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Auftrag: Indie-Publikum mit Clubmusik bekannt machen – Delphic im Interview

Delphic sind Konzeptkünstler, denen es nur um Ästhetik geht. Für die Zukunft wollen die Jungs aber auch mal dem Zufall vertrauen…
Sie haben eine Mission und wollen dem Indie-Publikum Clubmusik vermitteln. Bisher setzten sich mit dieser Botschaft jedoch wenige auseinander. Die Medien waren viel zu beschäftigt damit, die Bausteine „Manchester“ und „Synthie-Band“ zu dem hochtrabenden Titel „Die neuen New-Order“ zusammenzusetzen. Seit die BBC die Engländer auf Platz drei der vielversprechendsten Newcomer des Jahres setzte, hat sich viel verändert im Leben der drei Briten. Wem sie den Hype-Stempel als nächstes aufrücken würden, warum die Verbindung aus Techno- und Indie auf ihren Konzerten manchmal für Verwirrung sorgt und was wir vom nächsten Album erwarten dürfen, diskutierten wir mit der Band vor ihrem Konzert in Leipzig.


motor.de: Starten wir direkt mit eurem Sound. Wir kreiert ihr euere Musik?

James: Wir haben Laptops, auf denen wir verschiedene Softwares laufen lassen. Rick und ich sind ein bisschen rückschrittlich, weil wir Cubase Steinberg benutzen, das ist sogar ein deutsches Unternehmen! Dann arbeiten wir noch mit Programmen wie Ableton und Logic. Wir nehmen alles in diese Computer-Programme auf und tüfteln dann mit den Replikas von Synthesizern herum, die uns darin zur Verfügung stehen. Aber wir benutzen natürlich auch richtige Synthesizer. Den letzten, den wir gekauft haben, war einer der seltensten Synthesizer der Welt, es gibt nur 2000 Stück davon! Ein Yamaha CS-80, absolut riesig! Wir hätten nie gedacht, dass wir mal so einen finden würden. Er wurde in den späten 70er Jahren hergestellt. Wir haben auch viele Roland-Keyboards. Das Gute ist, dass Rick eher die alte Schule mag, mit den ganzen Knöpfen und Rädern und ich eher die digitalen, neueren mit Displays. Deshalb decken wir alles ab.

motor.de: Würde Delphic denn auch ohne Instrumente funktionieren?

Rick: Viele Radio-Sender wollen immer, das man Akustik-Sets spielt oder zumindest eine abgespeckte Version des Originals. Und die meisten Bands setzen sich dann einfach mit ihrer Akustik-Gitarre hin und legen los. Wir dachten uns einmal, dass es doch lustig wäre, ein Akustikset mit drei Laptops zu spielen. Ich meine, wie weit weg von Akustik kann man eigentlich noch gehen? Dadurch haben wir diese Techno-Versionen unserer Songs und auf der Bühne gibt’s dann die große Show mit Instrumenten.

Delphic mit ihrer ‘Akustik’-Version von “Doubt”


motor.de: Gibt es eine perfekte Art und Weise, ein Delphic-Konzert zu erleben?

James: Mir ist egal, ob das Publikum den Songs zuhört, sie könnten sogar Oropax drin haben. Die Hauptsache ist, dass die Beats durch sie hindurchgehen und sie wild dazu tanzen. Das würde mich wirklich glücklich machen.

Rick: Ja, es muss auf jeden Fall getanzt werden.

motor.de: Gibt es denn überhaupt noch eine Tanzkultur auf Konzerten?

Rick: Das ist es ja – sie ist auf einem Tiefpunkt. Deshalb wollen wir die Tanzmusik einem Indie-Publikum vermitteln. Es hat ein bisschen gedauert, sie daran zu gewöhnen, aber ich glaube die Meisten von ihnen verstehen es mittlerweile.

James: Es gibt auch innerhalb des Publikums Unterschiede. Der Besucher, der nie in Techno- und Electro-Clubs geht, ist oft ziemlich verwirrt von unserem Set. Wir ahmen diese Musik ja irgendwie nach. Wir mixen Songs ineinander, dadurch entstehen keine Pausen, wir werden auch nie irgendetwas Wichtiges auf der Bühne sagen. Dadurch entstehen diese besonderen Momente, in denen zwei Songs miteinander verschmelzen.

motor.de: Ich habe gemerkt, dass die Leute dadurch oft nicht wissen, wann sie klatschen sollen.

Rick:
Es gibt ein wirkliches Problem mit dem Klatschen. Die Leute hören, dass der Song vorbei ist und wollen klatschen, aber wir machen einfach weiter, was sie verwirrt. Wir ermutigen sie aber, trotzdem zu klatschen (ahmt nach, wie er das Publikum motiviert). Vielleicht bräuchten wir auch solche Schilder… Wenn am Ende dann aber immer noch niemand klatscht, hat man als Band irgendetwas falsch gemacht (lacht).

Delphic – “This Momentary”

motor.de: Euer Album heißt „Acolyte“, ihr habt einen Song namens „Sanctuary“ und der Opener eures Albums „The Clarion Call“ hat auch etwas Mystisches. Fasziniert euch Religion?

Jack: (wird ernst) Puuuh, darüber reden wir eigentlich nicht viel. Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll… Es hat mit Priestern und Gymnasien zu tun…

Rick: …Und du bist die Erste, der wir das jemals erzählen (lacht).

motor.de: Daraus schließe ich jetzt mal, dass ihr nicht gerne über den Inhalt eurer Texte redet.

James: Wir gehen mit Texten genauso um wie mit Instrumenten. In der gleichen Art, in der wir Sounds mögen, gibt es auch Wörter die unsere Ohren stimulieren. Wir lieben Wörter, die einem auf der Zunge zergehen und ästhetisch ansprechend sind. Diese Ästhetik ist genau der Punkt, an dem alles was Delphic umgibt miteinander in Verbindung kommt.

motor.de: Ihr habt die Hype-Medaille jetzt schon ziemlich lange behalten. Wem würdet ihr sie als nächstes übergeben?

Rick: Ich würde sie jemandem geben, den ich nicht leiden kann und dann sagen: „Hypet sie so hoch, sodass sie euren Maßstäben niemals gerecht werden können!“ Vielleicht jemandem wie Ellie Goulding, aber sie hat schon eine gehörige Hype-Dosis abbekommen. Hypes sind furchtbar, nur Gerede ohne Substanz. Wir hatten Glück, weil wir sehr schnell ein Album veröffentlichten und so dem ganzen Gerede etwas entgegensetzen konnten.

James: Diese Hypes üben so einen Druck auf die Menschen aus und diktieren ihnen, was sie zu hören haben. Aber viele Menschen wollen das gar nicht gesagt bekommen! Und letztendlich beleidigt uns das als Musiker auch.

motor.de: Trotzdem hat er auch viel mediale Aufmerksamkeit beschert, dieser Hype. Wie oft googelt ihr mittlerweile eure Namen:

Rick: (lacht) Ununterbrochen. Nein, wir haben Leute, die sowas für uns machen und sogar mein Vater schreibt mir manchmal, dass er diese interessanten Sachen über mich gelesen hat. Aber wir versuchen den Medien nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken. Wenn man nicht aufpasst, kann man genauso von ihnen konsumiert werden. Wir wollen sagen können, dass wir den Weg, den wir mit Dephic gehen, ganz alleine geebnet haben.

James: Es gibt gerade sehr viele Bands in Manchester, die so wie wir, auf ihren eigenen zwei Beinen stehen. „Everything Everything“, „Hurts“, „Egyptian Hip Hop“ und „Wu Lyf“, zum Beispiel. Alles großartige Bands.

motor.de: Seid ihr eher qualitative oder quantitive Songwriter?

Rick: Das erste Album haben wir wochenlang in unseren Köpfen konzeptioniert. Wir fanden das spannender als in einen Proberaum zu gehen und drauf los zu jammen. Beim nächsten Album, wollen wir aber auch mal dem Zufall einen Platz einräumen. Wir sind zwar immer noch an der Techno-Szene, mittlerweile aber auch an „Songs“ interessiert, anstatt immer nur in Soundlandschaften zu denken.
Aber vielleicht erzähle ich dir den Mist auch nur, weil ich noch nichts darüber verraten will (lacht).

motor.de: Könnt ihr euch denn nach einer so langen Tour immer noch gegenseitig inspirieren?

Rick: Als wir zusammenkamen waren wir sehr aufgeregt, weil wir erstmal lernen mussten, miteinander Songs zu schreiben. In diesen intensiven vier Monaten, sind unglaublich viele gute Ideen entstanden. Jetzt müssen wir diese kreative Stimmung irgendwie erneut erzeugen. Vielleicht wäre es das Beste, sich kurz auseinanderzuleben, sodass jeder vergisst, wie man Songs schreibt und dann wieder zusammen zu kommen.
James: Was sich positiv darauf auswirkt, ist dieser Touring Lifestyle. Es war zunächst schwer sich daran anzupassen, aber nach allem was wir gemeinsam durchgestanden haben, fühlt es sich wieder frisch an. Ein Album aufzunehmen ist eine sehr kreative und befreiende Situation und nur ein paar Monate werden wir das wieder erleben. Wir können es kaum erwarten.

Laura Gertken

Delphic sind:

James Cook (Gesang)
Richard Boardman (Keys)
Matt Cocksedge (Gitarre)
Dan Hadley (Schlagzeug)

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