Über Schneeberge, Taschendiebe und den angenehmsten Zeitgenossen, den man sich vorstellen kann – Dead Confederate im Interview.
Die amerikanischen Postgrunger Dead Confederate haben im Februar hierzulande ihr Debüt “Wrecking Ball” veröffentlicht. In ihrer Heimat Amerika spielten sie damit bereits erfolgreiche Touren an der Seite von Dinosaur Jr. und A Place To Bury Strangers, hier in Deutschland sind sie jedoch noch ein echter Geheimtipp. Um dem entgegenzuwirken trafen wir uns mit Frontmann Hardy Morris auf einen gemütlichen Plausch über ihr bald erscheinendes zweites Album, die Bandphilosophie, ihre Kumpels von Dinosaur Jr. und die Musikszene in ihrer Wahlheimat Athens, die vor kurzem um eine bedeutende Konzertinstitution ärmer geworden ist – erfahrt von Hardy, warum.
motor.de: Ihr seid gerade mitten in eurer Europatour und auch nicht das erste mal hierzulande unterwegs, oder?
Hardy: Genau wir haben letztes Jahr im Dezember in Berlin gespielt, ist also noch gar nicht so lange her, gefühlt jedenfalls. Vorher spielten wir schon ein paar Mal in Großbritannien, aber erst letztes Jahr sind wir richtig durch Europa getourt. Also das zweite Mal in Deutschland und das zweite Mal in Berlin. Beim letzten Besuch hat man mich übrigens heimtückisch beklaut, das war scheiße. Mein iPod, mein Handy. Ich habe mich weggedreht, war mit Fotografieren beschäftigt und im nächsten Moment war alles weg – da hat wohl jemand die Chance genutzt, tja selbst schuld. (lacht)
motor.de: Euer Debüt „Wrecking Ball“ wurde hier im Februar veröffentlicht. Was denkst du über die nächsten Tourwochen?
Hardy: Ich hoffe, dass jemand zuhört, wenn wir spielen und vor allem, dass mir jemand mein Zeug zurückbringt. (lacht) Nein, also ich habe gehört, Deutschland sei ein Land des Rock’n’Roll und es gäbe hier sehr viele Rockfans. Aber ich weiß nicht so richtig, was in den kommenden Tagen auf uns zukommt. Wir werden einfach spielen und unser Bestes geben. Es ist toll, diese Möglichkeit zu bekommen und auch, dass unsere Platte hier veröffentlicht wurde, ist für uns eine großartige Chance.
motor.de: Wie ist das Feedback, das ihr bisher aus Europa erhalten habt?
Hardy: Wir haben hier auf einigen Festivals gespielt und das war wirklich schön. Ok, mal ist der Zuspruch größer und mal kleiner, aber größtenteils ist es super – wir sind jedenfalls zufrieden. (lacht)
Dead Confederate – “Start Me Laughing”
motor.de: In eurer Heimat habt ihr „Wrecking Ball“ ja bereits 2008 veröffentlicht, hier jedoch kam sie erst im Februar 2010 auf den Markt. Warum hat es so lange gedauert?
Hardy: Wir haben sie damals in Amerika bereits mit dem Gedanken veröffentlicht, sie auf jeden Fall auch nach Europa zu bringen. Damals wollten wir uns aber vorrangig auf die Release in den Staaten konzentrieren. Als wir dann in Großbritannien spielten, kamen viele Leute zu unseren Konzerten und wir erhielten tatsächlich auch Angebote, sie in Europa zu veröffentlichen. Aber wir wollten eigentlich erst unser nächstes Album hier auf den Markt bringen, denn es ist wichtig, dass du hinter so etwas wirklich stehst und dann nicht kurz vor der Angst irgendwie in der Luft hängst. Aber es gab genügend gute Leute, die es dann doch endlich schafften, uns davon zu überzeugen, die Platte doch noch nach Europa zu bringen, was wir nicht bereut haben.
motor.de: Da ihr hier ja noch als Geheimtipp gehandelt werdet und viele euch noch nicht kennen, erzähl doch bitte nochmal ein bisschen von euren Anfängen.
Hardy: Bereits vor Dead Confederate waren viele von uns schon in anderen Bands und Projekten aktiv. Erst 2006, das ist ja wirklich noch nicht allzu lange her, haben wir uns dann in Augusta gegründet. Wir kennen uns auch alle von der High-School und aus dem Sandkasten. (lacht)
motor.de: Ich habe etwas von einer Band namens „Redbelly“ gelesen, in der hast du auch mitgespielt. Dann hat euer Bassist Brantley den Song „The Rat“ geschrieben, der auch auf „Wrecking Ball“ zu hören ist. War das quasi die Geburtsstunde von Dead Confederate?
Hardy: Ja, genau! Das war unser erster Song. Als Brantley mit „The Rat“ anrückte, war es, als hätten wir damit genau das gefunden, wonach wir schon so lange gesucht haben. Das fühlte sich gut an, ein sehr schönes Gefühl. Danach ging es dann los mit Konzerten, wir supporteten Dinosaur Jr. und naja, jetzt sind wir sogar hier in Europa.
motor.de: Du sagtest “gesucht und gefunden” – was für Musik habt ihr vorher gemacht?
Hardy: So Southern-Rock-Zeug war das – Redbelly war eine Art Jamband, wir haben auch was von den Allman Brothers gemacht, das war alles sehr blueslastig. Wir haben vorher vielmehr gespielt, als dass wir wirklich an Songs gearbeitet hätten. Das hat sich dann nach „The Rat“ alles sehr verändert.
Dead Confederate – “Giving It All Away”
motor.de: Wie arbeitet ihr an euren Songs?
Hardy: Also „Wrecking Ball“ beispielsweise haben wir nur auf Akustikgitarren geschrieben. Wir trugen quasi die Rohfassung in die Band und alle fügten dann ihre Ideen und Teile hinzu.
motor.de: Wie man durchaus hören kann, könnt ihr Pink Floyd und Neil Young ziemlich gut leiden.
Hardy: (lacht) Au ja, das stimmt.
motor.de: Stimmt es tatsächlich, dass Neil Youngs „Heart Of Gold“ das erste gewesen ist, was du auf der Gitarre spielen konntest? Kein schlechter Einstieg, besser als die vier Töne von Deep Purple.
Hardy: (lacht) Ja vielleicht, meine Mutter hatte die Harvest-Platte und ich war total abhängig davon.
motor.de: Wie sieht es mit dem Nachfolger von “Wrecking Ball” aus – die Recording-Sessions habt ihr bereits beendet?
Hardy: Richtig, die Platte kommt im Juli auf den Markt.
motor.de: Auch hier in Deutschland?
Hardy: Ich hoffe! Ich weiß, dass sie im Juli in den Staaten erscheint und wenig später dann hoffentlich auch hier in Europa.
motor.de: Erzähl doch mal ein bisschen was von den Aufnahmen.
Hardy: Wir waren dafür dreieinhalb Wochen in den „Water Music Studios“ in Hoboken, New Jersey. Mit dabei war der Produzent John Agnello, den wir auf unserer Tour mit Dinosaur Jr. kennenlernten. Die Jungs schwärmten damals von John und wir hatten das Glück, dass er auch zu einigen Konzerten kam, bei denen wir sie unterstützten. Er ist wirklich der angenehmste Zeitgenosse, den man sich vorstellen kann und ein ausgezeichneter Mann für die Arbeit im Studio! Das war super, im Februar diesen Jahres waren wir da.
motor.de: Sich im Studio einzuschließen ist sicher das beste, was man im Winter machen kann.
Hardy: (lacht) Ja, auf jeden Fall. Da waren Schneewände vor der Tür (gestikuliert), die waren riesig und miese Stürme gab es auch. Das hat sich den ganzen Monat lang so gehalten.
motor.de: Habt ihr euch schon für einen Titel entschieden?
Hardy: Die neue Platte wird „Sugar“ heißen. Den Namen wählten wir wegen dem ganzen Schnee, der uns während der Aufnahmen und der Entstehung der Tracks begleitet hat. Außerdem ist sie tatsächlich ein bisschen süßer geworden als ihr Vorgänger, nicht alles, aber einige Momente jedenfalls. Zehn Songs werden drauf sein. Wir haben zwar mehr aufgenommen, das waren so ungefährt 18 Tracks, aber so haben wir noch ein bisschen Material für B-Seiten und 7”.
motor.de: Also darf man mit einer B-Seiten-Release rechnen?
Hardy: Ja, ich denke im Zuge von „Sugar“ lässt sich da bestimmt was machen – wer weiß…
motor.de: Nochmal speziell zum Sound der neuen Platte – ist „Wrecking Ball“ jetzt Geschichte, werdet ihr gesetzter, oder was kann man erwarten?
Hardy: Nein, gesetzter nicht. Es sind wirklich viele Songs dabei, die die gleiche Richtung wie „Wrecking Ball“ einschlagen, aber wir haben auch neue Sachen gemacht. Es gibt Teile mit Akustikgitarren und halt diese kleinen, feinen Veränderungen. Wir sind sehr zufrieden mit „Sugar“, ein paar von den neuen Songs haben wir auch schon auf unserer Setlist stehen.
Dead Confederate live im Lido, Berlin – Foto: Alex Beyer
motor.de: Apropos Setlist – ihr seid ja große Fans vom Liverecording. Das kann man bei „Wrecking Ball“ sehr gut hören.
Hardy: Das sind wir! Ich finde, diese Technik bringt Ehrlichkeit in die Atmosphäre der Songs. Es hat was mit Gefühl zu tun, das ist eben echt, da stecken Emotionen drin – du nimmst es halt zusammen auf, die ganze Band. Dieses Mal waren wir auch wieder alle in einem Raum und haben die Songs gesamt live eingespielt. Danach machst du dann noch den Gesang und vielleicht eins, zwei Gitarrenparts. Auch wenn du mal etwas schlampig spielst, kann das total gut sein, denn die anderen müssen auf dich reagieren – das macht die ganze Sache viel spannender.
motor.de: Ihr habt ja vor nicht allzu langer Zeit mit „Dirty Ammo“ auch ein Livealbum veröffentlicht. Auf der Webseite hat der geneigte Hörer die Möglichkeit, für den Wiederaufbau des „Georgia Theather“ in Athens zu spenden. Was hat es mit dieser Geschichte auf sich? Habt ihr das Konzert in dieser Location aufgenommen, kurz bevor sie abgebrannt ist?
Hardy: Nein, das nicht, aber wir haben dort schon viele Male vorher gespielt – es ist ein wunderbarer Ort! Athens ist eine sehr kleine Stadt, so ungefähr 100.000 Einwohner. Aber es gibt dort eine tolle Musikerszene und eben eine Hand voll Konzertlocations – das Georgia Theatre ist eine von ihnen. Und garantiert jeder, der in Athens wohnt, hat da schon großartige Shows gesehen.
motor.de: Also habt ihr eine sehr persönliche Bindung zum Theatre?
Hardy: Klar! Ich meine, wenn in deiner Stadt der größte Konzertschuppen abbrennt – wow, das ist doch Wahnsinn! Ein technischer Defekt, Kurzschluss oder so, war dafür verantwortlich. Sowas Ärgerliches – da muss man was machen, Initiative ergreifen und versuchen, das wieder aufzubauen! An der Spendenaktion beteiligen sich schon viele Bands, wir sind da nicht allein. Es gibt zwar sicher welche, die schon wesentlich mehr Geld auftreiben konnten als wir (lacht), aber alle helfen mit und das zählt. Das wird schon wieder, hoffentlich! Sie planen, es wieder aufzubauen.
motor.de: Freut mich zu hören. Darf man euch mit eurer neuen Platte im Gepäck bald wieder auf deutschen Bühnen sehen, bis zum Juli ist es ja nicht mehr lange hin?
Hardy: Oh, ich hoffe doch! Aber nicht in so kurzer Zeit, Anfang nächstes Jahr vielleicht. Haltet die Augen offen nach „Sugar“ – im Juli, oder zu einem späteren Zeitpunkt. wird es sicher auch in Europa erscheinen, hoffentlich.
Interview: Alex Beyer
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