Der Nürburgring. Eröffnet 1927, schlängelt sich die Nordschleife mit ihren 73 Kurven auf 20,8 Kilometern durch die beschaulichen grünen Hügel der Eifel und gilt als eine der schönsten aber auch gefährlichsten Rennstecken der Welt. Mir ist dieser Ort bis dato ausschließlich als Austragungsort der gerade angesagtesten Live-Bands der Welt bekannt, wenn alljährlich um Pfingsten herum die Massen zum Rock am Ring-Festival pilgern, um den Asphalt eher mit Müll und Alkoholleichen als mit Bremsspuren zu zieren. Deshalb ist das Gefühl im Magen auch eher flau bei dem Gedanken, dass ich in ein paar Stunden in Smudos Rennbeetle sitzen werde, um zum allerersten Mal Motorsport zu schnuppern.

Smudo – der einzige der Vier, der in der Fantastischen-freien Zeit, während alle anderen mit ihren Soloprojekten von Hausmarke über Son Goku bis zu den Y-Files beschäftigt waren, das Mikro komplett aus der Hand legte und selbige lieber in seine Rennhandschuhe schob – ist unter die Motorsportler gegangen. Und dabei fing alles ganz harmlos mit einem Computerspiel an. Um vor dem Rechner noch besser zu werden, kaufte sich Smudo zunächst Fachlektüre, deren Titel zukunftsweisend sein sollten: Caroll Smith mit “Drive To Win” und Skip Barber Racing School mit “Going Faster”. Die theoretische Beschäftigung zeigte schnell erste Wirkung und so wurden ihm erst der Rechner, dann auch die Kart-Bahn langweilig. Ein echtes Rennen musste her. So hieß es 1999 für Smudo zurück auf die (Renn)Schulbank. “Die erste Fahrt war unglaublich. Dieses Auto wurde nach allen Regeln der Kunst gefickt – mein Auto hatte bisher immer nur schlechten Sex”, grinst Smudo und die Augen funkeln. Anfang 2000 lernt Smudo den Ex-Profi-Rennsportler Thomas von Löwis kennen und schon kurze Zeit später schmieden beide die ersten Pläne für ein eigenes Rennsportprojekt, das 2003 mit einem VW New Beetle Cup mit
200 PS Realiät wird. Erste Sponsoren können überzeugt werden und inzwischen ist das Playstation2-Racing-Team fester Bestandteil der VLN, eine etwas seltsame Abkürzung für die Deutsche Langstreckenmeisterschaft, in der man in der Klasse der
“alternativen Kraftstoffe” – dank Flowerpower mit Biodiesel – sogar
ziemlich erfolgreich (2003 wurde man zweiter) antritt.

Ich bin inzwischen am Ring angekommen. Das Bauchgefühl wird auch nicht wirklich besser, als ich feststelle, dass das, was ich für einen Grabstein gehalten hatte, nur der Gedenkstein für eine
erfolgreiche Rennfahrerin Namens Elisabeth Junek ist – beruhigend
immerhin, dass die Dame 94 Jahre alt geworden ist…

“Das Faszinierende am Rennsport ist, dass man etwas, das man ja
faktisch auf einem Stück Papier ausrechnen könnte – wie man ja auch den perfekten Torschuss berechnen kann, da ihm ja auch physikalische Parameter zugrunde liegen – als sündiger Mensch und eigentlich intuitiv möglichst perfekt hinbekommt. Das Auto am Rande des Limits zu fahren, um zu versuchen, es möglichst schnell um diese oder jene Kurve zu bekommen. Das funktioniert am besten, wenn man sich konzentriert, ruhig bleibt und sich selbst und die Reaktionen des Autos ganz genau beobachtet. Ich weiß, das klingt albern, aber es ist ein sehr sinnlicher Sport. Man hört das Auto, man riecht es sogar und natürlich spürt man es auch. Man versucht, eins zu werden mit der Maschine und intuitiv das umzusetzen, was man theoretisch natürlich schon vorher weiß. Dabei dann noch auf eventuelle Unwegbarkeiten richtig zu reagieren, an einem Ort, der für Konzentration ja eigentlich denkbar ungeeignet ist: heiß, eingeschlossen, laut, Entscheidungen zu treffen, die unter Umständen in ihrer Konsequenz lebensbedrohlich sind. Das alles fasziniert mich
am Motorsport.” (Smudo)

Hinter den Boxen herrscht schon reges Treiben. Vor riesigen LKWs haben sich es die, die gerade nicht an irgendwelchen Teilen
schrauben, an kleinen Campingtischen gemütlich gemacht und
diskutieren, den Blick immer wieder gen Himmel und das Ohr Richtung Wetterbericht, über Reifenbeschaffenheit, das letzte Rennen und den neuesten Entwicklungs-Clou. Immer wieder verschwinden Köpfe unter Motorhauben, Motoren heulen auf und Menschen laufen hektisch wahlweise mit Werkzeugen oder Papieren bestückt durch die Gegend.
Gleich in der ersten Box entdecke ich dann zwischen lauter anderen Autos den blaugelben Beetle, dessen Form natürlich alles andere als aerodynamisch ist. Hier hat man mit allerlei technischer Rafinesse nachgeholfen, deren Details ich euch an dieser Stelle erspare.
Nachzulesen gibt es das für Rennsportprofis bestimmt bald unter
www.fourmotors.com.

Lassen wir also die Fachmänner und ihr Auto zunächst alleine und bereiten den Puls mit einem schönen Kaffee in der Team-Lounge bei bester Aussicht auf die Strecke schonmal auf das Kommende vor.
Zunächst wären da die Formalien. Nachdem ich also unterschiedlichste Zettel mit meinem Namen versehen und damit vermutlich meine Seele an den Teufel verkauft und das komplette Risiko auf meine Kappe genommen habe, kommen wir zum nächsten Programmpunkt: der richtigen Kleidung. Ich klettere also in einen der schicken schwarz/gelben Rennanzüge – bei ca. 27 Grad übrigens eine weitere Herausforderung – und dann geht auf einmal alles ganz schnell. Kaum wieder in der Box stülpt mir irgendjemand einen Helm über den Kopf und während ich noch überlege, ob mir das grüne Kleeblatt darauf zu denken geben
sollte, sitze ich auch schon in einem Schalensitz, der seinem Namen alle Ehre macht. Andere Hände schnallen – nein, zurren und zerren mich dann mit einem Sechspunktgurt so fest in den Sitz, dass keine Bewegung mehr möglich scheint, außer vielleicht dem Fahrer – da Smudo immer noch im Stau festhängt, ist es Tom von Löwis selber – noch einmal kurz zuzunicken. Ein kleiner Mann winkt uns noch einmal mit einer lustigen Fahne zu und dann geht es noch relativ gerade hinaus auf die Nordschleife. Ich habe das Gefühl, dass meine Lunge irgendwo im durch eine Stahlkonstruktion ersetzten Kofferraum gelandet sein muss und kaum Zeit darüber nachzudenken, weil meine rechte Schulter versucht zur linken zu werden, als es in die erste Kurve geht. Die haben übrigens so pittoreske Namen wie “Fuchsröhre”,
“Schwalbenschwanz”, “Pflanzgarten”, “Kesselchen” und “Brünnchen” – wobei diese Verniedlichungen gänzlich unangemessen sind. Dass es sich um eine malerische Strecke handeln könnte, bleibt auch nur vage Ahnung, ist doch der Blick immer wieder ungläubig auf den Asphalt gerichtet. Jegliche physikalischen Gesetze von Schwer- und sonstigen Kräften, die meinem Auto so zugrunde liegen, sind außer Kraft gesetzt. Habe ich vor der ersten Kurve noch gedacht: “Nimm Abschied von der Welt, das war´s jetzt. Mit dieser Geschwindigkeit in diese Kurve – das KANN gar nicht funktionieren”, ergebe ich mich in mein
Schicksal und – habe einen Höllenspaß! Bei der ersten Bremsung ist nicht nur meine Lunge wieder da, auch meine sonstigen inneren Organe scheinen sich komplett neu formieren zu wollen. Die zweite Bremsung nimmt mir die Antwort auf die Frage, ob alles ok sei ab und ich weiß endlich was so ein richtiger Kopfnicker ist. Die Reifen quietschen, es ist heiß, stickig, stinkt nach Gummi und ist einfach großartig.

“Angst hat ja immer etwas damit zu tun, dass man nicht weiß, was da gerade passiert – das ist es nicht. Aber es gibt Situationen, in denen ich denke ‘Uii – das hätte jetzt auch ins Auge gehen können’.
Also, ich würde sagen, ich habe keine Angst, aber ich erschrecke
mich manchmal”, grinst Smudo, der inzwischen auch angekommen ist und noch schnell zwei Runden gedreht hat.
Natürlich spielt seine musikalische Karriere auch auf dem Ring eine – wenn auch untergeordnete Rolle – das Fanfoto, das noch schnell geschossen wird, die Sponsoren, die natürlich mit seinem Namen etwas angefangen können und Schreiberlinge wie ich, die über Karl-Heiz und seinen Biodiesel wohl eher keinen Artikel geschrieben hätten. Aber, “für mich persönlich ist es immer wieder eine Herausforderung und etwas ganz anderes. Während man im Showgeschäft gleich der König ist, wenn man sich etwas Duftes anzieht und einen tollen Song macht, kann man hier einen dicken Schuh machen, wie man will – am Ende steht auf der Uhr, was Sache ist. Das ist so archaisch und macht überhaupt keinen
Halt von Rennomee – das gefällt mir auch an dem Sport.” Trotzdem ist er natürlich auch einer der VIER, deren aktuelle neue Single “Troy” ja gerade durch die Hitparaden der Republik turnt und deren neues Album “Viel” am 27.9. erscheint. Doch das ist eine andere Geschichte und die wird ein andermal erzählt.

Text: Caroline Frey

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