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Das Revival des General Ludd

Macht kaputt was Euch kaputt macht!“ Nichts ist schlimmer als das Gefühl, überflüssig oder völlig machtlos zu sein. Am schlimmsten ist wahrscheinlich die Mischung aus beidem. Das dachte sich auch Ned Ludd, als er 1779 in einem Werk nahe Leicester zwei industrielle Nähnadeln zerbrach. Eine Maschine drohte vor 230 Jahren die Arbeitsplätze von ihm und seinen Näher Kollegen abzuschaffen. Seine Reaktion: siehe oben. Das war sicher befreiend, aber auch nicht wirklich klug: Er tobte sich an der Wirkung, jedoch nicht an der Ursache aus…

Nicht die Maschinen waren das Problem der industriellen Revolution, sondern die Tatsache, dass der von ihnen geschaffene Mehrwert nicht umverteilt wurde. Die Luddisten, waren Populisten, die den Dingen nicht auf den Grund gingen. Die Maschinenstürmer wurden deshalb auch nie von den Sozialisten und Kommunisten als frühe Revolutionäre gefeiert, sondern gingen als eine Art Hooligan Bewegung in die Geschichte ein. Sie landeten entweder zwangsverschifft in Australien oder verloren wie Ned Ludd ihren Kopf.

Lediglich in der Popkultur, immer auch offen für einfache, emotionale Lösungen, hielt man ihnen die Treue: die zu recht vergessenen Chumbawamba sangen von „General Ludd’s Triumph“ und die engagierten, aber nicht wirklich tiefgründigen New Modell Army texteten in „White Coast“: „Toast to the Luddite martyrs then / who died in vain” und im Internet platzierten ab Ende der Neunziger Firmen im Auftrag der Majors korrupte Soundfiles in Tauschbörsen um diese kaputt zu machen.

Das Problem ist jedoch das gleiche wie vor hunderten von Jahren: Man kann so viele Maschinen zerstören oder sabotieren wie man will, wenn diese im Sinne von Produktion oder Konsumption Sinn machen, kommen immer wieder neue. Selbst im Recht sein und Recht bekommen hilft da nicht weiter: Richterin Marylin Patel hat auf Basis von Gesetz und Ordnung Napster vor neun Jahren den Hahn abgedreht und damit nur den Boom neuer, nicht mehr servergestützter Peer to Peer Plattformen eingeläutet. Die GEMA hat zu Recht die Verhandlungen abgebrochen, wenn YouTube ihnen keine Einzeldaten zu Videoclips zu liefern bereit ist, aber damit nur den Traffic für Videostreams auf Anbieter umgeleitet, die die Urheber gar nicht erst zu vergüten versuchen.

Genauso wie der selbsternannte General Ludd als Maschinenstürmer zu kurz gesprungen ist, wird in Sachen Urheber- und Leistungsschutzrecht meist nicht der Ursache des Problems auf den Grund gegangen. Die Idee von Arbeit im ausgehenden Achtzehnten Jahrhundert sah die Ballung von Produktionsmitteln in den Händen weniger nicht vor (und führte deshalb erstmal zur Verarmung vieler), das Copyright wiederum ist nicht für ein digitales Zeitalter und eine gigantische Kopiermaschine wie das Internet erdacht worden. Wer Gerechtigkeit will, braucht, wie zu Ludds Zeiten, nicht weniger Maschinen, sondern eine Diskussion über die Verantwortung der Besitzer und der Verteilung des Mehrwerts.

Es hilft deshalb nicht, immer wieder neue Verbote zu verlangen, die in Wirklichkeit nur zu neuen Umgehungen selbiger führen würden, sondern es muss Aufgabe von Politik und Internet Service Providern sein, zusammen mit den Rechteinhabern Modelle zu entwickeln, die einerseits zur Vergütung der kreativen Leistung und andererseits zur Steigerung des Nutzwerts für den User führen.

Im Klartext: Wer die Maschinen nicht stürmen und die Inhalte nicht beschädigen will, braucht legale Angebote die mindestens so gut wie Bittorent sind und muss sich auch der Diskussion über eine Kulturflatrate stellen. Natürlich ist verbieten und zerstören einfacher, aber eben nicht nachhaltiger wie uns Ned Ludd bewiesen hat.

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