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“Meinungen sind Arschlöcher.” – Dropkick Murphys im Interview

Aufmüpfige Ammis mit irischen Wurzeln und trinkfesten Lebern – so kennt man die Dropkick Murphys. Im motor.de-Interview gab Sänger Matt einen Einblick in die Entstehung der neuen Platte.

Mit ihrem unkonventionellen Mix aus Punk und irischen Folkklängen, haben sich die Dropkick Murphys aus Boston, Massachusetts schon in den späten Neunzigern einen gewissen Kultstatus erspielt. Nun legen sie mit „Going Out In Style“ ihr langersehntes siebtes Studioalbum vor. Die neue Scheibe ist eine Party ganz in irischer Tradition und erzählt dabei retrospektiv die Lebensgeschichte des Immigranten Cornelius Larkin. motor.de plauderte mit Frontmann Matt Kelly über Gentlemen, übergroße Egos und die lieben Laster des Musikerdaseins. Zudem gibt das nachfolgende Gespräch Aufschluss über die Entstehung des neuen Werks in seiner Küche, sowie den Kennertipp schlechthin in Sachen Irish Pubs.

motor.de: Kompliment zu eurer neuen Platte “Going Out In Style” – Was steckt hinter der Idee des Konzeptalbums, in dem ihr die Geschichte der fiktiven Person Cornelius Larkins erzählt und wie kam es dazu?

Matt Kelly: Danke, wir sind unglaublich stolz auf das neue Album. Tatsächlich hatten wir den Großteil der Songtexte bereits geschrieben, als sich ein roter Faden durch das Material zog. Zwischen den Songs platzierten wir ein paar Ausschnitte aus dem Leben unser Vorfahren und Verwandten, mit Hilfe das schreiberische Können von Patrick MacDonald. Das Konzept wurde also zusammengesetzt, nachdem die Musik schon geschrieben war, daher mussten wir uns nicht an eine spezielle Geschichte halten, sondern haben das quasi einhergehend geschrieben.

motor.de: Die erste Single „Memorial Day“ ist im Vergleich zu älterem Material etwas poppiger ausgefallen, ich höre bereits die ersten Sellout-Vorwürfe lauter werden… Wie stehst du dazu?

Matt Kelly: Das ist doch lächerlich. Das stammt entweder von neueren Fans, die unser altes Material nicht sonderlich gut kennen oder von Leuten, die eine Ausrede suchen, uns nicht zu mögen, weil es ihnen unangenehm ist, dass andere „ihre“ Band kennen. Hör dir Songs wie „Get Up“ oder „Tenant Enemy #1“ vom „Do or Die“ Album an, oder sogar „Regular Guy“, einer der frühen Singles von 1996. Alle drei sind um Längen poppiger als „Memorial Day“, die Leute scheinen einfach ein wählerisches Gedächtnis zu haben.

Dropkick Murphys – “Johnny, I Hardly Knew Ya”

motor.de: Aber nachdem ihr den Song auf der Rolling Stone-Website als kostenlosen Stream zur Verfügung gestellt habt, fielen die direkten Kommentare doch sehr zweigeteilt aus. Fürchtest du, das könnte die Einstellung der Fans zu eurem Neuwerk spalten?

Matt Kelly: Das bezweifle ich stark, denn es ist nur ein Song und nicht die ganze Platte. Egal was wir rausbringen, es gibt immer Leute, die es nicht mögen. In Amerika haben wir dafür ein passendes Sprichwort: „Meinungen sind Arschlöcher. Jeder hat eins.“

motor.de: Wie war die Zusammenarbeit mit Produzent Ted Hutt? (u.a. The Gaslight Anthem, Flogging Molly, The Bouncing Souls)

Matt Kelly: Ted war absolut großartig, er tat einfach genau das, was ein guter Produzent tun sollte: Er hat uns geleitet ohne aufdringlich zu werden, hörte sich die Songs in ihren frühen Entwicklungsstadien an und machte Vorschläge, die uns dazu bewegten, sie noch einmal mit kritischen Ohren zu hören. So achteten wir darauf, uns wirklich darauf einzuschießen, was die anderen auf ihren Instrumenten spielten, was uns gerade rhythmisch absolut stichfest gemacht hat. Seine Persönlichkeit passt einfach zu uns und es war genial, mit ihm herumzuhängen. Er ist ein Gentleman oberster Güteklasse.

motor.de: Das war die längste Lücke zwischen zwei Alben in eurer Bandgeschichte. Warum mussten wir uns so lange gedulden und wie verändert das Plus an Zeit das Endergebnis?

Matt Kelly: Zwei der Jungs sind Vater geworden und einer hat geheiratet. Dazwischen und den Tourneen ist es schwierig, sich hinzusetzen und neues Material zu schreiben. Einmal sind wir tatsächlich in meiner Küche zusammengekommen und die Songs sprudelten einfach aus uns heraus. Wir brauchten einfach lange, um unsere kreativen Säfte zum Fließen zu bringen, bis wir in der Lage waren, die Ideen in wirkliche Lieder umzusetzen… Ich stelle grade fest, das fängt an sexuell zu klingen, aber ich garantiere, so war es nicht gemeint. (lacht)

motor.de: Wie verändert die Perspektive des Geschichtenerzählers die Scheibe?

Matt Kelly: Sie hat es wirklich nicht. Seitdem wir den ersten Song „Barroom Hero“ geschrieben hatten, war es einfach öfter der Fall, dass hinter jedem eine Geschichte steckt.

motor.de: Ist es nach dem überragendem Erfolg von eurem 2007er Werk „The Meanest of Times“ schwieriger geworden, neues Material zu schreiben, weil die eigene Messlatte höher liegt?

Matt Kelly: Danke für die Blumen! Wir liebten es wirklich dieses Album zu machen und es ist unser Liebling, aber es war etwas dunkler als einige seiner direkten Vorgänger, ziemlich muskulös und lyrisch etwas zynisch, „Going Out In Style“ hingegen ist mehr ein Party-Album, mit dem man einfach eine gute Zeit haben kann. Ich denke, dieser Ansatz macht es einfach, ein Album zu schreiben, das nach Spaß klingt, weil wir unsere negativen Energien einfach mit „Meanest of Times“ aufgebracht haben.

motor.de: Wie war die Zusammenarbeit mit einer Legende wie Springsteen?

Matt Kelly: Wenn man seinen Legendenstatus in Betracht zieht, ist er ein sehr bodenständiger und normaler Kerl. Das ein oder andere Mal haben wir vergessen, dass wir gerade mit dem Boss rumhängen. Ein wahrer Gentleman.

motor.de: Lass uns über den Songwriting- und Aufnahmeprozess sprechen!

Matt Kelly: Abgesehen von einigen Bruchteilen und lyrischen Konzepten und Bruchstücken, startete das Schreiben der Songs in meiner Küche – mit Akustikgitarren, Mandolinen, Banjos, Pfeifen und einer Bodhran, einer irischen Rahmentrommel. Wir hatten ein paar wage Ideen und nahmen sie auf und setzten die Hooks, textlichen Ansätze und Rhythmen zusammen. Nachdem wir das ein paar Wochen gemacht hatten, sind wir in den Proberaum übergegangen. Dort wurden die Stücke zum Leben erweckt, egal ob zwei oder drei von uns an den Texten feilten, oder alle an der Musik arbeiteten. Irgendwann begann das Konzept sich durch das Material zu ziehen und wir begannen es auszubauen, was uns schlussendlich zu Cornelius Larkin brachte. Als wir dann ins Studio gingen, wurde geschrieben was du auf dem Album hören kannst. Es war einfach eine Frage, alles auf’s Band zu bekommen und dann etwas improvisieren oder der ein oder andere einhergehende Feinschliff. Außerdem haben wir die Aufnahmen von Gesang und Pfeifen während der Tour in Australien beendet. Als wir einen Tag frei hatten, sind wir in Melbourne to Chris Cheney ins „The Living End“-Studio gegangen und haben uns in letzter Minute ein paar lockere Enden aus dem Ärmel geschüttelt, inklusive Chris’s Cameo-Auftritt auf dem Titelsong und der Gesangspremerie unseres Tourmanagers.
motor.de: Das Artwork des neuen Albums ist großartig, es zeigt eurer Wappen mit vier Elementen auf einem Sarg, sag mir etwas zu jedem von ihnen…

….das Akkordeon!

Matt Kelly: Wird exzessiv auf vielen Liedern verwendet und steht einfach für Partys und gute Zeiten.

motor.de: …leicht bekleidete Damen und Geld!

Matt Kelly: Laster & Glücksspiel.

motor.de: …betende Hände in Handschellen!

Matt Kelly: …sich gefangen fühlen bei dem Bewusstsein, wenn du etwas Unmoralisches tun willst

motor.de …Alkohol!

Matt Kelly: Er ist ein zweischneidiges Schwert; gleichermaßen gute wie schlechte Zeiten. Ihn als ein Laster zu genießen, oder in als Sucht zu hassen.

motor.de: Ihr sagt über euch selbst, dass es euch erstrangig um eure Freunde und Familien geht bzw. scheint Rockstarallüren kategorisch abzulehnen. Wie kommt es dazu?

Matt Kelly: Wir sind ein paar normale Leute, die Instrumente spielen. Wir bilden uns nicht ein, besonders wichtig bzw. Helden zu sein oder übermenschliche Egos aufzubauen. Wir schreiben Lieder, die manchen Menschen gefallen und wir fühlen uns gesegnet und glücklich, das tun zu können. Aber die Priorität liegt bei unseren Freunden und Familien. Ruhm und Glück sind großartig, aber an der Spitze ist es einsam. Wir kümmern uns nicht um dieses Durcheinander. Wir mögen nicht mal wirklich nette Burschen sein, aber wir machen uns keine Illusionen darüber wichtiger zu sein, als wir tatsächlich sind. Ich zum Beispiel, bin ein Arschloch, aber das war ich schon immer. (lacht)

motor.de: Verrate uns abschließend, wo man den deiner Meinung nach besten Irish Pub findet.

Matt Kelly: Das Slattery in Dublin, dort haben Thin Lizzy ihre Laufbahn gestartet.

Interview: Matthias Ziegenhain

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