New Young Pony Club, Shitdisco, Datarock, Klaxons
Der Werbespot ist vielleicht langweilig: Ein Computerchip erweckt auch nicht primär das Interesse des herkömmlichen Konsumenten. Das Lied des neuen Intel-Spots aber schon. “I can give you what you want. I can make your heartbeat short”, tönt es uns entgegen, und die Fusion aus kalten Elektro-Beats mit dieser glasklaren Stimme verfehlt ihre Wirkung nicht. New Young Pony Club, die ‘Eigner’ dieses Songs, bekommen mehr und mehr Aufmerksamkeit und werden dieser Tage in ein und dieselbe Schublade mit Bands wie Shitdisco aus Glasgow, den Klaxons aus London und Datarock aus Bergen gestopft und final noch fein mit dem Emblem New-Rave ausgestattet. Ob das alles so rechtens ist und was hinter all diesen Bands steckt, wird hier näher unter die Lupe genommen.
The Rapture haben den Anfang gemacht. Bands wie Hot Chip folgten dieses Jahr und stellten unter Beweis, dass eigentliche Indie-Bands neuerdings nicht mehr vor Elektronik zurückschrecken müssen, sondern diese gerne in ihre Musik einfließen lassen. Dabei sitzt die Punk-Attitüde jedoch immer am rechten Platz, der Lautstärkepegel und die Beats Per Minute liegen dabei aber etwas höher als bei ‘herkömmlichen’ Indie-Bands. Zum Handgepäck dieser Bands gehören neben den Trillerpfeifen und den Sirenen noch die Leuchtstäbe, die in England bereits ihr Revival gefeiert haben. Und als wenn das Achtziger-Revival nicht schon schlimm genug gewesen wäre, so müssen wir uns heutzutage mit dem Neunzigerjahre-Relikt, dem Smiley rumschlagen. Das kann ja was werden. Aber bei einer solchen energiegeladenen und durchgeknallten Bandinvasion übersehen wir den Smiley gerne und hoffen, dass das Gummibärchen-Accessoire tief vergraben im Keller bleibt.
Shitdisco
Was für ein Name, oder? Aufmerksamkeit erregt dieser auf jeden Fall und vielleicht könnten sie mit diesem Namen auch einen Preis gewinnen. Bescheuerster Bandname 2006? Vielleicht. Aber kommen wir zur Musik. Scheiße ist diese nicht. Das hätten wir dann geklärt und nehmen uns die Glaswegians etwas genauer zur Brust. Zwei Singles gibt es bis dato von Shitdisco. ‘Reactor Party’ und ‘I Know Kung Fu’. Sinnbefreit, dafür aber im Uptempo gehalten, zappeln die vier Kunststudenten auf beiden Singles munter drauf los und kommen dem Rave somit von allen vier Bands noch am nächsten. Manchmal geben die vier auch Konzerte bei ihren Fans zu Hause oder in der Kanalisation von Glasgow. Do It Yourself halt. Schön ist auch ihr Pressetext, der hier frei zitiert wird und der eigentlich alles sagt: “Shitdisco are a band of circumstance rather than style. To a man they prefer dancing to mincing. You can dance to them too if you like. Otherwise you can watch them dance while they play their music.”
Datarock
Frederic Saroea und Ketil Mosnes sind alte Hasen. Datarock gibt es schon seit 2000 und mit wechselnden Bandmitgliedern. Im regenreichen Bergen (Norwegen) beheimatet, macht das Trainingsanzüge tragende Duo nichts anderes, als durch ihre Liveauftritte zu überzeugen. Da haben sie manchmal einen Männerchor am Start, der nicht immer gut singt. Wer nicht gut singt, tanzt halt. Und tanzen kann man recht gut auf ihre Musik. ‘Fa Fa Fa’ dient als Beweisstück Nummer Eins. Eingängiger Discokugel-Pop mit unverzwickten Beats im Rausche der roten Trainingsanzüge bahnt sich seinen Weg zwischen Punk und Siebziger-Disco-Attitüde und bringt nicht nur den selbst mitgebrachten Männerchor zum Tanzen. Selbst Norwegens Pop-Elektro-Prinzessin Annie ist begeistert von Frederic Saroea und Ketil Mosnes und hat mit Ersterem bereits ein Duett eingesungen. Die Bites und Bytes fließen und wir zucken fleißig im Gleichtakt.
Klaxons
Entdeckt haben wir diese Band schon für euch. Aber schwer war das Finden ja auch nicht bei dem Medienwirbel, der gerade um die Band herrscht. Im Zusammenhang mit den Klaxons hat der NME das erste Mal den Begriff New-Rave ausgerufen. Aber wenn man sich nun die zweite Singleauskopplung von ihrem anstehenden Debütalbum ‘Myths Of The Near Future’ anhört, dann sollte man diese Kategorisierung noch einmal überdenken. ‘Golden Skans’ ist ein im Falsett gehaltener Pop-Song, der von der Videoästhetik her den Bee Gees sehr nah kommt und die Disco hochleben lässt. Von Neonstäben halten sie scheinbar gar nichts mehr – sie zerschlagen sie lieber im Video. Die aufbäumende Aggressivität und Dunkelheit von ‘Magick’ ist hinfort. Übrig bleiben nur Jamie Reynolds, Simon Taylor und James Righton, die hier und da Punk, Indie, Disco, vielleicht auch ein paar elektronische Klänge kreuzen und durch Lautstärke und Falsettgesang überzeugen.
New Young Pony Club
Nach den Bee Gees, der norwegischen Disco-Invasion und den Kanalisationstänzern kommen wir nun zu den Achtziger-Ästheten. Schön ist das Video. Der Song auch. ‘Icecream’ heißt der Song zum Computerchip. New Young Pony Club stammen aus London und setzen sich aus fünf Mitgliedern zusammen. Klingen tun sie nicht all zu klinisch wie Ladytron aus Liverpool. Eher erinnern sie mit ihren Sound an Annie. Seit 2003 steht auf ihrer Agenda, London zum Tanzen zu bringen. Mit ihrem Sound sollte das kein Problem sein und wir warten gespannt auf weiteren Output dieses Quintetts.
Text: Tanja Hellmig
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