Bis vor kurzem sprachen alle über Menschenrechte und Doping, doch längst sind das wieder Themen zweiter Klasse. Denn kaum war die optisch beeindruckende Eröffnung – inszeniert natürlich von einem Kinozauberer: Zhang Yimou! – vorüber, dreht sich mit einem Mal alles nur noch um GOLD – und vielleicht auch noch ein bisschen Silber und Bronze. Wie soll das Kino da mithalten, wo es bis zur Saison der Preise und Auszeichnungen noch einige Monate hin ist? Ganz einfach: wir vergeben einfach auch ein paar Medaillen.
In der Disziplin „Chaos anrichten in fremden Ländern“ geht Gold auf jeden Fall an die Hollywoodkomödie „Leg Dich nicht mit Zohan an“. Man kennt das ja: die USA gewinnen eigentlich immer, zumindest wenn weder ein Russe noch ein Chinese am Start ist. Ob der Sieg allerdings verdient ist für Adam Sandler, der als israelischer Geheimagent nach Amerika kommt, um dort als – selbstverständlich heterosexueller! – Friseur sein Glück zu versuchen, bleibt strittig. Selbst Sandler-Fans dürften nämlich nicht leugnen können, dass er schon mal besser in Form als mit dieser Masche aus Humus-Gags und Scherzen über rallige Rentnerinnen.
Silber holt sich in einem knappen Endspurt „Dr. Alemán“, in dem es August Diehl als Jungarzt nach Kolumbien verschlägt. Eigentlich will er dort nur Gutes tun, steckt aber trotzdem in Windeseile in einem Sumpf aus Drogen und Kriminalität. Diehl und seine südamerikanischen Kollegen greifen fast nach Gold, doch dann verspielen die dick aufgetragene Geschichte und die leicht klischeehafte Regie den Sieg. Am Ende reicht es nur Dank der Einnahme verbotener Substanzen noch für eine Medaille.
Noch viel enger ist die Entscheidung in der Disziplin „Spanische Wertarbeit in Hollywood“. Gold geht an Penélope Cruz für ihre Hauptrolle in der Philip Roth-Verfilmung „Elegy“. Nach jahrelangem Wursteln in der Mittelmäßigkeit („Vanilla Sky“, „Sahara“) läuft sie gerade zur Form ihres Lebens auf, so dass ihr im Dezember mit Woody Allens „Vicky Cristina Barcelona“ der Hattrick gelingen dürfte. Mit Silber begnügen muss sich Cruz’ Landsfrau und „Elegy“-Regisseurin Isabel Coixet, die Roths Altherrenfantasie zwar gut im Griff hat, aber ein wenig hinter ihrer eigenen Bestleistung von „Mein Leben ohne mich“ zurückbleibt.
Ein ungleicher Wettstreit offenbart sich in der Disziplin „Größte Bitch“, gemeinhin eine Königsklasse des Kinos. Siegerin der Herzen ist zwar die 15-jährige Bica, die als Protagonistin dem kleinen deutschen Drama „Beautiful Bitch“ den selbstbewussten Titel gibt und aus Rumänien nach Deutschland gelockt wird, um als Taschendiebin ausgebeutet zu werden. Doch weil sie sich schließlich doch als nettes, armes Mädchen entpuppt, zieht Mrs. X aus „Nanny Diaries“ locker an ihr vorbei. Die ist nämlich eine echte Zicke der schlimmsten Sorte und drangsaliert ihr braves Kindermädchen (Scarlett Johansson) als würde sie den Prada-tragenden Teufel in den Schatten stellen wollen. Letztlich ein durchaus verdienter Sieg, denn so viel besser zu sein als der Rest des Films muss der wunderbaren Laura Linney erst einmal jemand nachmachen.
Bleibt noch jene Disziplin, um die sich keiner reißt und die trotzdem immer die meisten Konkurrenten anlockt: „Überflüssigster Film der Woche“. Zunächst sieht es nach einem leichten Sieg für „The Fighters“ aus, einer misslungenen Proll-Teenie-Mischung aus „Fight Club“ und „Karate Kid“. Einen so lahmen Film über rasante Martial Arts-Kämpfe muss man nämlich erst einmal hinbekommen. Letzten Endes setzt sich aber doch „Star Wars: The Clone Wars“ durch, jener nach Computerspiel aussehender Animationsableger des SciFi-Klassikers, der mit aller Macht versucht, noch ein paar letzte Dollar aus dem Kino-Mythos zu quetschen. So viel Schamlosigkeit muss belohnt werden – und der Absturz einer Legende ist schließlich für jede Olympiade die spannendste Geschichte!
Text: Patrick Heidmann
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