Film ist immer Teamarbeit, keine Frage. Und der Chef des Teams ist in der Regel der Regisseur, zumindest sollte es so sein. Doch für das Publikum im Kino zählt am Ende eigentlich nur eins: der Hauptdarsteller. Grund genug, an dieser Stelle mal einen Blick auf die Neustarts der Woche zu werfen und zu untersuchen, wer genau eigentlich im Zentrum dieser Filme steht.

“Tintenherz”

Beginnen wir mit „Tintenherz“, der Verfilmung des gleichnamigen Fantasy-Bestsellers. Je nachdem wie man es sieht, ist hier ein 12-jähriges Mädchen die Protagonistin oder ihr von Brendan Fraser gespielter Vater. Erstere Variante ist dabei zu bevorzugen, denn Fraser nervte uns schon zuletzt im dritten Teil der „Mumie“ und fällt überhaupt schon seit Jahren als einer der uncharismatischsten Leading Men Hollywoods auf. Letztlich ist das aber egal, denn bei „Tintenherz“ dreht sich – das vermittelt zumindest ein Blick in sämtliche Medien – ohnehin alles um die Autorin Cornelia Funke. Dass ausgerechnet Fraser ihre erste Wahl für die Besetzung war, hätte sie allerdings besser verschwiegen.

“Der Tag an dem die Erde stillstand”

In „Der Tag, an dem die Erde stillstand“ gibt es derweil ein Wiedersehen mit Keanu Reeves, dessen Zeiten als echter Superstar eigentlich seit dem dritten „Matrix“-Debakel beendet sind. Die Produzenten dieses Öko-Science Fiction-Remakes scheinen das allerdings ebenso wenig registriert zu haben wie die Verleiher des Bambis, wo man Reeves kürzlich ein goldenes Reh in die Hand drückte bloß dafür, dass er ins provinzielle Offenburg gereist kam.

“The Woman”

Apropos Bambi: auch Meg Ryan wurde dort mit einem Preis geehrt, obwohl doch ihre großen Tage noch länger zurückliegen als die von Kollege Reeves. Mit „The Women“ (auch dies ein Remake) versucht sie nun, an die erfolgreichen Komödien-Zeiten von „E-Mail für Dich“ anzuknüpfen. Wirklich gelingen tut das leider nicht, was vor allem daran liegt, dass Ryan hier zwar die Hauptdarstellerin ist, sich aber trotzdem von ihren aufgespritzten Lippen – und einer leicht bekleideten Eva Mendes – die Show stehlen lassen muss.

“Transsiberian”

Wer eigentlich das Zentrum im Thriller „Transsiberian“ ist, lässt sich weniger leicht klären. Sicher nicht Woody Harrelson, der nämlich über weite Strecken des Films gar nicht zu sehen ist. Auch nicht Ben Kingsley, der sich als russischer Polizist allerdings mal wieder alle Mühe gibt, sich in den Vordergrund zu drängen. Vielleicht also die wunderbare Emily Mortimer, auf deren Seite sich zumindest Regisseur und Publikum zu schlagen scheinen. Letzten Endes ist es aber doch die Titel gebende Eisenbahn, die sich still und heimlich zum eigentlichen Hauptdarsteller des Films entwickelt, während sie durchs Schnee bedeckte Russland donnert.

“In jeder Sekunde”

Noch verzwickter ist die Frage nach dem Protagonisten im Falle des deutschen Dramas „In jeder Sekunde“. Das Regiedebüt des Kameramannes Jan Fehse („Tattoo“) versteht sich nämlich explizit als Episoden- und Ensemblefilm. Gleich sechs Personen stehen im Zentrum der Geschichte über die Aufs und Abs der Liebe, unter anderem gespielt von Barbara Auer und dem unumgänglichen Wotan Wilke Möhring. Wenn man dem zugehörigen Filmplakat glauben schenken mag, gibt es trotzdem einen Hauptdarsteller. Zumindest ist Sebastian Kochs Gesicht darauf mit Abstand am größten zu sehen.

“Rab Ne Bana Di Jodi”

Ein völlig anderer Fall ist schließlich „Rab Ne Bana Di Jodi“. Das ist – der Titel lässt es erahnen – ein Bollywoodfilm. Für alle, die den kurzen Deutschland-Boom dieser Filme schon wieder vergessen haben: das sind diese Produktionen aus Indien, in denen drei Stunden geliebt und gelitten, vor allem aber gesungen und getanzt wird. Dass nun doch mal wieder einer dieser Filme in die deutschen Kinos kommt, kann nur eines bedeuten: die Hauptrolle spielt niemand anders als Shah Rukh Khan, der größte Star, den Indien – und vielleicht sogar die Welt – je gesehen hat.

Mag sein, dass Til Schweiger diesbezüglich gerne ein Wörtchen mitreden würde. Doch dazu dann kommende Woche mehr, wenn „1 1/2 Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“ in die Kinos kommt.

Patrick Heidmann