„Losing Sleep“ fasst Edwyn Collins 34-jährige Karriere gebündelt zusammen: Angefangen vom Post-Punk und Brit-Pop bis zur eingängigen Soulmusik.
Edwyn Collins ist zurück! Zurück im Leben und zurück in der Musikwelt. Nach zwei schweren Schlaganfällen im Jahr 2005 ist das ein tapferes Comeback. Anstatt den Hörern sein Leid zu klagen, lautet seine Philosophie: „No More Tears“. Ein wenig Tragik schwebt auf dem Album dennoch mit: Eine rechtsseitige Lähmung schränkt Collins Aussprache, sowie seine Fähigkeiten als Gitarrist seit dem Vorfall ein.
Doch der 51-Jährige ist nach wie vor eine gestandene Größe im Musikgeschäft. Er besitzt das Netzwerk und die Technik, um diese Probleme zu bewältigen. Mit einem Diktiergerät hielt er seine Songideen fest, für deren Umsetzung unterstützten ihn seine Post-Punk-Enkel The Drums und Franz Ferdinand, sowie der ehemalige The Smiths-Gitarrist Johnny Marr.
Doch was nützen Kontakte ohne Ideen? Die kreative Kraft des Songwriters ist zumindest stark genug, um die große Klammer zwischen dem früheren Post-Punk seiner Band Orange Juice und dem poppigen Soul zu bilden, mit dem er als Solo-Künstler den Hit „A Girl Like You“ landete.
Edwyn Collins – “A Girl Like You”
Die Kooperationen mit Franz Ferdinand und The Drums provozieren Vergleiche von Alt und Neu. Und man kann lange darüber streiten, ob die Schüler ihren Meister auf dieser Platte längst überholt haben. Im Endeffekt gilt wohl immer das Vorrecht des Pioniers. Die Kooperationen mit den jungen Spunden klingen jedoch lebendiger und innovativer als das Solo-Material des Schotten.
Durch den Song „In Your Eyes“ scheppert etwa das Schellenkranz-dominierte Drums-Schlagzeug und die Hall-erfüllten Gitarren drücken dem Chorus dann ein für alle Mal den Stempel der New Yorker Formation auf. Lässt sich Edwyn Collins da vielleicht das Zepter aus der Hand nehmen?
Ebenso verläuft es bei „Do It Again“, dessen Dynamik erst durch den rhytmischen Gesang von Franz Ferdinand-Frontmann Alex Kapranos ensteht.
Was der Musiker immer noch beherrscht, ist das Gespür für poppige Soulsongs. Die erste Single „Losing Sleep“ schwingt sich tanzend in einen 60er und 70er Soul-Club. Das Glockenspiel, das richtungsweisende Schlagzeug, die Backing Vocals und Collins’ rauhe Stimme wirken in diesem Zusammenhang wieder charmant wie bei Elvis Costello.
Zugute heißen kann man dem Komponisten außerdem, dass er seine Stücke nicht nur um sein eigenes Schicksal rotieren lässt. Stattdessen inspirieren ihn ganz alltägliche Probleme: Verliebtsein und Frauen („Humble“), Langeweile („Bored“) und die Schlaflosigkeit („Losing Sleep“).
Edwyn Collins – “Losing Sleep”
“Losing Sleep“ zeigt, dass Edwyn Collins Kreativität über seine musikalischen Kompositionen hinausgeht. Auch mit Schicksalschlägen beweist der Schotte Phantasie: Das Diktiergerät ersetzt die Gitarre und die Gesang-Parts teilt er sich mit anderen Sängern auf. Nach so einem Krisenmanagement, glaubt man ihm wenn er singt: „I Will Always Be Lucky In My Life. And I Will Find A Way To Get There“ (Searching For The Truth). Ob man das auch einem Jonathan Pierce (The Drums) abkaufen würde, bleibt hingegen zweifelhaft
VÖ: 17.09.2010
Label: Cooperative Music
Tracklist:
1.Losing sleep
2.What is my role?
3.Do it again
4.Humble
5.Bored
6.In your eyes
7.I still believe in you
8.Come today, come tomorrow
9.It dawns on me
10.Over the hill
11.All my days
12.Searching for the truth
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