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Beißt sich da die Katze in den eigenen Schwanz oder drehen sich die Argumente nun endgültig im Kreis? In der nicht enden wollenden Diskussion über Urheberrecht und digitale Verwertungsmöglichkeiten schalten sich nun die Urheber ein und bestehen auf ihre persönlichen Rechte – doch wie sehen die eigentlich aus?
Nur eine von vielen Prominenten, die sich für das Urheberrecht stark machen: Autorin und Moderatorin Charlotte Roche
(Foto: Jochen Schmitz)
Natürlich steht Sven Regener auf dieser Liste – irgendwo neben Moderatorin Charlotte Roche, Rammstein-Frontsänger Till Lindemann, Schauspieler Mario Adorf oder Comedian Michael Mittermeier. Als der Element Of Crime-Sänger im Rahmen seiner inzwischen legendären Wutrede den Misstand der eigenen Künstlergilde anprangerte, war das mediale Echo dementsprechend groß. Mit dem gesellschaftlich offensichtlich immer konformer gehenden Gedanken der Lockerung des Urheberrechtes “pisse man den Künstlern ins Gesicht”, so Regener. Doch es ist immer eine Frage der Definition und Wortwahl. In einem Land, in dem die Piratenpartei ihren Auftrieb auch der netzaffinen Generation zwischen Facebook und Filesharing verdankt, scheint jeder eine eigene Meinung zum Thema Urheberecht zu besitzen. Die GEMA will den Status Quo irgendwie gern verteidigen, radikale Netzaktivisten fordern die Aufhebung, die Piraten sprechen gerne auch von einer Reformierung. Der normale Bürger hingegen hat Angst vor der totalen Kontrolle durch ACTA und fürchtet willkührliche Zensur – zuviele Meinungen, zuviel Köche.
Und nun melden sich auch die Kreativen dieser Republik zu Wort. Unter dem Aufruf “Wir sind die Urheber!” startete am gestrigen Tag eine Petition, die seitdem stündlich mehr Anhänger gewinnt. In ihr fordern besagte Autoren und Künstler die Bewahrung des Urheberrechts. Laut einheitlicher Aussage handelt es sich bei diesem um “eine historische Errungenschaft bürgerlicher Freiheit gegen feudale Abhängigkeit, und es garantiert die materielle Basis für individuelles geistiges Schaffen.” Eine bedeutungsschwere Wortwahl, die auch nötig ist, um den geschundenen Künstler Gehör zu verschaffen. Lob, Applaus und Co. sind halt nicht das täglich Brot aller Kreativen, die sich oft einem täglich existenziellen und ökonomischen Überlebenskampf ausgesetzt sehen. Die Positionierung ist eindeutig, man wehrt sich gegen die medial oft herbeigeredete Abgrenzung zu Verlagen wie der GEMA. So heißt es: “In einer arbeitsteiligen Gesellschaft geben Künstler die Vermarktung ihrer Werke in die Hände von Verlagen, Galerien, Produzenten oder Verwertungsgesellschaften, wenn diese ihre Interessen bestmöglich vertreten und verteidigen.”
Viele Petitionen, noch mehr Meinungen, wenig Lösungen.
Wie ein Großteil der Beteiligten wird das Problem wieder einmal nur benannt – und das sogar noch nicht einmal konkret genug. Denn kaum war die Petition durch Print- und Online-Medien gegangen, regt sich bereits Widerstand. So fordert eine nicht näher definierte Gruppe unter der Überschrift “Auch wir sind Urheber/innen!” die Berücksichtung der Interessen von jenen Kreativschaffenden, welche durch die Digitalisierung und die dadurch entstehenden Möglichkeiten konkret profitieren. Ja, in einem Zeitalter von Blogs, Instagram und dem schnellen und unkomplizierten Zugang zu kreativen Arbeitsprozessen ist das Differenzieren immer komplizierter geworden. Kulturelle Netzdemokratie 2.0 – fast jeder kann sich heute Autor und Künstler schimpfen; inwiefern gerechtfertigt, wird im virtuellen Raum stehen gelassen.
Und das es für junge Kreative und besonders Musiker mittlerweile überlebenswichtig ist, durch YouTube-Klickzahlen und Soundcloud-Plays auf sich aufmerksam zu machen, weiß jeder, der sich mal mit dem Werdegang von Deichkind oder den Arctic Monkeys beschäftigt hat. Das Letztere irgendwann nach dem Durchbruch anfingen, aktiv gegen das illegale Verteilen ihrer Musik vorzugehen, kann da gern als Symbol dienen. Anfangs ist freier Zugang und Verbreitung also für jeden Künstler wichtig, doch spätestens wenn es um das Bezahlen der eigenen Miete geht, hat selbst der idealistischste Freigeist keine Lust mehr.
Und über allem schwebt die Sorge des mündigen Bürgers, sich in der errungenen Freiheit des digitalen Raumes auf einmal begrenzen zu lassen. Das will keiner. So gibt es natürlich auch gleich die passende Petition mit dem Titel “Wir sind die Bürger!“. Die Kernaussage ist klar: Urheberrecht ja, aber bitte individuell regeln. Piraten-Mitglied Bruno Kramm – welcher motor.de bereits zur Thematik GEMA Rede und Antwort stand – spezifiziert das gern noch einmal in seinen Ausführungen, kommt am Ende aber zur ernüchternden und angesichts der Vielzahl von Meinungen, Petitionen und Interessenskonflikten einzigen logischen Aussage: “Das Netz macht alle zu Kreativen. Wir müssen dringend reden — um der Kunst willen!”
Alle Beteiligten müssen – so scheint es – schlicht und ergreifend aufwachen. Crowd-Funding, Kulturflatrate, gesetzliche Vorgaben – es kann nicht eine ideale Lösung geben, die alle retten wird und sämtlichen Beteiligten gerecht wird. Das eine wird nicht ohne das andere einhergehen. Gerade, weil in diesem Land alle Kulturschaffenden letztendlich im gleichen, mit Wasser vollgelaufenen Boot sitzen. Es geht nicht darum, den Schuldigen für das Leck zu finden oder sich gegenseitig zu befehligen, wär denn nun bitte das Wasser auszuschöpfen hat. Wir alle – Künstler, Autoren, Verwertungsgesellschaften und Medien – müssen uns zusammentun und überlegen, wie wir diesen Kultur-Kahn möglichst heil und unbeschadet durch diese stürmischen Zeiten der digitalen Revolution bringen. Utopie? Vielleicht. Dringlich? Oh ja. Denn dann wird auch irgendwann wieder Land in Sicht sein. Noch scheinen hier allerdings Kompass und Kapitän zu fehlen. Vielleicht ruft ja noch einmal jemand beim Herrn Regener an.
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