Vier Jahre nach der Reunion – Zeit für eine Bestandsaufnahme. motor.de traf Murph, den Drummer von Dinosaur Jr beim Reeperbahn Festival zum Interview.
Dinosaur Jr sind im wahrsten Sinne des Bandnamens Dinosaurier – Dinosaurier des Grunge-Rock. Unbeirrbar stapfen sie ihren Weg über die Bühnen und machen sich in den 90ern besonders in Kennerkreisen einen Namen. Ohne nennenswerten kommerziellen Erfolg erreichen sie Kultstatus. 1998 löst Sänger, Gitarrist und Banddiktator J Mascis die Band kurzerhand auf – Bassist Lou Barlow und Drummer Murph hatte er sowieso schon einige Jahre zuvor rausgeschmissen. Sieben Jahre später findet das Trio wieder zusammen und heute sind Dinosaur Jr so erfolgreich wie noch nie. motor.de ergriff die Gelegenheit und traf Murph in Hamburg.
motor.de: Eure Tour ist fast zu Ende. Freust du dich auf Zuhause?
Murph: Ja, sehr. Wir haben ja alle Familie mittlerweile. Es gibt zwar Bands, die drei oder vier Monate am Stück touren, aber ich glaube, die sind alle jünger. Wenn wir mehr Geld hätten, könnten wir vielleicht unsere Familien mitnehmen.
motor.de: Und Europa ist ja auch sehr weit weg von den USA…
Murph: Das stimmt. Und wir waren überall dieses Mal: in Großbritannien, Frankreich, Italien, Irland. Nur in Asien waren wir noch nicht wirklich. Das liegt daran, dass es so teuer ist. Wir müssten viel mehr Geld verdienen, um die Gehälter der Crew zu zahlen, die Transporte und das alles. Das können wir uns einfach nicht leisten. Früher war uns das egal, da haben wir auch Shows für $ 300 gespielt. Hinzu kommt, dass sich die ganze Musikindustrie verändert hat. Früher funktionierte alles mehr nach dem Motto „Do it yourself“. Und wenn wir Dinge ausprobiert haben, fühlte sich das an, als wären wir die ersten. Heute ist das kaum noch möglich.
motor.de: Wenn du zurück denkst an die Anfänge von Dinosaur Jr, gibt es Dinge, die du anders gemacht hättest?
Murph: Ich denke, alles hat sich so entwickelt, wie es sollte. Ich kann es mir nicht anders vorstellen. Das war allerdings auch echt harte Arbeit. Ich erinnere mich an lange Touren, für die wir manchmal überhaupt kein Geld bekommen haben. Wir haben bei irgendwelchen Leuten geschlafen oder sogar im Auto.
motor.de: Es wird oft gesagt, dass Dinosaur Jr einen großen Einfluss auf andere Bands, wie Nirvana, hatten. Wie klingt das für euch?
Murph: Darüber denken wir nicht viel nach, ehrlich gesagt. Es gibt ja schließlich auch viele Bands, mit denen wir aufgewachsen sind, The Stooges, Sonic Youth und so. Es ist schwierig für uns, zu sagen, wir hätten Einfluss auf andere Musiker denn manchmal fühlen wir uns selbst noch so klein.
motor.de: Würdest du denn sagen, dass ihr und eure Musik erwachsen geworden seid?
Murph: Ja, auf jeden Fall. Wir sind viel bessere Musiker und können die Shows mehr genießen. Ich bin ein viel besserer Drummer geworden und J und ich arbeiten mehr zusammen. Es ist jetzt viel weniger frustrierend, mit ihm zu arbeiten. Früher war das richtig schwer.
motor.de: Du bist ja auch der Part, der die Band zusammenhält, nicht?
Murph: Ja, das kann man so sagen. J und Lou können nicht gut miteinander kommunizieren, das haben sie immer über mich getan, weil ich kein Problem damit habe. Mittlerweile bessern sie sich. Ich meine, die Reunion ist jetzt vier Jahre her und jetzt kann man sie im selben Raum allein lassen. Früher ging das nicht (lacht).
Dinosaur Jr – Over It
motor.de: Heißt das, dass Dinosaur Jr also noch für die nächsten 20 Jahre friedlich existieren werden?
Murph: Das kann man nie so genau sagen. Wir planen jedenfalls nicht. J hat außerdem eine sehr seltsame Arbeitsweise. Manchmal verschwindet er einfach und irgendwann kommt dann ein Anruf: „Wir sollten was aufnehmen“. Und dann tun wir das.
motor.de: Und was hast du in der Zwischenzeit gemacht?
Murph: Eine Weile habe ich bei den Lemonheads gespielt, z.B. auf ihrem Album „Car Button Cloth“. Und durch Evan, den Sänger, war ich oft in New York und habe in einigen Seitenprojekten mitgemacht. Irgendwann habe ich mir einfach Zeit für mich genommen und bin nach Maine gezogen. Dort habe ich viel Schlagzeug gespielt. Es ist ein bisschen verrückt, denn genau dann kam der Anruf von unserem Manager Brian, ob ich wieder bei Dinosaur Jr einsteigen will. Das war genau der richtige Zeitpunkt, denn ich habe fast fünf Stunden täglich nur geübt. Und nun sind wir wie gut geölte Machinen (lacht). Wer uns jetzt live sieht, sieht uns in Bestform!
Claudia Jogschies
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