das einfach zu viel ist. Aber es ist dann doch eine total positive Erfahrung gewesen. Du schwitzt permanent, klar, und es ist voll und laut, und du siehst eine bettelnde Frau mit einem halbtoten Kind auf dem Arm, und du denkst, scheiße, du kannst ihr eigentlich doch kein Geld geben, denn das Geld muss sie dann ihrem Zuhälter geben, der sie betteln schickt… […] Trotzdem siehst du diese Vielseitigkeit zwischen Überlebenskampf und trotzdem Glücklichsein. Es hat nicht lange gedauert bis mir das einen unglaublichen Kick gegeben hat. Das ist schon ein sehr lebensbejahender Input. Das passte dann irgendwie alles, denn Liebe ist ja auch etwas Lebensbejahendes.
Vor The/Das waren Fabian und Anton der Großteil von Bodi Bill. Nun kann man sich natürlich viele Fragen stellen, wenn ein Projekt pausiert und stattdessen ein nächstes beginnt. Aber wie stehen beide Projekte nun zueinander? Ist The/Das das, was die beiden immer machen wollten? Oder handelt es sich nur um einen neuen Spielplatz? Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem:
Anton: Wir haben jetzt keinen Abstecher gemacht, um uns gezielt weiterzuentwickeln, haben auch keinen Masterplan gemacht. Vorletztes Jahr haben wir ein wenig geschaut, was so geht, in einer neuen Umgebung. […] Diese Band ist schließlich kein Auftragswerk. Bodi Bill war der erste Schritt, und das ist jetzt der nächste Schritt.
Fabian: Bodi Bill sind ja drei Platten, das ist vielleicht auch einfach erstmal eine gute runde Zahl. Es fühlte sich auch tatsächlich so an, als wäre es jetzt an der Zeit, eine Pause zu machen. […] Es geht ja immer um Musik: Eigentlich ist Musik machen etwas unglaublich schönes, denn du hast, wenn du sie dir nimmst, sämtliche Freiheiten … Aber du bist auch immer im Leben etwas prekär unterwegs, hast nicht so viel Knete. Man wäre doch bescheuert, wenn man dann nicht immer genau das macht, was man will. Und ich glaube, wir drei haben uns dann von irgendwelchen Sicherheitsgedanken einfach verabschiedet, von wegen „Bodi Bill läuft, da muss man jetzt immer weiter machen“… Viele Leute denken so. Das ist auch gar keine heldenhafte Aktion, denn wir hatten einfach den Wunsch, genau das zu machen, was uns musikalisch glücklich macht. Ob das jetzt clever ist… Unser Label und das Management, das wir damals hatten, waren natürlich ein wenig irritiert. Aber wir sind uns sicher, und ich hoffe Alex auch [Alex Stolze, das dritte Mitglied von Bodi Bill, Anm. d. Red.], dass das jetzt genauso relevant ist, aber halt für den Moment, in dem wir jetzt sind.
Das Jetzt scheint ihnen wichtig zu sein. Den Moment zu nutzen, sich nicht zurückhalten zu lassen: Das sind Ideale, wie sie in vielen anderen Bands einen niedrigeren Stellenwert zu haben scheinen. Viel zu schnell lässt man sich ausbremsen. Diese Gefahr scheint bei The/Das nicht zu bestehen:
Fabian: Ich finde wichtig, dass man nicht in ein Sicherheitsdenken verfällt. Ich lese grade zum Beispiel ein Buch von Hunter S Thompson, und er hat sich ein wenig darüber lustig gemacht, wie oft die Zukunft die Fortsetzung dessen ist, was man gerade im Moment macht. Eben wegen dieses Sicherheitsgedankens: Ich will einen festen Job und das alles gleich bleibt, weil alles andere mir zu gruselig ist. Natürlich ist das schade, denn man lebt ja nur einmal. […] Wir sind ja jetzt zu zweit, so können wir viel besser mit anderen Leuten zusammenarbeiten. Das ist gerade natürlich ein großer Vorteil, und genau danach haben wir uns auch gesehnt, nach musikalischem Austausch. Zu dritt bist du da relativ hermetisch abgeriegelt. Wir haben uns dann überlegt, machen wir jetzt eine Band mit Schlagzeug und großem Besteck, oder touren wir als ein Duo durch Clubs…? All das wäre mit Bodi Bill nicht so leicht gewesen, wobei das natürlich andere Vorteile hatte. Aber es war einfach verlockend, da mal Abwechslung zu haben.
Zu viel Abwechslung kann aber auch gefährlich sein: Musiker zu sein bedeutet schließlich immer öfter auch, auf extrem vieles achten zu müssen, letztlich Angst davor zu haben, sich wirklich festzulegen. Haben The/Das überhaupt ein Image, auf das sie reduziert werden können?
Anton: Wir sitzen jetzt hier wie im Wohnzimmer und quatschen, beantworten die Fragen eher nach Gusto, nach Lebenslage. Das entwickelt sich halt immer weiter. Wenn ich gestern irgendeine Sendung gesehen oder ein Buch gelesen habe, dann antworte ich auf die Fragen ja immer anders als vor einem halben Jahr. Wir haben da nicht so die Richtlinien in uns drin. Aber das kann natürlich – und da macht man sich auch Gedanken drüber – in die Irre führen.
Fabian: Eigentlich ist es doch für jedem interessant herauszufinden, wer man eigentlich ist, für was man eigentlich stehen kann, was einem liegt. Das geht bei den Interessen los und geht beim Charakter weiter. Zur kreativen Arbeit gehören doch auch Interviews! Ich glaube nicht, dass ein Interview ein Moment sein muss, an dem man leidet, weil man nur irgendeine Pflicht erfüllt. Sondern ein Interview kann genauso wie das Musik machen, oder das im Bus sitzen und sich über die nächste Platte unterhalten ein Teil der Arbeit sein. Insofern kann es sein dass wir uns schwammig ausdrücken, weil wir gerade work in progress sind. Ich fänd' es schön, wenn es immer so rüberkommen würde, dass man sich damit anfreunden kann, wenn man es liest. Und die Leute, die sich dann davon abgestoßen fühlen, wären wohl auch mit der Musik nicht so zufrieden, weil die einfach nicht so auf den Punkt ist.
Willkommen auf der Metaebene. Allzu schwammig kommt es uns aber eigentlich gar nicht vor, was hier passiert. Man muss The/Das wohl einfach verstehen, weil nunmal – zum Glück – nicht jedes Detail auf dem Silbertablett präsentiert wird. Aber natürlich kann sich das auch irritierend anfühlen:
Fabian: Ich weiß auch gar nicht, warum wir das so machen. Aus der Zuschauerperspektive muss man uns ja schon vertrauen, sich das mal drei, vier Minuten anhören, um rein zu kommen. Und plötzlich kommt dann ein Song, der total anders ist. Das ist ja dann so, als würden wir die Leute fallen lassen. Hoffentlich ist das bei unserer Musik ein Moment wie auf einer Schaukel, wenn man kurz durchsackt, aber dann wieder aufgefangen wird. Dann hatte man so einen Moment der Überraschung. Das wäre ein Ziel. Aber wir können natürlich nicht garantieren dass das uns immer so gelingt. Dann läuft eine Antwort eben mal ins Leere, oder aber auch ein Song.
Anton: In einem Interview will man ja auch Respekt bekommen und Ernst genommen werden, das ist als wenn du spielst, als Musiker. Wahrscheinlich ist das, was wir hier machen, nichts anderes als wenn wir Musik machen. Nur dass in der Musik das gesprochene Wort dann gesungen wird, und dass eine andere Komponente dazu kommt: die Emotionale. Es gibt ja auch so zwei Arten des Musik machens: Einmal die emotionale, wo du dir Zeit nehmen musst, oder eben diese Parolenmusik. […] Sowas funktioniert dann besser bei einem Festival, wo du durch die Parole auch an die Hand genommen wirst. Es ist mega schwer. Ich verstehe beide Seiten, könnte beides machen, aber für sich selbst und die Zuschauer die Balance zu finden – das ist glaube ich auch der ewige Kampf als Musiker.
Fabian: Man will ja auch was riskieren. Einerseits: Kopieren wäre schade. Ich verstehe die Bands nicht, die aus freien Stücken so klingen wie die Editors oder wie wer auch immer. Ist das dann nicht ein bisschen schade? Denn man hat ja dann nicht diese tausend Möglichkeiten sich auszuleben. Da stecke ich nicht so drin. Aber ich kann es auch nachvollziehen, zum Beispiel bei Frittenbude, was ja auch so in die Richtung der Parole geht. Wenn man so ist … mega, dann muss man das so machen, denn das passt ist das total gut. Aber zu uns beiden passt halt eher etwas anderes. Da dann anzufangen und zu steuern, wie viel Fame oder Geld man damit bekommt, das ist Wahnsinn. Das verschwendet Energie und Zeit, du gehst den Leuten damit auf den Sack… Ich glaube, man darf sich darüber überhaupt keine Gedanken machen. Ich bin immer total sicher: Wenn wir mit dem was wir machen, glücklich sind, dann wird das schon irgendwie okay sein.
Finden wir auch.
Freezer erscheint am 15. August.
(Foto: anna.k.o. / Interview: Carsten Brück)
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